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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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forderte ich Halef auf, in meiner Nähe zu bleiben und die andern möglichst wenig zu stören. Ich glaubte, der Zusammenschluß, der sich hier vorbereitete, werde für das ganze Leben sein, und das sollte sich freiwillig vollziehen, ohne von uns beiden direkt beeinflußt zu werden.
    Bei einem der Gespräche zwischen dem Mir und dem Dschinnistani brachte der letztere die Rede auf Abd el Fadl, den Fürsten von Halihm. Der Mir fiel ihm sofort in die Rede, indem er fragte:
    „Der Fürst von Halihm? Kennst du ihn vielleicht?“
    „Ja“
    „Kennt ihn etwa der Effendi auch?“
    „Ja, auch er.“
    „Woher?“
    „Er steht ja bei unserm Heer. Auch du mußt ihn kennen!“
    „Wieso?“
    „Ich schickte ihn nach deiner Hauptstadt, nach Ard. Er wohnt bei dir!“
    Es geschah nicht etwa aus Unbedachtsamkeit, daß der Dschirbani dem Mir diese Mitteilung machte, sondern in voller Absicht, die mir sehr willkommen war. Der Mir wich einige Schritte zurück. Er erkundigte sich, seine erstaunten Augen abwechselnd auf den Dschirbani und auf mich richtend:
    „Der Fürst von Halihm heißt Abd el Fadl, und eine seiner Töchter heißt Merhameh. Diese beiden Namen sind nicht selten. Sie kommen sogar sehr häufig vor. Darum sind sie mir nicht aufgefallen. Wollt ihr etwa sagen, daß dieser Sänger Abd el Fadl und seine Tochter Merhameh der Fürst und die Prinzessin von Halihm sind?“
    „Ja, das wollen wir allerdings sagen“, antwortete der Dschirbani.
    „So wurde ich von euch betrogen?“
    „Betrogen?“
    „Ja, betrogen! Besonders aber von dir!“
    Diese letzteren Worte richtete er an mich. Seine Brauen zogen sich zusammen, und seine Augen blitzten mich zornig an. Ich aber lächelte ihn ruhig an und fragte:
    „Fühlst du dich vielleicht als Betrogener?“
    „Ja!“ behauptete er.
    „Wieso? Worin liegt der Betrug, den ich begangen habe?“
    „Darin, daß die beiden Namen nun plötzlich eine ganz andere Bedeutung erlangen. Der Fürst von Halihm ist einer der höchsten Stützen des Mir von Dschinnistan, also einer meiner hervorragendsten Feinde. Und den schickt ihr in mein Land, in meine Residenz, in meinen Palast?! Ist das nicht Betrug?“
    „Nein, nur List. Wir meinten es gut mit dir.“
    „Gut? Das ist wohl erst noch sehr genau zu prüfen! Vorerst denke ich jetzt nur daran, daß nun doch alles erfüllt worden ist, was die Weissagungen verkündet haben: Der ‚Friede‘ und die ‚Barmherzigkeit‘, haben ihre Stimmen in meinem eigenen Haus, in der christlichen Kirche erhoben! Nur weil ich glaubte, der Sänger und die Sängerin seien ganz gewöhnliche Personen, gab ich ihren Namen die Bedeutung nicht, die sie jetzt plötzlich bekommen haben. Nun befindet sich der treueste Anhänger meines Erbfeinds in demselben Palast, den ich bewohne. Und nicht nur das, denn ich habe ihm auch mein ganz besonderes Vertrauen geschenkt, und schwebe also in viel größeren Gefahren, als ich bisher ahnte. Ihr habt mich überlistet. Wehe euch, wenn es mir in den Sinn kommt, euch zur Rechenschaft zu ziehen!“
    Der Zorn trieb ihn von uns hinweg. Er ging hinaus und schritt quer über den Platz nach dem Wasserengel hinüber, wo sich unsere Pferde befanden. Wir sahen dann, daß er sich mit seinem Schimmelhengst beschäftigte, und ließen uns von seinem Ärger die gute Stimmung, in der wir uns befanden, nicht verderben. Er mußte ja wiederkommen; er konnte gar nicht anders. Wir setzten inzwischen die Besichtigung und Untersuchung der Örtlichkeiten fort. Es dauerte auch wirklich gar nicht lange, so kehrte er zurück, um uns eine Entdeckung mitzuteilen, die er soeben gemacht hatte. Er hatte nämlich seinem Pferd wieder Wasser geben wollen und war darum in den Engel gestiegen, und zwar bis ganz hinab, weil es ihm gewesen war, als ob sich da unten ein Geräusch vernehmen lasse, welches vorher niemand von uns bemerkt hatte. Er hatte natürlich ein Licht angebrannt und beim Schein desselben gesehen, daß das Wasser inzwischen ganz unvermutet so hoch gestiegen war, daß es den Rand des Bassins überflutete und durch eine hierzu angebrachte Seitenröhre einen laut rauschenden Abfluß fand. Diese Botschaft war für uns so wichtig, daß auch wir uns sofort nach dem Brunnen begaben und hinabstiegen, um die Sache in Augenschein zu nehmen. Es war so, wie er berichtet hatte. Das Bassin lief über, und der Abfluß war ein so bedeutender, daß ihn die hierzu bestimmte Röhre kaum zu fassen vermochte. Es klang wie das Rauschen eines Sturzbaches; das war eine Folge der

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