24 kurze Albträume (German Edition)
begann zu zittern. »Das tut mir aber leid ...!«, brachte ich mühevoll hervor. Ich fühlte mich wie vor den Kopf gestoßen. Wie im Trance legte ich das Geld auf den Tresen und wollte gerade gehen, da rief das Mädchen hinter mir her: »Meine Oma hat kurz vor ihrem Tod gesagt, dass die Frau, die ihr noch zwei Euro zehn schuldet, bis in alle Ewigkeit verflucht sein soll!« Mir blieb fast das Herz stehen. Jetzt war ich also verflucht. Wegen zwei Euro und zehn Cent! »Aber ich habe das Geld doch zurückgegeben!«, sagte ich leise aber bestimmt und sah das Mädchen dabei durchdringend an. Doch die Kleine hielt meinem Blick stand und verzog keine Mine. Irgendetwas in ihrem Blick war nicht normal. Ich fühlte mich so, als träfen mich helle Lichtstrahlen, die aus ihren auffallend grauen Augen schossen.
Am nächsten Morgen erzählte ich meinen Arbeitskollegen das Erlebnis und wurde von allen Seiten misstrauisch angesehen. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass mich die Leute mieden. Sogar in der Mittagspause saß ich ganz allein an einem Tisch. Ich ärgerte mich über meine Geschwätzigkeit und nahm mir vor, nichts mehr von der Bäckersfrau zu erzählen. Doch dann passierte noch etwas Entsetzliches: Aus heiterem Himmel wurde mir gekündigt und ich wusste nicht, wovon ich noch meine Miete für die teure Traumwohnung bezahlen sollte. Verzweifelt radelte ich zur Jobagentur.
»Leider haben wir zur Zeit nur einen einzigen Job auf der Liste ...!«, sagte die nette Frau hinter dem Schreibtisch, die mich durch ihre Brille mitleidig ansah.
»Ist egal, ich nehme ihn!«, antwortete ich schnell.
»Sie können gleich morgen hier in der Bäckerei im Ort anfangen!«
Bernhard Giersche
Nummer 27
Wo war er? Was war geschehen? Seine Erinnerung endete irgendwo im diffusen Nebel der Amnesie.
Er hatte Schmerzen im Hals und sein Bauch fühlte sich an, als hätte jemand mit voller Wucht hineingetreten. Peter Weller schlug die Augen auf. Er sah auf eine weiße Zimmerdecke und die rechteckige Neonlampe, die aber nicht eingeschaltet war. Er versuchte den Kopf zu drehen, doch der schien mit Gurten am Bett fixiert worden zu sein. Aus dem Augenwinkel heraus sah er einen Infusionsständer, der an seinem Bett stand. Sein Versuch, die Arme und Beine zu bewegen, hatte keinen Erfolg, denn auch seine Extremitäten waren offensichtlich fest am Bett angeschnallt. Panik machte sich in ihm breit. Warum war er gefesselt? Das war nicht richtig. Das passte nicht in die Realität.
»Ich hatte einen Unfall«, schoss es ihm durch den Kopf. Er konnte sich daran entsinnen, dass er in einem Lokal etwas getrunken und mit einem Mann eine Unterhaltung geführt hatte. War er so betrunken gewesen, dass er einen kompletten Filmriss hatte? War er auf dem Weg zu seiner Wohnung verunglückt?
Noch mehr Angst kroch in ihm hoch, denn obwohl er bereits seit einigen Minuten wach war, war noch niemand erschienen, um nach ihm zu sehen.
Peter versuchte zu rufen, doch sein Hals schmerzte derart, dass er es unterließ, als ihm klar wurde, dass er keinen Ton hervorbringen würde. Er zerrte etwas an den Fixierungen, doch es gelang ihm nicht, an seiner Position etwas zu verändern. Er konnte fühlen, wie sich die Matratze unter ihm bewegte und der Auflagedruck seines Körpers sich etwas veränderte. Dann hörte er, wie sich eine Tür außerhalb seines Blickfeldes öffnete. Jemand trat an sein Bett. Offensichtlich ein Arzt. Peters Puls beschleunigte sich. Das Gesicht des Arztes wirkte entspannt und ganz neutral, nicht besorgt oder aufgeregt. Der Arzt blickte kurz zu ihm, drehte sich dann um und sprach dann mit jemandem, der außerhalb seines Gesichtsfeldes stand. »Das ist Nummer siebenundzwanzig. Der Körper ist zweiunddreißig Jahre alt und in
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