2938 - Versteck dich, wenn du kannst!
vor einigen Monaten als Redner angefragt. Zunächst wollte er nicht, aber dann hat er im letzten Moment doch noch zugesagt. Ja, ich bin sicher, am Freitag um die genannte Uhrzeit wäre er mit seinem Beitrag dran gewesen.«
»Wissen Sie, worüber er reden wollte? Kennen Sie das Thema, den Text?«
Sonia kannte nur das Thema, die Überschrift des Beitrags lautete Ethik und Forschung. Möglichkeiten und Grenzen der Übereinstimmung . Wie genau Clarke dieses Thema inhaltlich aufgearbeitet hatte und welche Kernthesen er dazu ausführen wollte, darüber wusste sie nicht viel.
»Er hat immer nur zu Hause daran gearbeitet, alles muss auf seinem Notebook gespeichert sein.«
»Das ist verschwunden. Bitte denken Sie nach. Könnte er noch irgendwo Notizen dazu hinterlegt haben?«
Wirkte Sonia am Anfang des Gesprächs nervös und fahrig, schien sie auf einmal sehr nachdenklich. Sie verneinte ausdrücklich, Details über die Inhalte von Clarkes Rede zu wissen, sagte aber zu, mich anzurufen, sollte ihr dazu noch etwas einfallen. Ich bedankte mich bei ihr und legte wieder auf.
»Dass er sterben musste, hat was mit seinem Job zu tun«, sagte ich zu Phil, der mich erwartungsvoll ansah. »Wer immer Mariusz Thomson engagiert hat, wollte, dass Clarke vor seiner Rede umgebracht wird.«
Auch Gregory Lasalle, der ungefähr zwei Stunden später zurückrief, konnte nichts Näheres sagen. Wieder verwies er inhaltlich prinzipiell auf den zurzeit im Himalaja wandernden Leiter der Forschungsabteilung. Wenn Clarke sich mit jemandem fachlich abgestimmt habe, dann mit ihm.
»Könnte nicht auch jemand in seinem Team mit ihm an der Rede gearbeitet haben?« Das bezweifelte Lasalle nachdrücklich. Es sei nicht üblich und bedürfe aus Datenschutzgründen einer gesonderten Genehmigung.
»Ganz schön paranoid, diese Pharmaleute«, bemerkte Phil dazu.
»Die haben auch einiges zu verlieren.« Damit drehte ich Phil die Website zu, die ich aufgerufen hatte. »Der Forschungspreis für innovative Projekte, der S&T Pharmazeuticals verliehen wird, ist mit einer hohen Summe an Fördermitteln verbunden. Das Unternehmen erhält darüber hinaus jedes Jahr mehrere Millionen Dollar an Subventionen, da es sich verpflichtet hat, nach besonderen ethischen Standards zu arbeiten. Ein langer Weg für ein doch recht kleines Unternehmen, das auch noch in privater Hand ist.«
»Da hat man es nicht gern, wenn die Firmeninterna nach draußen getragen werden.«
»Ja, Phil, du sagst es. Die Herren Stapleton und Terry müssen sich gegen die Konkurrenz mächtiger multinationaler Konzerne durchsetzen, sodass sie mit Argusaugen über ihre Firma wachen.«
Doch an diesem Abend konnten wir nichts mehr tun, und so beschlossen Phil und ich, den Tag bei einer Pizza im Mezzogiorno zu beschließen.
***
Am Sonntagmorgen weckte mich mein Mobiltelefon.
»Agent Cotton?« Es war die atemlose Stimme von Sonia Perkins. »Ich muss Sie dringend sprechen. Können Sie mich gleich treffen?«
»Miss Perkins, es ist Sonntag und ich bin in New York«, erinnerte ich sie.
Zu meiner Überraschung sagte sie mir, sie sei soeben hier gelandet.
»Ich nehme mir ein Taxi in die Stadt. Sagen Sie mir, wohin ich kommen soll. Wir müssen über etwas reden.«
Was mochte so wichtig sein, dass sie es mir nicht auch am Telefon sagen konnte?
Ich nannte ihr die Adresse eines kleinen Cafés in der Nähe meines Apartments. Dann sprang ich unter die Dusche, brühte mir einen starken Kaffee und verließ einige Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt das Haus.
Der Tag war windig und kühl, dennoch waren viele Menschen unterwegs, etliche davon kamen von einem Flohmarkt und schleppten allerlei Dinge mit sich, die auf den ersten Blick wie Gerümpel aussahen und auf eine Generalüberholung und eine zweite Chance hofften.
Sonia Perkins hockte zusammengesunken und mit tiefen Schatten unter den Augen auf einer rot gepolsterten Bank, vor ihr auf dem Tisch stand ein Becher heiße Schokolade mit einem riesigen Berg Sahne darauf. Sie hatte die Hände darum gelegt und sah mich ernst an, als ich auf sie zukam.
»Miss Perkins, Sie hätten in Tacoma bleiben sollen. Was machen Sie hier in New York?«
»Mir ist etwas eingefallen«, sprudelte es aus ihr heraus, kaum dass ich mich gesetzt hatte.
»Hätten wir das nicht am Telefon besprechen können?«
Sie schüttelte langsam den Kopf und leckte sich dabei nervös über die Oberlippe.
»Durch den Anschlag auf mich und das, was Sie gestern am Telefon sagten, wurde mir klar,
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