261 - Ein falscher Engel
Als es Rulfan gelang, einen weiteren Angreifer mit einem Drillerschuss zu töten, flüchteten die anderen in die Wälder.
In diesem Moment tauchten Alastar mit einer Uniformjacke, die er aus dem Schneemobil haben musste, und Ninian an seiner Seite auf.
Beide trugen Nachtsichtgeräte. Der Chefexekutor brachte die Schnellfeuerwaffe in Anschlag und drückte ab. Wie auf dem Schießstand hielt er zwischen die Bäume, korrigierte kurz nach links, dann wieder nach rechts. Rulfan hörte mehrere Todesschreie.
»Ich hab fünf erwischt«, sagte Alastar.
»Komm, mein Aynjel, wir holen uns die restlichen«, flüsterte Ninian an Rulfans Ohr. Dann stürmte sie bereits los.
»Gib mir dein Nachtsichtgerät«, verlangte Rulfan von Alastar.
»Du weißt, was das ist?«, fragte der Chefexekutor verwundert.
»Offensichtlich. Und? Bekomme ich’s?« Zu Rulfans Verwunderung rückte Alastar tatsächlich damit heraus. Der Albino zog sich das Gerät über den Kopf und hastete zwischen die Bäume. Zusammen mit Ninian, die etwas voraus war, begann er Jagd auf die Flüchtenden zu machen. Da sie ihnen mit den Geräten überlegen waren, erwischten sie einen nach dem anderen. Rulfan war nicht bereit, irgendwelche Kompromisse zu machen, und tötete drei der gemeinen Mörder. Ninian erledigte den Rest. Schließlich war nur noch einer übrig. Sie stellten ihn unter der Wurzel eines umgekippten Baums.
»Nicht töten«, bettelte er auf den Knien und warf sein Schwert weg.
Lassen wir ihn leben, damit wir ihn verhören können , wollte Rulfan gerade sagen, als Ninian bereits hinter dem Mann stand und ihm die Eisendorne in den Kopf rammte. Rulfan schauderte, als er sah, mit welcher Professionalität und Kälte die junge Frau zu Werke ging.
Schweigend stapften sie durch den Schnee zurück. Rulfan war momentan nicht danach, Ninian irgendetwas zu fragen. Das würde er morgen tun. Während ein Löschtrupp der Mecgregers das Feuer bekämpfte, gab Rulfan Alastar das Nachtsichtgerät zurück. Der nahm es schweigend entgegen.
»Was ist das für eine Schusswaffe, die du da hast?«, wollte Alastar wissen.
»Ein Driller«, antwortete Rulfan reserviert.
»Das sagt mir nichts. Darf ich sie mal sehen?«
Rulfan schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Auch wenn du mir dein Nachtsichtgerät überlassen hast.«
Alastar kicherte leise. »Ich würde meine Waffen auch nicht aus der Hand geben. Du bist kein Barbar, nicht wahr?«
Ninian neben ihm antwortete. »Er ist mein Aynjel!«
Alastar verzog das Gesicht, ging aber nicht darauf ein. »Du bist ein starker und gewiefter Kämpfer, Rulfan. Und kannst mit Tekknik umgehen. Hättest du Lust, in die Gilde der Exekutoren einzutreten? Jemand wie dich können wir brauchen.«
Rulfan sah ihn einen Moment an und schüttelte dann den Kopf.
»Danke fürs Angebot, Alastar, aber das ist nichts für mich. Ich brauche meine Freiheit.«
Der Chefexekutor akzeptierte auch dies sofort.
Ninian strahlte. »Aynjel lassen sich nicht in die Dienste von irgend jemandem pressen«, kommentierte sie.
Rulfan drehte sich um und ging einfach. Interessiert beobachtete der Albino, dass die verletzten Exekutoren aus modernen Mediboxen behandelt wurden, die anscheinend zur Ausrüstung der Schneemobile gehörten. Zweien wurde sogar ein Serum gespritzt. Waren die Reenschas etwa Technos? Auch aus Alastars Worten konnte man dies durchaus schließen. Demnächst war wohl ein Besuch in Glesgo fällig.
Die beiden Druuds der Mecgregers hatten mit ihren pflanzlichen Mittelchen und Salben nicht den gleichen Erfolg wie die Exekutoren.
Noch Stunden später gellten Schmerzensschreie durch Ardenach.
Starker Brandgeruch lag über dem Tal.
Nicht nur Willis war geschockt, als er die Toten betrachtete, die in Reih und Glied vor das Parliament gelegt worden waren. Siebenundzwanzig waren es insgesamt, siebzehn Fremde, vier Exekutoren und sechs Mecgregers. Wie es aussah, war keiner der Angreifer am Leben gelassen worden, auch der Mann nicht, den Rulfan nur betäubt hatte. Unter den Gefallenen befand sich Scot, was Rulfan einen tiefen Stich versetzte. Er hatte den immer fröhlichen Wirt ins Herz geschlossen gehabt.
»Diese verdammten Freesas«, sagte er erbittert, als er sich an Pellams Befürchtungen erinnerte, die schneller als gedacht wahr geworden waren. Denn wer sonst als die Freesas hätte dieses Massaker veranstalten sollen? »Man sollte sie alle zur Rechenschaft ziehen!«
Ninian trat neben ihn. Er hatte sie gar nicht kommen hören. Jetzt erst bemerkte
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