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2490 - Die dunklen Gärten

2490 - Die dunklen Gärten

Titel: 2490 - Die dunklen Gärten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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trat näher. Er umarmte mich. Ich drückte meinen Sinnenschirm gegen seinen Leib. Sein Pelz fühlte sich kühl an, er roch süß.
    Dann wuchtete er seinen greisen Spinnenleib herum und spazierte Richtung Baldachin.
     
    Fraktion der Vibra-Staffel Rückschau: Versunkene Welt
     
    »Was du?« Er war kurz, stämmig, sein schwarzer Pelz verdeckte das Gesicht ganz, nicht einmal die Augen waren zu sehen, nicht einmal der Mund, und die Sprache kaum noch Kartanisch. Eine klotzige, grobe Rudimentsprache.
    »Ich will in den Schattenwald«, sagte Wiia-Na-Daj. »Zu Tvell-Ssa-Cort von den Schwarzen Männern. Ich brauche ein Seil.« Sie wusste nicht, ob er begriff, was sie wollte.
    »Was Schattenwald du? Frau?«
    Als ob die Männer nicht nach Frauen schrien ... »Ich schulde einem eurer Männer etwas«, sagte sie. »Tvell-Ssa-Cort von den Schwarzen Männern. Gib mir das Seil zu seiner Höhle.«
    Er beugte sich tief zu ihr, sog Luft in die Nüstern, schnalzte mit der Zunge. »Leibesschuld? Trächtig?«
    »Ja«, sagte sie. »Ich bin schwanger.« Sie strich über ihren Bauch.
    Der Mann wandte sich brüsk ab, trat in den Nebel. Wenige Schritte, und er war verschwunden. Sie roch dem Mann nach, sie lauschte. Keine Spur. Der Nebel schluckte alles Licht.
    Einmal hatte es Wiia-Na-Daj versucht, sich im Wald mit einem Restlichtverstärker zu orientieren. Ohne Erfolg. Es war, als würde der Nebel die Photonen fressen, hungrig wie ein lebendiges Wesen.
    Der Mann kam zurück und überreichte ihr das Ende eines Seils. Sie nahm es und hangelte sich Hand über Hand daran entlang. Tauchte ein in den Schattenwald. Wo der Nebel wogte, war ein beständiges Wispern und Murmeln, als ob jemand ganz in der Nähe in einer unbekannten Sprache flüsterte. Unwillkürlich hatte sie die Krallen ausgefahren. In ihren Schuhen drückten sie gegen das Leder.
    Hand griff über Hand, und sie sah sie nicht, so dicht war der Nebel. Sie spürte seine Kälte am Zahnfleisch ziehen. Einmal stürzte sie, fürchtete, das Seil zu verlieren, schloss die Hand fester und schnitt sich mit den Krallen ins eigene Fleisch.
    Erst kurz vor dem Höhleneingang klarte es auf. Der Eingang war unbewacht, die Fackeln auf den Stelen erloschen.
    Sie band das Seil um eine Stele und trat ein. Am Ende der Höhle begann der Abstieg, eine in den Stein gemeißelte Treppe mit schlüpfrigen, bemoosten Stufen.
    Jeder Raum war, wie sie sich erinnerte, einem Metall gewidmet und einem der Augenlosen Allweisen. Der Raum Eisen stand leer, ebenso der Raum Tantal.
    Im Rhodium-Raum entdeckte sie drei Schwarze Männer. Sie hingen an der Wand. Ihre Arme waren über den Kopf gehoben und dort gekreuzt worden. Ein langer Nagel, durch beide Arme und zwischen Elle und Speiche geschlagen, hielt die Leichen einige Fußbreit über dem Boden. Das Blut aus den Wunden war im Pelz der Arme und des Gesichtes verkrustet.
    Mutter.
    Wiia-Na-Daj schloss die Augen und lauschte. Es war dieselbe Stimme wie in ihrem Traum; es war dieselbe Gestalt: ein Kartanin-Embryo, vielleicht schon ein Fötus. Die Haut transparent, die Organe noch nicht ausdifferenziert. Der Schädel übergroß, leicht pulsierend, hinter den Augenlidern ein blaues Licht.
    Die Augen sahen sie durch die geschlossenen Lider an. Warte hier!, befahl die Erscheinung. Vater kommt bald.
    Wiia-Na-Daj setzte sich auf den kahlen Boden. Sie musste eingeschlafen sein. Sie schreckte hoch und schaute sich um. Der Kartanin war - bis auf den schwarzen Pelz - nackt. »Ich habe dich gerufen«, sagte er. »Du schuldest mir etwas.«
    Sie stand auf. »Ich weiß. Ich bin schwanger von dir.«
    »Es ist mein Kind«, sagte Tvell-Ssa-Cort. »Was in den Tagen von Chont gezeugt wird, gehört uns.«
    »Das ist eure Meinung«, sagte Wiia-Na-Daj kühl. »Ich teile sie nicht. Chont ist nur ein Trabant, der unseren Planeten umkreist. Er ist keine moralische Instanz. Er kann keinen Einfluss auf unsere Gesetze haben.«
    »Er hat Einfluss auf unser Erbmaterial. Er entzündet es, er macht es muta-gen«, sagte Tvell. »Das ist, was Flittchen wie dich erregt und in die Schattenwälder führt. Deine Eizellen von anderem Samen befruchten zu lasen als dem, der in den Hohen Häusern von Khyasou zirkuliert. Von Schwarzem Samen.«
    Tatsächlich war die Rate an Mutationen auf Khyasou immer auffallend höher gewesen als auf allen anderen Welten der Kartanin in Hangay: Auf 100.000 Geburten kamen zwei Mutanten. Immer Männer. Manche entstellt, manche schön wie die Nacht. Immer wuchs ihnen ein lückenloser

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