2413 - Das Genetische Magazin
haben konnte. Merquin brauchte Hinweise auf ein Wachstum des Gehirns oder auf Spuren, dass sich neben dem Ordinärhirn zumindest rudimentär ein Planhirn ausbildete.
Es hätte ihn seinem Ziel so viel näher gebracht ...
Como Cavendishs Entwicklung unterschied sich deutlich von der anderer Mikro-Bestien, die als Kämpfer in den Dienst TRAITORS getreten waren. Es musste etwas bedeuten.
„Das Gift hat das Gehirn in seinem Kopf zerstört", fuhr der Medoroboter fort. „Es gibt darin nichts mehr, was sich sinnvoll analysieren ließe."
Der Kolonnen-Anatom richtete sich auf und entfernte sich ein paar Schritte.
Er warf einen letzten Blick auf die tote Kreatur. „Schafft sie in den nächsten Konverter!"
*
Gluthitze raste plötzlich von seinen Fingerspitzen bis zum Handgelenk.
Sheymor Merquin stieß einen unterdrückten Schrei aus. Fassungslos beobachtete er, wie sich die Halbkugeln auf dem Handrücken blau färbten. Die Myzelien erhielten Risse und barsten. Staub stieg auf, Sporenwolken, wie er argwöhnte. Durch Zuruf setzte er die Absaugautomatik in Gang. Sie sog die Wolken von seinem Kopf weg, bevor er die Sporen einatmete.
Como hatte recht!, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf. Er hat es tatsächlich gespürt.
Seine Hand fing an zu bluten. Überall bildeten sich Risse in der Haut. Merquin hastete zum Desinfektionsgerät und steckte die Hand in den Schacht.
Die chemische Keule half, aber sie beseitigte das Problem nicht. Als der Kolonnen-Anatom die Hand wieder herauszog, hatten die Pilze ihre gelbbraune Farbe verloren. Sie waren grau und schrumpelig. Mithilfe eines Handschuhs löste er sie aus dem Fleisch, warf sie in den Abfallschacht, der zum nächsten Konverter führte. Anschließend säuberte er die Löcher mit reinem Alkohol.
Endlich ließ die Hitze nach.
Die Öffnungen fingen stärker an zu bluten. Sie transportierten Keime und Unrat an die Oberfläche, deshalb unternahm Merquin nichts dagegen. Gleichzeitig aber spürte er das Zucken der Fäden, die sich noch immer im Handrücken befanden. Sie bewegten sich Richtung Handgelenk und weiter in den Arm.
Pilzfäden, die sich wie Würmer verhielten, machten jeden Kolonnen-Anatomen misstrauisch.
Mit der gesunden Hand öffnete Sheymor Merquin den Medikamentenschrank. Er nahm eine der Ampullen heraus, die er speziell für dieses Experiment in seiner Wohnung lagerte. Der Medoroboter dockte die Ampulle an einem seiner Tentakel an und fuhr eine Injektionsnadel aus. Augenblicke später jagte eiskalte Flüssigkeit in den Arm und breitete sich schnell Richtung Hand aus.
Merquin hielt den Arm nach unten, ließ dabei die Hand nicht aus den Augen.
Die Öffnungen schlossen sich langsam, es floss kein Blut mehr. Das Zucken und Ziehen in der Hand hörte auf. Silbern glitzernde Fäden schoben sich durch die Öffnungen ins Freie, krochen suchend auf dem Handrücken umher. Der Kolonnen-Anatom zog eine Schüssel zu sich heran und schüttelte die Fäden nach und nach ab. In der Schüssel bewegten sie sich kaum noch, und nach einer Weile zerfielen sie zu glitzerndem Staub, den er sofort im Schacht entsorgte.
Erleichtert betrachtete er die Hand, die beinahe aussah wie in früheren Zeiten. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, sich mit dieser scheinbar harmlosen Pilzgattung einzulassen.
„Deine Schicht hat bereits begonnen", informierte der Servo ihn. Monoton rasselte er eine Reihe von drei Dutzend Experimenten und Tests herunter, die an diesem Bordtag auf dem Programm standen.
„Mairn Thuin soll das übernehmen.
Ich kümmere mich um das Magazin", entschied er.
Vier Wochen arbeitete Roi Danton inzwischen mit ihm zusammen. Das waren vier Wochen des permanenten Datensichtens, zahlloser Gespräche über die Bestien und ihre Herkunft. Manchmal in dieser Zeit hatte Merquin den Eindruck gewonnen, als würde der Terraner ihm nicht alles sagen.
„Ich gebe dir kleine Portionen meines Wissens gegen einen kurzen Aufenthalt im Freien", hatte Danton ihm immer wieder begreiflich gemacht. „Um alles von mir zu erfahren, verlange ich eine Garantie eures Hoch-Medokoghs, dass ich nicht mehr in den Konservierungstank zurückmuss."
Sheymor Merquin hatte dieses Ansinnen abgelehnt. Niemand durfte jemals erfahren, dass er gegen die Vorschriften im Umgang mit den Urbildern verstoßen hatte. Er hätte sich die Sprossen der Leiter nach oben hin abgesägt, und wer machte das schon. Die Mitteilung Omokras, Danton und Yrendir auf absehbare Zeit im Genetischen Magazin zu lassen,
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