2941 - Die Zeit läuft ab
Ohren klang es nach einer Ausrede. Doch Lomax reagierte kooperativ und gab bereitwillig Auskunft.
»Wir mieten je nach Bedarf Serverkapazitäten hinzu, Agent Clark. Diese Angaben finden Sie natürlich auch bei der Aufstellung, die wir an Ihr Büro geschickt haben«, antwortete er.
Sie dankte ihm und machte Anstalten zu gehen.
»Begleiten Sie Agent Clark bitte zum Ausgang, Carrie. Ich möchte nicht, dass ihr etwas zustößt«, sagte Lomax.
War das eine versteckte Drohung? Doch die unscheinbare Frau neben Lomax strahlte nun wirklich keine Gefahr aus, sodass June es schweigend akzeptierte. Carrie ging voraus und wählte den gleichen Weg, den June vorher bis zu den Büros gegangen war. Ihnen begegneten immer wieder Angestellte, die meistens die Frau freundlich grüßten. Schließlich erreichten sie die Tür, die Carrie zuvorkommend für June öffnete.
»Vielen Dank für die Begleitung«, verabschiedete sie sich.
»Wir sind doch noch gar nicht am Ziel angekommen«, erwiderte diese.
June war bereits durch die Tür ins Freie getreten und wandte sich noch einmal zu Carrie um. June schaute sie verblüfft an.
»Was meinen Sie denn damit?«, fragte sie.
Im nächsten Augenblick traf sie ein harter Schlag im Nacken und ihre Beine gaben nach. Im Fallen erkannte June, wie clever Lomax und Carrie sie in die Irre geführt hatten. Kräftige Männerarme fingen sie auf und dann verlor June endgültig das Bewusstsein.
***
Die erste Adresse in der Hudson Street erwies sich als Fehlschlag. Phil und ich saßen bereits wieder im Jaguar.
»Nur noch siebzig Minuten, bevor auch das zweite Ultimatum abläuft«, stellte Phil fest.
Es war unvermeidlich, dass wir immer öfter die verbleibende Zeit nachrechneten. Der Druck war enorm und gleichzeitig spürte ich eine zunehmende Lähmung. Die wenigen Stunden Schlaf machten sich immer stärker bemerkbar.
Es wäre normalerweise längst eine Pause fällig gewesen, doch das unerbittlich ablaufende Ultimatum ließ das schlicht und einfach nicht zu. Ich fuhr mit der Hand über mein Gesicht und starrte verdrießlich durch die von Regentropfen verschleierte Windschutzscheibe.
»Die zweite Adresse befindet sich in der südlichen Bronx. Wir könnten es zwar noch schaffen, aber danach ist die Frist so gut wie verstrichen«, sagte ich.
Mein Partner zuckte ebenfalls nur ratlos mit den Schultern. »Welche Alternativen haben wir?«, fragte er.
Dazu fiel mir leider nicht mehr als ein Anruf im Field Office ein. Doch die Auskünfte von dort brachten uns auch nicht weiter.
»June und Blair mussten sich trennen. Vermutlich ahnt Lomax, dass wir ihn beschatten, und spielt mit den Kollegen«, teilte ich mit.
Phil schüttelte verärgert den Kopf. »Halver sollte endlich diesen verdammten Fonds einrichten! Er kann ihn später wieder auflösen oder die Auszahlungen verzögern, aber das Ultimatum wäre aus der Welt«, stieß er hervor.
Wir konnten schlecht auf die Einsicht beim Präsidenten von MedFuture setzen, daher startete ich die Viper-Maschine und ließ sie aufheulen. Phil schaltete automatisch die Warnleuchten und die Sirene ein, bevor ich den roten Flitzer in den zäh fließenden Verkehr steuerte.
»Dann machen wir also einfach weiter?«, fragte er.
»Falls du keine besseren Vorschläge hast, bleibt uns kaum eine andere Wahl«, erwiderte ich.
Wir erreichten das Hochhaus in der Bronx früher als gedacht. Beim Aussteigen warf ich einen Blick auf die fleckige Fassade, die zu dem Erscheinungsbild der restlichen Straße passte.
»Nicht gerade die beste Gegend«, stellte Phil fest.
»Vermutlich geht Oldman davon aus, dass man ihn hier nicht so schnell vermuten würde«, erwiderte ich.
Angesichts der nur noch vierunddreißig Minuten, die von der zweiten Frist noch übrig geblieben waren, mussten wir schnell vorgehen. Im Haus fanden wir den üblichen Anschlag neben den verbeulten Briefkästen, auf dem die Anschrift des Hausmeisters stand. Wir hatten Glück.
»Er hat seine Wohnung im vierten Stockwerk«, sagte ich.
Trotz einiger Bedenken stiegen wir in den wenig vertrauenswürdig wirkenden Fahrstuhl und fuhren hinauf.
»Es muss die Tür sein«, sagte ich.
Bereits beim Verlassen des Fahrstuhls fiel mein Blick auf die Zahlen auf der zerschrammten Holztür. Es gab keinen Klingelknopf, daher schlug ich kurzerhand mit der Faust gegen die Tür.
»Lebensmüde oder was?«
Der Hausmeister entpuppte sich als Riese mit einer Alkoholfahne, die mich schnell einen Schritt zurückweichen ließ. Phil und ich
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