274 - Die dunkle Seite des Mondes
beendet und sämtliche Protokolle seit dem verbotenen Einloggen gelöscht. Währenddessen war Alix zur Kraft der Reinheit geeilt, hatte den Sporn verbogen und sich mit den farbigen Flüssigkeiten und dem Marsschlamm besudelt. Er hatte die Tür zum Badezimmer gerade zugezogen, als er auch schon hörte, wie Saintdemar das Büro betrat.
Knapp. Wirklich knapp.
Der Speicherkristall ist seiner Hosentasche hatte sich angefühlt, als würde er glühen und sich durch die Spinnenseide schmelzen.
Er wusste nicht, ob er das noch lange durchhielt. Es war an der Zeit, endlich von hier zu verschwinden. Falls die gestohlenen Daten reichten, ProMars an den Galgen zu bringen!
Er kehrte in sein eigenes Büro zurück und sichtete den Kristallinhalt mit einem Lesegerät, das nicht ins Netzwerk eingebunden war. Er wagte es nicht einmal, seinen PAC dafür zu benutzen.
Zunächst hatte er das Gefühl, die schiere Datenflut würde ihn erschlagen. Es dauerte sicher Tage, um alles auszuwerten. Doch dann stieß er auf ein Verzeichnis, das sein Interesse weckte.
CARTER IV
Das Raumschiff, das zum Erdmond unterwegs war? Was hatte ProMars denn damit zu tun?
Er öffnete die Datei - und erstarrte. Eiswasser schien ihm den Rücken hinabzurinnen.
Er hatte etwas gefunden! Etwas, das er selbst kaum glauben konnte, obwohl er es vor sich sah.
Mit hastigen Bewegungen stellte er mit dem PAC eine Verbindung zu Chandra Tsuyoshi her.
»Alix«, begrüßte sie ihn. »Gibt es Neuigkeiten?«
»Das kann man wohl sagen. Sie müssen sich unbedingt mit mir treffen. In einer halben Stunde in meinem Appartement.«
***
Als die Marsianerin Cody Pierre Saintdemars Büro betrat, wirkte sie nicht so, als freue sie sich tatsächlich über das Wiedersehen. Mit der rechten Hand hielt sie ihren hüftlangen weißen Zopf umklammert. Sie schien ihm sehr aufgebracht zu sein. Nur ihre guten Manieren hinderten sie offenbar daran, gleich herauszuplatzen.
»Sendara!«, rief Saintdemar. »Schön, Sie wieder in Freiheit zu sehen und bei uns zu wissen. Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat.«
Sendara Kirin Angelis, die ehemalige Chefredakteurin des Senders ENT , winkte ab. »Der Anwalt, den Sie mir zur Seite gestellt haben, hat hervorragende Arbeit geleistet. Es war ein harter Kampf, aber letztlich konnten wir das Tribunal überzeugen, dass ich von den Daten auf meinem Rechner nichts wusste und mit der geplanten Sprengung der Strahlanlage nichts zu tun hatte. Anscheinend legte es die Regierung nicht auf einen langen, medienträchtigen Prozess mit ungewissem Ausgang an.«
»Sollten Sie nicht etwas glücklicher dreinblicken, jetzt, wo Sie endlich wieder bei uns sind?«
»Das sollte ich wohl. Aber erst, wenn Sie mir erklären, was Sie mit Alix Nugamm zu schaffen haben. Ich habe gesehen, wie er Ihr Büro verlassen hat.«
»Er ist der neue Netzwerktechniker bei uns. Ich wusste nicht, dass Sie ihn kennen.«
Sendara stieß ein humorloses Lachen aus. »Kennen? Er ist es, dem wir unsere Niederlage zu verdanken haben! Er hat sich bei ENT eingeschmuggelt, Roald in den Selbstmord getrieben und mich ins Gefängnis gebracht. Ja, ich denke, man könnte sagen, dass ich ihn kenne.«
Saintdemar hörte fassungslos zu.
Und mit jedem Wort, das die Marsianerin sprach, wuchsen seine Zweifel, dass Nugamm ihm tatsächlich nur die Diagnoseberichte hatte bringen wollen. Hatte er versucht, Zugriff auf seinen Rechner zu bekommen? War es ihm gar gelungen?
Nein, das war unmöglich. Sein Computer war gesichert!
Doch auch daran bekam er Zweifel. »Augenblick«, unterbrach er Sendaras Bericht.
Er entsperrte den Rechner und rief die Ereignisprotokolle auf. Nichts Auffälliges.
13:21:12 - Sperrung der Anlage
13:21:21 - Betätigung Bürotür
13:22:07 - Betätigung Bürotür
13:43:45 - Betätigung Bürotür
13:45:21 - Betätigung Bürotür
13:45:55 - Betätigung Bürotür
13:47:01 - Entsperrung der Anlage
Definitiv kein Datendiebstahl. Doch die ursprüngliche Erleichterung verflog rasch, als ihm klar wurde, was das Protokoll bedeutete. Er hatte den Rechner gesichert und war zur Konferenz gegangen. Nicht einmal eine Minute später hatte Nugamm das Büro betreten - und war über zwanzig Minuten geblieben. Und das alles nur, um einen Diagnosebericht auf den Tisch zu legen und sich vollzukleckern?
Nein, irgendetwas stimmte da nicht.
»Und?«, fragte Sendara Kirin Angelis. »Hat er Ihnen etwas auf den Rechner gespielt? Oder heruntergeladen?«
»Sieht nicht so aus.«
Sie machte eine
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