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ihn dann genauso behandeln, wie er es mit uns getan hat.«
»Was willst du machen? Ihn in eine Falle locken? Und umbringen?«
»Wäre nicht das Schlechteste.«
»Shrini, bitte, Mann, beruhige dich. Wir sind doch keine Mörder.«
»Ich sag’s nur ungern, Alter, aber genau das sind wir jetzt wohl. Als Gordon das Mädchen erschossen hat, wurden wir alle zu Mördern.«
»Wer hätte ahnen können, dass Gordon so etwas tut?«
»Das ist ganz egal. Wenn sie uns erwischen, werden wir alle wegen Mordes angeklagt. So ist das Gesetz.«
»Sie werden uns nicht erwischen«, behauptete Dan stur, aber er war nicht einmal sicher, ob er das selbst glaubte. Dass Joel Gordon erschossen hatte, änderte alles. Er hatte es bisher nicht geschafft, sich bewusst zu machen, welche Konsequenzen das nach sich ziehen würde. Jedes Mal, wenn er es versuchte, schien sein Hirn einfach abzuschalten.
»Ich bin immer noch dafür, dass wir uns Gewehre besorgen«, erklärte Shrini, klang jetzt aber eher störrisch als wütend.
»Wenn wir das tun, werden es am Ende noch wir beiden sein, die dabei draufgehen. Joel ist ein paranoider Sack. Der kann wahrscheinlich riechen, dass wir draußen sind. Geben wir ihm ein bisschen Zeit, dann wird sich alles fügen.«
Shrini wollte widersprechen, schlug aber stattdessen ein weiteres Mal auf das Lenkrad. Sie waren nur noch gut einen Kilometer von Gordons Wohnung entfernt. Als Joel Dan befohlen hatte, Gordons Wagenschlüssel einzustecken, war Dan eingefallen, besser auch seine Geldbörse mitzunehmen. Jetzt, wo die Polizei über Gordons Leiche stolpern würde, musste er sicherstellen, dass nichts in Gordons Wohnung ihn mit dem Banküberfall in Verbindung brachte. Und er musste hoffen, dass Gordon keine weiteren Ausweispapiere bei sich getragen hatte oder sonst etwas, das die Polizei innerhalb der nächsten Stunde zu seiner Adresse führen würde.
Shrini hielt auf einem der Besucherparkplätze. Sie sahen einander an, dann holte Dan tief Luft und nickte. Es bestand zwar das Risiko, dass jemand sie Gordons Wohnung betreten sah, aber ihnen blieb nichts anderes übrig. Sie beeilten sich. Shrini hielt sich etwa dreißig Meter hinter Dan, während sie über einen Vorplatz zum Seiteneingang liefen. Dan schaute hoch, konnte aber niemanden entdecken. Als sie den Eingang erreicht hatten, fummelte er eine gefühlte Ewigkeit mit den Schlüsseln herum, bevor er die Tür aufbekam. Er hielt die Tür lange genug auf, dass Shrini ihm folgen konnte, dann marschierte er zu Gordons Wohnung, und diesmal gelang es ihm ohne Probleme, die Tür zu öffnen. Im Flur lehnte er sich gegen die Wand, sein Herz hämmerte in der Brust. Sekunden später war auch Shrini da.
»Glaubst du, jemand hat uns gesehen?«, fragte Dan atemlos.
»Entspann dich, Mann, es ist fünf vor halb vier. Kein Mensch ist hier.«
Dan hielt sich den Bauch und kam langsam wieder zu Atem. »Okay«, sagte er, »ich muss mich erst mal abschminken. Du überprüfst währenddessen Gordons Computer und löschst alle Bilder von Lombardo. Außerdem das anonyme E-Mail-Konto.«
»Hast du vielleicht noch ein paar Anweisungen für mich?«
»Jetzt komm schon, Mann, wir haben keine Zeit, uns hier rumzustreiten.«
Shrini zeigte mit dem Finger auf Dan und öffnete bereits den Mund, um zu meckern, aber dann schluckte er doch herunter, was er hatte sagen wollen. Er schüttelte den Kopf und setzte sich vor den Computer. Dan sah einen Augenblick zu, gelähmt von ungeheurer Furcht. Dann nahm er alle Kraft zusammen und zwang sich, ins Bad zu gehen. Als er dort sein Spiegelbild sah, lachte er auf. Ohne Perücke und Gesichtsbehaarung sah er aus wie eine merkwürdige Mischung aus sich selbst und Raymond Lombardo.
Das Gummigemisch zu entfernen war schwieriger, als er gedacht hatte. Das verdammte Zeug ging einfach nicht ab. Er schrubbte mit der Flüssigkeit, die Gordon ihm gegeben hatte, aber das schien nicht zu helfen. Am Ende musste er den Rest mit einer Nagelfeile abkratzen. Als er fertig war, bemerkte er die dunklen rötlichen Flecken an Kinn, Kiefer und Nase.
Verdammt noch mal, dachte Dan, was denn noch? Frösche, Heuschrecken, schwarze Blattern? Immer her damit!
Er starrte sich noch einen Augenblick im Spiegel an, dann fügte er sich den Gegebenheiten und ging zurück zu Shrini.
»Du hast da einen bösen Ausschlag im Gesicht«, sagte der, nachdem er Dan von allen Seiten betrachtet hatte.
»Ja, ich weiß.«
»Sieht aus, als käme das vom Make-up. Das ist nicht
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