2720 – Im Stern von Apsuma
Terranische Liga-Dienst arbeitete zurzeit nicht besonders eng mit der Gläsernen Insel zusammen. Erst recht nicht, wenn es um das Atopische Tribunal und die Onryonen ging.
Vetris war mit einem Schlag hellwach. Er nickte knapp, und der Ortungschef rief das Holo des Tesqiren auf.
Der Tamrat musterte ihn neugierig; er hatte noch nie einen Angehörigen dieses Volkes leibhaftig oder in einem Holo gesehen. Dhayqe war humanoid, sehr schlank, grazil und weit über zwei Meter groß. Seine Hände, die er grüßend hob, endeten in einem Vierfingerkranz. Die Ellenbogengelenke der Arme schienen in alle Richtungen drehbar zu sein. Vetris erinnerte sich daran, dass dies den Berichten zufolge ebenso für die Kniegelenke zutraf.
Der Kopf des Tesqiren war länglich-oval und nach vorn verlängert. Sein Hals war mit einem halben Meter überlang, muskulös und dehnbar. Angeblich konnte er sich ein Stück verlängern oder verkürzen und ermöglichte dem Tesqiren, den Kopf um 360 Grad zu drehen oder zumindest um 180 Grad nach links und nach rechts, so genau wusste Vetris das nicht mehr.
Die Haut war in einem feinen Silberblau geschuppt. Einige Teile davon waren mit hieroglyphenartigen Bildern bemalt. Die Gesichtsmuskulatur kam Vetris ungeheuer komplex und flexibel vor.
»Sei gegrüßt, Hoher Tamrat«, sagte Dhayqe in exzellentem, akzentfreiem Tefroda. »Ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen.«
Er wirkte freundlich, aber bestimmt und hatte nichts von dem barschen Auftreten der Onryonen, die dies befahlen und jenes forderten.
Vetris lächelte unverbindlich. Eigentlich hatte er das nicht beabsichtigt, aber er tat es trotzdem. Im Helitas-System war bislang noch kein Tesqire aufgetaucht. Und jetzt, nach der Schlappe mit Luna, kam dieser Dhayqe angekrochen?
»Möchtest du vielleicht auskundschaften, wo im Helitas-System noch Raum für Luna ist? Immerhin hat Tefor mit seinen zwei Monden bereits Trabanten in ausreichender Zahl.«
Dhayqe lachte ein verblüffend tefrodisch klingendes Lachen, warm und offen. »Wie ich sehe, hat sich das Helitas-System auf Lunas Ankunft bestens vorbereitet. Einen solchen Teppich aus hochwirksamen Waffen habe ich bislang nie gesehen. Mein Kompliment.«
Der Tamaron musste sich geradezu zwingen, unfreundlich zu bleiben. »Was willst du also?«
»Ihr Tefroder scheint euch die Mühe umsonst gemacht zu haben«, fuhr der Tesqire fort, ohne auf Vetris' Worte einzugehen.
»Ach? Kannst du das präzisieren?«
Dhayqe nickte mit einer verblüffend tefroderähnlichen Geste. »Ja. Die Atopen haben umdisponiert.«
»Umdisponiert?«
»Vielleicht sollten wir das besser unter vier Augen erörtern. Wir könnten endlich festlegen, wie sich das Verhältnis zwischen dem Atopischen Tribunal und dem Neuen Tamanium in Zukunft für beide Seiten viel erfreulicher gestalten ließe.«
Kalter Triumph durchzuckte Vetris. Er hatte es geschafft! Das Atopische Tribunal war auf Verhandlungen mit dem Neuen Tamanium aus!
»Gut«, sagte er. »So sei es. Du bist mir willkommen.«
*
Vetris hatte ohne Begründung darauf bestanden, den Tesqiren erst in drei Stunden zu empfangen, und Dhayqe hatte anstandslos akzeptiert. Die Zeit war sowieso knapp angesetzt. Man würde ihn an Bord der VOHRATA einer genauen Untersuchung unterziehen, bevor er zu Vetris vorgelassen wurde.
Der Tamrat hatte sich entschlossen, die Zeit zu einer kurzen Rast zu nutzen. Zu seiner Überraschung schlief er ein, kaum dass er sich in seinem Bett ausgestreckt hatte.
Als er erwachte, lag eine verschlüsselte Nachricht von Oc Shozdor vor. Vetris las sie in seiner Kabine.
Offenbar war das Polyport-System endgültig vollständig desaktiviert worden, genau wie es die Onryonen angekündigt hatten. Es blieben keine Zweifel übrig, alle Tests hatten dieses Ergebnis gebracht.
Vetris blieb einen Moment lang an seinem Schreibtisch sitzen.
Die Information der Gläsernen Insel gab ihm zu denken. Offenbar verfügten die Onryonen wider Erwarten über eine Machtfülle, die er nicht vollständig einschätzen konnte. Wenn ihnen sogar eine Manipulation des Polyport-Systems möglich war ...
Er machte sich schnell frisch, kleidete sich an, beorderte zwei seiner Skorpione zu sich und wartete auf die Zunge des Tribunals.
Er empfing Dhayqe an der Tür seiner Privatkabine und bat ihn hinein. Als der Tesqire eintrat, richteten die beiden Skorpione an der Wand drohend ihre Stacheln auf.
Vetris erlitt eine Enttäuschung. Er hatte gehofft, die Skorpione würden den Tesqiren
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