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25 - Ardistan und Dschinnistan II

25 - Ardistan und Dschinnistan II

Titel: 25 - Ardistan und Dschinnistan II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welches aus der Ferne kommen lassen. Das vertauschten sie nun mit Profit. Der letzte Tag war für uns der schlimmste von allen. Wir hatten veröffentlicht, daß an diesem Tag um sechs Uhr nachmittags der Verkauf überhaupt geschlossen werde. An diesem Nachmittag wurden unsere Verkaufsstände fast gestürmt. Aber es ging glatt ab. Schon lange vor sechs Uhr war kein Bäumchen, kein Engelchen, kein Sternchen mehr zu haben. Alles verkauft, alles, bis auf das letzte, bunte Papierschnitzel! Wir atmeten auf! Das war eine wahre Riesenarbeit gewesen. Zuletzt hatten wir alle, bis zum letzten Arbeiter herunter, gar nicht mehr schlafen können. Nun kam aber auch der Lohn. Ich brauchte nicht zu geizen, denn der materielle Erfolg war weit, weit größer, als wir erwartet hatten. Reiche Leute hatten zehn- und zwanzigfache Preise bezahlt, weil sie glaubten, daß dies der Mir erfahre. Das zahlreiche Personal, welches uns nötig gewesen war, erhielt, was wir ihm versprochen hatten, und ein jeder noch eine Geldsumme dazu als unsere Christbescherung. Sie jubelten.
    Und der größte aller Bäume, die es gegeben hatte, brannte nun in unserem Büro genau eine Stunde nach dem Schluß des Geschäftes, also am 24. Kanun el Auwal, abends sieben Uhr. Und vor ihm standen alle die Kisten, Körbe und Körbchen voll Geld, welches wir eingenommen und nach Begleich unserer Schulden übrigbehalten hatten, nach den verschiedenen Münzen geordnet, die in Ardistan kursieren. Und da kam er, den wir hatten rufen lassen, der Mir. Wir sagten ihm, daß jetzt das Geschäftliche erledigt sei, und nun könne das Höhere beginnen. Wir übergaben ihm die Blätter, welche die Buchführung enthielten, und führten ihn dann zur lichtbestrahlten Kasse.
    Die Wirkung war überraschend. Er stand eine Weile ganz still und schaute auf das viele, viele Geld, als ob er das, was er sah, gar nicht glaube. Dann bückte er sich nieder und griff mit beiden Händen tief in die Münzen hinein.
    „Was ist das?“ fragte er. „Wem gehört dieses Geld?“
    „Dir!“ antwortete ich. „Es ist der Gewinn, der Überschuß, den wir erzielten.“
    „Und ihr?“ Er sah uns forschend an. „Wieviel habt ihr für euch behalten?“
    „Für uns? Nichts! Wir haben nichts zu bekommen. Wir haben es getan, nur dir zuliebe und dem Christentum zur Ehre.“
    „Ist das wahr?“
    „Glaubst du, ich lüge? Prüfe die Papiere! Da steht die Ausgabe und die Einnahme. Jeder Para, jeder Schahi und jeder Casch! Wenn du vergleichst, wirst du finden, daß nichts fehlt.“
    „So nehmt! Nehmt so viel, wie ihr wollt!“
    Er machte eine Bewegung, als ob wir mit vollen Händen zugreifen sollten.
    Ich trat zurück und schüttelte nur den Kopf. Der Oberpriester aber sprach:
    „Wir arbeiteten an Stelle des Erlösers, und den bezahlt man nicht mit Kupfer und mit Bronze. Das Geld ist dein.“
    „Aber da hat mir euer Christentum mit diesem einen Mal doch mehr eingebracht, als die andern Religionen zusammengenommen, so lange ich regiere!“
    „Das ist die wahre Religion, die nicht nur nach dem Tod selig macht, sondern auch schon hier im Erdenleben für das Glück ihrer Bekenner sorgt!“
    „So danke ich euch! Ich werde Diener senden, das Geld zu mir hinaufzutragen. Ihr aber, wenn ihr Wünsche habt, die im Interesse eures Glaubens liegen, kommt getrost zu mir; sie werden euch erfüllt! Von jetzt an soll kein Feind mehr das Haupt eines Christen beugen! Um Mitternacht, wenn der Gottesdienst beginnt, stelle ich mich ein, mit Frau und Kindern und allen meinen Dienern und Beamten!“
    Er ging. Wir blieben noch, bis das Geld geholt worden war, und begaben uns dann in die Kirche, um die letzte vorbereitende Hand an das dortige Werk zu legen. Wenn ich hier von der ‚Kirche‘ spreche, meine ich immer die gewaltige Mittelkuppel des Doms von Ard.
    Das ‚Fest der Geburt des Erlösers‘ hatte zu beginnen um die Mitternacht, die zwischen dem 24. und 25. des Monates Kanun el Auwal liegt. Der Mir hatte versprochen, genau zu dieser Zeit zwölf Kanonenschüsse lösen zu lassen, zwölf, nach der Zahl der Monate des Jahres. Dann sollten die Glocken erklingen, die seit Hunderten von Jahren geschwiegen hatten, nur allein nicht die große, eiserne, die über fünfhundert Zentner wog und von der die Sage ging, daß sie, wenn die Zeit der Erlösung und des Friedens gekommen sei, von kleinen, unschuldigen Kindern geläutet werde. Sie hing im höchsten und stärksten der Türme, mehrere Stockwerke tiefer als die anderen Glocken.
    Was

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