28 Tage lang (German Edition)
getötet!»
Mordechai bedeutete Pola, einer Kämpferin, die einst Ballerina werden wollte, zu einem der Eingänge zu gehen. Pola wusste genau, was sie tun sollte. Sie eilte zu dem Loch, räumte etwas Geröll beiseite und schoss.
Das war unsere Antwort.
Pola rannte wieder von dem Eingang weg, war es doch klar, was die Deutschen als Nächstes tun würden. Sie warfen eine Handgranate durch das Loch in den Bunker. Die Explosion erschreckte alle, verletzte aber nur drei Zivilisten leicht.
Die Deutschen bohrten darauf weiter mit ihrem schweren Gerät. Wieder rief das Verräterschwein: «Ergebt euch! Ergebt euch! Ich schwöre bei Gott, dann wird euch nichts passieren!» Niemand konnte seinen Worten glauben.
«Was ist das?», fragte Izak auf einmal.
Ich wusste erst nicht, was das Wiesel meinte.
«Was ist das?», fragte er noch panischer.
Da roch ich es auch.
Der Gestank war erst ganz schwach.
Dann wurde er stärker.
Und wir begriffen alle, was es war.
«Gas!», schrie jemand.
«Raus hier! Raus hier!», wies Ascher seine Leute an.
«Ich dachte, ihr bleibt bis zum letzten Augenblick hier», rief der fiebernde Avi von seinem Krankenlager.
«Hier sterben wir, draußen haben wir eine kleine Restchance zu überleben!», erwiderte Ascher und machte sich, gefolgt von etwa hundert keuchenden und hustenden Zivilisten, daran, aus dem Bunker zu krabbeln.
Die Deutschen schossen nicht auf sie. Das Schicksal dieser Juden war also der Gang in die Gaskammern.
Wir Kämpfer blieben in der unsrigen. Auch einige der Zivilisten wie Daniel und seine kleine Rebecca. Insgesamt waren wir vielleicht noch hundert.
«Was sollen wir machen?», fragte Pola.
«Wir erschießen uns!», antwortete Avi.
«Was?» Ich konnte es nicht fassen, und Pola fragte entsetzt: «Bist du verrückt?»
«Wir machen es wie bei Masada. Lebend sollen die uns nicht bekommen!»
«Ja, lebend sollen sie uns nicht bekommen», erwiderte Pola, «aber wir sollten im Kampf sterben! Ich sage: Wir gehen raus und werden beim Töten getötet!»
Avi hielt dagegen: «Die blockieren alle Eingänge. Wir können also nicht rausklettern und sie unbemerkt angreifen. Wir können nur einzeln durch einen der bewachten Eingänge gehen. Da kannst du höchstens einmal schießen und wirst dann abgeknallt. Außerdem haben wir keine Munition, um zu kämpfen. Die reicht gerade noch aus, um uns selbst zu erschießen.»
«Wir müssen es dennoch versuchen», widersprach Pola.
Mir missfielen beide Optionen. Obwohl ich wusste, dass das Ende gekommen war, auf das ich mich schon monatelang vorbereitet hatte, wollte ich nicht sterben. Weder im Kampf noch durch die eigene Hand, erst recht nicht durch das Gas. Amos war nicht an meiner Seite.
Auch Mordechai gefiel beides nicht: «Wir sollten nicht freiwillig sterben, wenn wir noch die Chance haben zu überleben …»
«Die ist doch eins zu einer Million!», widersprach Avi, dessen Plan, sich selbst umzubringen, in etwa – das meinte ich, an den Gesichtern ablesen zu können – so viele Kämpfer befürworteten wie Polas Vorschlag, im Kugelhagel zu sterben.
«Besser als nichts!», erwiderte Mordechai entschlossen. «Solange es die Möglichkeit gibt weiterzukämpfen, gehen wir nicht in den Tod. Weder auf die eine noch auf die andere Art.»
«Aber das Gas …», gaben Pola und Avi gleichzeitig zu bedenken.
Es strömte immer mehr davon in den Bunker. Unsere Augen begannen zu tränen.
«Wasser kann die Wirkung von Gas mindern», erklärte Mordechai, «wir tränken Tücher mit Wasser und halten sie uns vor den Mund.»
Er selbst fing damit an und tauchte ein Tuch in eine verschlammte Pfütze. Ich folgte seinem Beispiel. Auch einige weitere Kämpfer taten es, aber es waren nur wenige.
Mit dem Tuch vor dem Gesicht gab Mordechai einigen Kameraden den Auftrag, nach einem unbewachten Ausgang zu suchen, wohl wissend, dass es den nicht gab.
Avi richtete sich indessen auf, zog sein verletztes Bein beim Gehen nach und ging in die Kammer Mauthausen. Wir hörten einen Schuss.
Andere Kämpfer machten es ihm nach.
Eine blasse, auf edle Art schöne Kämpferin namens Sharon verteilte indessen die letzten Zyankalikapseln an ein paar der Kinder. Sie alle schluckten sie. Die kleinen Körper verkrampften sich, zuckten, dann verließ sie das Leben. Ein weniger qualvoller Tod als der durch Gas.
Sharon ging nun auch zu Daniel und Rebecca.
Sie war ein wunderschöner Todesengel.
Daniel zögerte, ob er die Kapsel für die Kleine annehmen sollte, griff
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