2483 - Die Nadel des Chaos
attraktiv zu wirken. Ihr volles Haar lag nun flach und nass am Kopf an, ein roter Halo, das trocken und frisiert bestimmt noch einmal 20 Zentimeter zu ihrer scheinbaren Größe hinzutun würde.
„Tu-Ra-Cel", rief Astuin und riss seine Waffe hoch, doch das beeindruckte die Springerin nicht im Geringsten. Sie ließ das Handtuch fallen, stürmte los und rannte den TLD-Agenten einfach über den Haufen. Bevor er reagieren konnte, flog er einen Meter zur Seite und prallte neben der Tür gegen die Wand.
„Ganz ruhig", sagte Atarin, doch genauso gut hätte er zu einem Berkomnair vom sechsten Arkonplaneten Iprasa sprechen können.
Er hatte es zumindest versucht. Die Mehandor versetzte ihm einen Schlag, und er lag plötzlich auf dem Boden. Sie kniete über ihm, ihre Brüste streichelten seinen Bauch, ihre Hände lagen um seinen Hals ...
Sie vermutet, dass der Geheimdienst hinter ihr her ist und springt jetzt aus dem Fenster, dachte Atarin.
Seine Hoffnung erfüllte sich nicht.
Außerdem waren sämtliche Fenster dieses Quartiers Holos.
Plötzlich erschlaffte die Springerin über ihm. Er hörte ein lautes Stöhnen, aber es kam nicht von der Mehandor, stammte eindeutig von einem Mann ...
Das warme, weiche, schwere, unerträgliche Gewicht rollte von ihm ab.
„Die leichteste Paralysestufe", sagte Pal Astuin. „Sieh dich vor. In einer Minute ist sie wieder da. Die hat ja nicht nur eine Konstitution wie ein Pferd."
Er richtete sich auf.
„Hast du nicht auf Lebenszeichen gescannt?", fragte Atarin vorwurfsvoll.
„Hast du nicht festgestellt, dass sich jemand in der Wohnung aufhält?"
„Ich verstehe das nicht", murmelte Astuin. „Die Instrumente haben nichts angezeigt ..." Er zuckte mit den Achseln.
„An die Arbeit!", befahl er dann barsch und begann, das Appartement zu durchsuchen.
Atarin schüttelte sich. Er war gerade mit knapper Mühe einem schönen Tod entgangen, und der Mann von der TLD-Dienstaufsicht ...
Sein Blick fiel auf den Tisch des Wohnbereichs. Darauf lag, geradezu offensichtlich und damit völlig unverdächtig, ein Datenträger. Er steckte in einem Umschlag, der jedoch nicht verschlossen war, sodass man ihn auf den ersten Blick bemerken musste.
Ein Umschlag eigens für einen geheimen Datenträger? Unmöglich! Das war eine Farce ...
„Hier", sagte er und warf seinem Kollegen die mechanische Speichereinheit zu. Kristalle waren für reine Speicherfunktionen schon längst viel zu teuer geworden.
Pal Astuin schloss das Gerät an den Kodierer an.
„Leer", sagte er nach ein paar Sekunden und warf ihn mit spielerischer Lässigkeit zurück.
Außer ..., dachte Atarin. Außer, darauf war eine Nachricht, die nur er verstehen konnte. Er schloss sie an sein Lesegerät an.
Leer.
Na ja, was hatte er erwartet?
Unverdrossen machte er weiter, tippte Darasalaanaghinta als Kodewort ein.
Nichts.
Er versuchte es mit Darasalaanaghinta Mitchu.
Der kleine Bildschirm erhellte sich.
Hüte dich vor Pal Astuin, las er. Er ist kein Mensch. Ein guter Rat der United Stars Organisation.
Die Nachricht verblich vom Display, als hätte sie nie existiert. Trotzdem drückte Atarin auf die Löschtaste.
So etwas Ähnliches hatte er fast erwartet. Doch was sollte er davon halten?
Wer hatte das Band hier deponiert? Ein Freund oder Feind? Falls Da’inta Sparks einen Sinneswandel erfahren oder die Wahrheit gesagt hatte und tatsächlich eine USO-Agentin sein sollte ...
Verdammt. Er durchschaute die Geschichte nicht mehr. Misstrauisch musterte er den angeblichen Agenten von der Dienstaufsicht aus dem Augenwinkel.
„Der Vogel hat Wind bekommen und ist ausgeflogen!", rief Pal Astuin.
„Welcher Vogel?", fragte Atarin. „Wen hast du hier erwartet?"
„Wir haben noch die Springerin." Astuin baute sich vor der nackten Frau auf.
Sie atmete röchelnd, ein Anzeichen dafür, dass sie wieder zu Bewusstsein kam.
„Das hast du dir selbst zuzuschreiben", sagte der Mann von der Dienstaufsicht. Er ging ins Nebenzimmer und holte daraus einen Bademantel, den er der Mehandor zuwarf.
Stöhnend setzte die Springerin sich auf. Astuin hielt die Waffe auf sie gerichtet, doch die Nachwirkungen selbst der leichten Paralyse bremsten einerseits ihre Angriffslust und verhinderten andererseits, dass sie ihm in den nächsten Minuten gefährlich werden konnte. Sie hatte längst noch nicht die volle Kontrolle über ihre Koordinationsfähigkeit zurückbekommen.
„Was wird hier gespielt?", fragte Pal Astuin. „Wer bist du? Und wer hat so schnell
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