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261 - Ein falscher Engel

261 - Ein falscher Engel

Titel: 261 - Ein falscher Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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er, dass ihre Haare angesengt waren und dass sie eine Brandwunde auf dem Handrücken hatte. »Mein Aynjel…«
    Rulfan seufzte. »Hast du nichts Besseres zu tun?«, fuhr er sie an.
    Die schroffe Abfuhr zeigte Wirkung: Die Kriegerin drehte sich dann abrupt um und verschwand in der Dunkelheit.
    Na dann bis morgen, in alter Frische , dachte Rulfan sarkastisch. Ninians Hartnäckigkeit würde ihn sicher noch eine Weile verfolgen, bis er ihr klargemacht hatte, dass sie einem Phantom nachjagte.
    ***
    6. Januar 2526
    Trotz des Einsatzes des Löschtrupps brannte das Gästehaus bis auf die Grundmauern ab. Nachdem die Verletzten versorgt waren, gab es nichts mehr zu tun. Rulfan, Pellam und Myrial legten sich nochmals für einige Stunden aufs Ohr. Rulfan erwachte vom Quietschen und Knarren mehrerer Bagpaips und dem Bellen einer Hundemeute. Draußen war es bereits Tag.
    Bei Wudan, die werden doch nicht etwa…
    Der Albino schlüpfte in seinen Mantel und hastete nach draußen.
    Der Brandgeruch über Ardenach war so intensiv, dass Rulfan husten musste. Dann trabte er die Straße entlang, dem Lärm entgegen.
    Bei besonders lauten, schrillen Tönen verzog er immer wieder das Gesicht.
    Vor dem Parliament, vor dem noch immer die meisten der jetzt steif gefrorenen-Toten lagen, hatten sich sieben Pipaas und deren Colleys versammelt. Die Tiere lagen im Schnee und knurrten sich gegenseitig an. Etwas abseits standen zwei Dutzend schwer bewaffneter und hasserfüllt dreinschauender Krieger, die allesamt die Mecgreger-Farben trugen. Bei einigen sah Rulfan sogar Pistools. Wallis, ebenfalls mit Schwert und Kampfbeil im Gürtel, hob soeben die Hand.
    Rulfan trat vor ihn hin. »Was soll das werden, Chieftain?«
    »Was das werden soll, fragst du? Nach was sieht’s denn aus? Wir ziehn jetzt los und machen de Freesas alle. Die Colleys sollen se zerreißen.«
    »Du denkst also auch, dass es die Freesas waren?«
    »Wer sonst? Dass keiner von denen Freesa-Tarts anhatte, zeigt nur, dasse elende Feiglinge sin.«
    Rulfan sah Wallis fest in die Augen. »Auch wenn es ziemlich wahrscheinlich ist, dass es die Freesas waren, liegt es an König Stuart, über sie zu richten. Du hast ihm die Treue geschworen. Willst du, dass er die Mecgregers für deine Eigenmächtigkeit bestraft?«
    Der Chieftain schaute grimmig drein. »Verdammich, du hast recht«, murmelte er. »Trotzdem…«
    Rulfan legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du solltest jetzt nicht leichtfertig einen Krieg gegen die Freesas vom Zaun brechen, Willis. Ich verspreche dir, dass ich den König unterrichte, und dass er alles tun wird, um die Schuldigen zu finden und zu bestrafen. Lass deine Männer wieder abtreten.«
    Es fiel Wallis sichtlich schwer, den Befehl zu geben, zumal wütende Rufe aus der Kriegerschar laut wurden. Aber der Chieftain tat es schließlich doch. Die Menge löste sich auf. Rulfan musste sich zuvor noch einige wüste Drohungen und ein höhnisches »Aynjel« anhören, aber das berührte ihn nicht. Er tat, als habe er es nicht gehört.
    »Ich danke dir, Wallis. Du hast eine weise Entscheidung getroffen.«
    Der kleine dicke Mann verzog das Gesicht und spuckte aus. »Mag sein. Aber dafür werden’se mich auf der nächsten Clansversammlung steinigen.« Er grinste schräg. »Na, was soll’s. Bin schon öfters von denen inner Luft zerrissen worden und immer noch da.«
    Rulfan fragte, wo die Exekutoren untergekommen seien. Zu seinem Erstaunen erfuhr er, dass sie bereits abgereist waren, ohne Verabschiedung, ohne den geringsten Gruß.
    »Und die rothaarige Kriegerin ist mit ihnen gegangen?«
    Wallis kratzte sich im Bart. »Weiß nicht. Wie gesagt, von mir verabschiedet haben’se sich nicht. Das ham mir nur meine Leute gesagt, dasse ihre Toten eingesammelt haben und gegangen sind, ich war da gerade oben in der Deestyl. Aber ich hab die Verrückte hier nicht mehr gesehen.«
    Rulfan war skeptisch. Sollte Ninian so schnell aufgegeben haben?
    Oder war sie von Alastar gezwungen worden, mit zurück zu fahren? »Was wird nun aus dem Uisge-Vertrag?«, fragte er.
    Wallis zog ein bekümmertes Gesicht. »Das wissen de Götter und ich nicht genau. Scheint aber so, als ob das Ganze geplatzt wäre. Und wenn du mich fragst, Rulfan, war’s genau das, was die Freesas wollten.«
    Rulfan nickte nachdenklich. Das ergab Sinn. »Wenn sie es waren, werden wir sie aufs Härteste bestrafen, darauf kannst du dich verlassen.«
    Im Laufe des späten Vormittags verließen Rulfan, Pellam und Myrial Ardenach wieder.

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