260 - Fly me to the moon
Dann waren diese hier offenbar von einem anderen Stamm, denn Friedfertigkeit sah anders aus.
Oder waren sie aus irgendeinem Grund sauer auf das Wesen?
Dann fiel der Groschen. Natürlich! , dachte Clarice. Sie denken , ich wäre dieses Wesen! Und sie wundern sich, dass ich plötzlich nicht mehr ihre Sprache spreche.
Leider nutzte ihr die Erkenntnis nichts, denn solange sie sich den Eingeborenen nicht verständlich machen konnte, würde sie den fatalen Irrtum nicht aufklären können.
Nur kurzzeitig von den fremden Stimmen beeindruckt, rückte die Meute nun wie ein Mann gegen Clarice vor, die vergeblich nach etwas Ausschau hielt, mit dem sie sich hätte zur Wehr setzen können.
Schon kletterte der Machetenmann zu ihr herab.
Da meldete sich erneut Voglers Stimme. »Hör zu, Clarice: Befindest du dich in einer Grube?«
Sie verstand den Sinn der Frage nicht, antwortete aber automatisch: »J-ja.«
»Dann geh in einer der Ecken in Deckung – sofort!«, krächzte Voglers Stimme. »Gleich stürzt der Himmel ein!«
Was er damit meinte, wurde ihr eine Sekunde später klar – als ein dröhnender Knall ertönte und der Boden zu beben begann, während sich Felsbrocken aus der Höhlendecke lösten und herabstürzten. Die Welt um sie herum versank im Chaos.
Das Donnern über ihnen hörte sich an wie die Stimme eines zürnenden Gottes. Sie brüllte unverständliche Worte, und ihre Macht brachte die Erde zum Beben und den Fels zum Einsturz.
Jor stürzte fast in die eigene Klinge, als er herumfuhr und aus der Grube zu fliehen versuchte. Ein kopfgroßer Brocken aus der Höhlendecke schlug direkt vor seinen Händen ein, als er sich hochziehen wollte, und schleuderte ihm Myriaden Steinsplitter entgegen.
Jor spürte, wie Blut aus Dutzenden kleiner Wunden über sein Gesicht strömte. Er konnte von Glück sagen, dass seine Augen nicht getroffen wurden. So sah er die Hand, die sich ihm entgegen streckte: Es war Maj, der Jüngste des Trupps, der ihm aus der Grube half.
Seine restlichen Mitstreiter duckten sich ängstlich und hoben die Arme über ihre Köpfe, als könnten sie sich so vor dem Zorn der Götter schützen. Keiner von ihnen floh vor dem Steinschlag. Sie warteten auf seinen Befehl!
»Hinaus ins Freie!«, brüllte Jor. »Lauft!«
Endlich kam Bewegung in seine Männer. Gemeinsam stürmten sie dem Ausgang der Höhle entgegen – bis die vordersten in ihrem Lauf innehielten und sich unsicher zu ihm umwandten.
Das Donnern hatte aufgehört. Dafür erklang jetzt von draußen ein unheimliches Fauchen, das von neuem, noch unbekanntem Unheil kündete. Und dann verfinsterte sich das Licht des Tages…
10.
Tartus Marvin Gonzales hatte den Flug des Shuttles so lange wie nur irgend möglich verfolgt. Doch nach dem Eintritt in die Erdatmosphäre verschwand es unter einer dichten Wolkendecke. Damit wurde jedes Bemühen, ein Auge darauf zu werfen, hinfällig.
Stattdessen richtete Gonzales den künstlichen visuellen Cortex auf das ankommende Marsschiff aus, die CARTER IV, die bereits ihr Bremsmanöver eingeleitet hatte. In wenigen Stunden würde sie in den Mordorbit einschwenken.
Auch dieses Fernraumschiff war, wie die Raumfähre, eine Neuentwicklung des Hauses Gonzales, das auf dem Mars für die Raumfahrt zuständig war. Tartus Marvin war fasziniert von den Veränderungen an den Aufbauten, die ihm sofort auffielen, als der Sucher das neue Ziel erfasste. Am beeindruckendsten aber waren die neuen Antriebsdüsen. Immer wieder verschwand der Koloss im Feueratem des Drachen, den die Ingenieure von MOVEGONZ TECHNOLOGY gebändigt und in den Antrieb gezwungen hatten. Alle paar Sekunden erfolgten die Bremsstöße, mit denen die vormalige Reisegeschwindigkeit im Verlauf der nächsten Stunden auf nahezu Null heruntergedrosselt werden würde.
Die Vorfreude in Gonzales wuchs – und gleichzeitig der Schmerz des Abschieds. Er hoffte nur, dass sein Freund Titus rechtzeitig von seinem Außeneinsatz zurückkehren würde. Zwischenfälle auf der Erde konnten sie alle teuer zu stehen kommen. Die Reisezeit zurück in die Heimat würde sich dadurch unter Umständen wesentlich verlängern. Das wollte niemand.
Aber warum schwarzsehen? Bislang lief alles nach Plan…
Gonzales’ Zweckoptimismus erhielt jedoch einen herben Dämpfer, als der Alarm durch die Station hallte. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage.
Und sein Bauchgefühl sagte Gonzales, dass es wieder nichts war mit einer simplen Übung.
Bei der CARTER IV schien alles in Ordnung zu sein.
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