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23 Uhr, York Avenue

23 Uhr, York Avenue

Titel: 23 Uhr, York Avenue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Sanders
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mein Blut will es. Tut mir leid.
    Papa: Warum soll's dir leid tun? Glaubst du, es ist was Gutes, wenn man nur Verstand und kein Blut in sich hat? Das ist genauso schlecht wie nur Blut und kein Verstand. Die richtige Mischung - darauf kommt's an. Dieser Mann namens Anderson - wie denkst du über ihn?
    Patrick: Ein harter Knochen. Er hat nie ein Eisen bei sich geführt, aber er ist hart. Und stolz. Aus Kentucky. Ein Mann aus den Bergen. Alles, was mir der Doktor über ihn erzählt hat, war gut.
    Papa: Anderson? Aus dem Süden? Vor ungefähr zehn Jahren hatte Gino Belli - er ist der Cousin vom Doktorein Ding laufen. Es sah gut aus, aber es ging verschütt. Er hatte einen Fahrer, der Anderson hieß. Ist das der Mann?
    Patrick: Der nämliche. Was für ein Gedächtnis du hast, Papa!
    Papa: Der Körper altert; der Geist bleibt jung. Gott sei's gepriesen. Dieser Anderson brachte Gino zu einem Arzt. Ich kann mich jetzt deutlich erinnern. Ich hab' ihn einmal gesehen, ganz kurz. Groß und mager. Ein langes, eingefallenes Gesicht. Stolz. Ja, du hast recht - ein sehr stolzer Mann. Ich entsinne mich.
    Patrick: Was willst du also tun, Papa?
    Papa: Sei still und laß mich nachdenken.
    [Pause von zwei Minuten dreizehn Sekunden.]
    Papa: Dieser Anderson - er hat sein eigenes Personal, sagst du?
    Patrick: Ja. Fünf Mann. Einen hellen Krauskopf dabei. Einer ist Techniker. Zwei sind Fahrer; einer davon hat nicht alle Tassen im Schrank.
    [Pause von neun Sekunden.]
    Papa: Das macht vier. Und der andere? Der fünfte Mann?
    [Pause von sechzehn Sekunden.]
    Papa: Na? Der fünfte Mann?
    Patrick: Der ist hochgestochen. Eine Grille. Kennt sich aus mit Gemälden, Teppichen, Kunstsammlungen - mit so Sachen.
    Papa: Ich versteh'. Heißt er Bailey?
    Patrick: Ich weiß nicht, wie er heißt, Papa. Ich kann's aber in Erfahrung bringen.
    Papa: Da gab's mal eine Grille namens Bailey draußen in Las Vegas. Wir drehten ein …
    [Pause von vier Minuten zweiunddreißig Sekunden.]
    Papa: … aber das ist ja nicht wichtig. Außerdem glaub' ich nicht, daß es Bailey ist. Ich hab' das Gefühl, Bailey ist tot. Und wen empfiehlt der Doktor als unseren Vertreter?
    Patrick: Einen Mann namens Sam Heming. Einer von Paul Washingtons Burschen.
    Papa: Noch ein Nigger?
    Patrick: Ja.
    Papa: Nein. Das geht nicht.
    Patrick: Papa? Meinst du damit, daß du diesen Feldzug gutheißt?
    Papa: Ja. Ich bin dafür. Mach weiter damit.
    Patrick: Aber warum? Das Geld ist…
    Papa: Ich weiß. Das Geld ist nichts. Es sind zu viele Leute im Spiel. Es wird katastrophal enden.
    Patrick: Also … ?
    [Pause von siebzehn Sekunden.]
    Papa: Jetzt denkt sich der kleine Pat, warum bloß sollte Papa seinen Segen zu so was geben? All diese Jahre haben wir hart dran gearbeitet, brav und bieder zu werden. Wir machen Geschäfte mit Bankiers in der Wall Street, mit Werbeagenturen in der Madison Avenue, mit politischen Parteien. Wir sind in lauter guten Branchen vertreten. Die Profite sind gut. Alles ist sauber. Wir halten uns jeden Ärger vom Leib. Und nun kommt Papa daher, vierundneunzig Jahre alt, und vielleicht wird auch sein Verstand schön langsam klapprig - na, da kommt Papa und sagt, dieser kindische Plan wär' in Ordnung… dieser meschuggene Überfall, bei dem Blut fließen wird, und wahrscheinlich wird es auch Tote geben. Vielleicht sollte man sich auf Papa nicht mehr so sehr verlassen. Ist es das, was Patrick sich denkt?
    Patrick: Ich schwöre bei Gott, Papa, nie und nimmer. Wenn du sagst, es wär' in Ordnung, dann ist es in Ordnung.
    Papa: Kleiner Pat, du wirst bald genug Don sein. Bald genug. Ein Jahr noch. Höchstens zwei.
    Patrick: Papa, Papa… du wirst uns alle überleben.
    Papa: Höchstens zwei Jahre noch. Wahrscheinlich nur eins. Wenn du aber Don werden willst, mußt du denken lernen … denken. Es genügt nicht, wenn du überlegst, sollen wir dies Ding machen, können wir an diesem Ding verdienen? Du mußt auch denken: Was sind die Konsequenzen von diesem Ding? Was wird aus diesem Ding heut' in einem Jahr, in fünf Jahren, heut' in zehn Jahren erwachsen ? Die meisten Männer - selbst die großen leitenden Angestellten in den besten amerikanischen Gesellschaften - sammeln alle Fakten und fällen dann eine Entscheidung. Aber sie unterlassen es, die Konsequenzen ihrer Entscheidung in Betracht zu ziehen. Die Folgen auf lange Sicht. Verstehst du mich?
    Patrick: Ich denke schon, Papa.
    Papa: Angenommen, da gibt's einen Mann, den wir umlegen müssen. Wir ziehen in Betracht, was er getan hat und

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