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313

313

Titel: 313 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Tewaag
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frag ich.
    »Dann hast du wahrscheinlich ein Problem.«
    Und ich frag: »Hast du das schon mal gemacht?«
    Jetzt sitzt der Typ nur ein paar Meter von uns weg mit seiner Frau an einem Tisch und guckt so provozierend zu mir rüber. Keine Ahnung, ob ich ihm trauen kann, aber gerade hab ich eine fantastische Laune, obwohl ich im Gefängnis sitze, locker zehn von zehn Punkten würde ich sagen. Also weise ich meine Süße mal dezent auf die Toiletten da hinten in der Ecke hin und erkläre ihr meine Idee.
    Sie sagt natürlich gleich: »Hey, hast du sie nicht mehr alle? Spinnst du? Wenn das jemand mitbekommt!«
    Aber ich tue ganz locker: »Ich weiß gar nicht, was du hast. Wie viele Frauen können schon von sich behaupten, dass sie Sex im Gefängnis hatten.«
    Sie wird ein bisschen weiß im Gesicht, aber sie denkt nach.
    »Ja, nee, aber das ist zu krass. Vielleicht nächstes Mal.«
    »Hey, das ist dein erstes Mal im Gefängnis und dann gleich Sex, da kann keine von deinen Freundinnen mithalten.«
    »Aber die anderen Leute, die kriegen das doch voll mit.«
    »Das ist mir doch scheißegal.«
    Also stehen wir auf, gehen auf die Toilette. Sie hat total Lust, ich hab total Lust. Meine Maus ist da, und wir haben Sex. Mir geht’s so gut. Danach, keine Ahnung, müssen wir lachen. Wahrscheinlich haben das alle anderen mitgehört. Normalerweise gucken die Leute ja immer schon interessiert, wenn sich bloß einer vom Tisch erhebt, obwohl er gerade Besuch hat. Aber jetzt steht gleich das nächste Pärchen auf und geht zusammen auf die Toilette. Was das bedeutet, musst du dann auch dem dümmsten Knacki nicht mehr erklären.
    Als wir uns gerade wieder hinsetzen, geb ich dem Typen aus der Bibliothek demonstrativ einen Blick. Er macht so eine Geste, als ziehe er den Hut vor mir, und im nächsten Moment steht er auf und verschwindet mit seiner Alten auf der Toilette.
    »Willst du eine rauchen?«, frag ich meine Süße.
    Und sie voll ironisch: »Ja, super, die Zigarette danach.«
    Wir setzen uns vor den Speisesaal auf die Treppe und machen uns eine Zigarette an. Das ist alles so absurd. Du sitzt mit deiner Freundin in einem Gefängnis mit der höchsten Sicherheitsstufe, sie trägt zivile Klamotten, du trägst zivile Klamotten, es ist kalt, die Sonne scheint, du rauchst und hattest gerade Sex. Ich freue mich extrem, dass wir so ein gutes Paar sind und Sachen durchziehen, die sich andere – wenn überhaupt – erst beim sechsten Besuch trauen.
    »In zwei Wochen bin ich zum ersten Mal draußen, dann sehen wir uns. Dann noch mal dieselbe Zeit, und ich bin Freigänger. Das ist nichts, gar nichts, uninteressant, sag ich dir, interessiert nicht.«
    Und sie so: »Supergut.«
    Wir stehen auf, weil die Stunde Besuchszeit gleich um ist. Ich muss sie wieder über den Hof zur gelben Linie bringen. Jetzt werden wir doch kurz traurig, aber nicht dramatisch. Wie gut, dass wir heute Sex hatten, denke ich noch mal, wahrscheinlich war das sogar schon die letzte Chance, bevor ich draußen bin.
    »Ich schreib dir pro forma noch mal ’n Besuchsschein aus«, sag ich, »aber ich glaub nicht, dass wir den brauchen werden.«
    Nach dem Abschied schlendere ich über den Hof zu Haus C zurück. Ich bin so wahnsinnig gut gelaunt. Irre, wie gut gelaunt ich bin. In dieser verfickten JVA Sex gehabt zu haben. Keine Frage, dass das illegal ist, darüber muss man gar nicht reden. Aber allein der Gedanke daran. Minuten später lauf ich schon mit erhobenen Armen, Victory-Zeichen machend, bei Dragan und Miro auf der Zelle ein.
    Dragan gleich so: »Alter, hast du sie noch alle?«
    »Wieso?«
    »Oli, da kann jederzeit ein Beamter reinkommen.«
    »Is’ aber nicht.«
    »Und wie viel Gefangene haben bitte gesehen, dass ihr da reingegangen seid?«
    »Naja, halt die Leute, die Besuch hatten.«
    Da hält mir Dragan plötzlich ’ne riesen Standpauke von wegen, dass sowieso schon der halbe Knast über mich ablabert, und wann ich endlich kapiere, was das hier eigentlich für ’ne krasse Waschweiberveranstaltung ist. Dabei weiß ich das längst. Ich war nur am Anfang so blöd zu denken, dass ich es hinter Gittern mit sehr harten Leuten zu tun kriege, die einen wahnsinnig hohen Ehrenkodex haben, wo es richtig krasse Regeln gibt und gewisse Sachen völlig ausgeschlossen sind. Inzwischen ist mir klar, dass die Leute zum Teil extrem eifersüchtig, missgünstig und auf sich selbst bedacht sind. Gerade stehst du noch witzig mit ’ner Gruppe rum, im nächsten Moment wird über dich hergezogen,

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