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gekommen, ich weiß noch genau, wie beklemmend das war. Auf einmal hab ich Angst, dass der Kleinen das alles zu viel werden könnte und sie einfach abhaut.
Da öffnet sich die Panzertür, zwanzig, dreißig Leute drängen in den Hof. Ein Pulk aus Männern, Frauen, Müttern mit Kindern kommt auf uns zu, alle suchen schon nach ihren Leuten. Ein unglaublicher Moment. Den hätte ich gern auf Video. Jetzt sehe ich meine Süße. Sie trägt ihren langen, engen Mantel, ihr Haar fällt ihr auf die Schulter. Sie ist so schön in dieser hässlichen Umgebung. Ich winke. Sie sieht mich, sie läuft auf mich zu. Jetzt fragt sie sich bestimmt, warum ich ihr nicht entgegengehe, aber wir dürfen die Linie nicht übertreten, und ich kann nicht einfach über den Hof brüllen, dass ich hier stehen bleiben muss.
Sie sagt: »Hallo Baby.«
Wir fallen uns in die Arme und drücken uns aneinander. Mein Herz schlägt, als wär ich ein Kaninchen, auf das ein Raubvogel zuschießt und mit seinen Krallen packt. Ich muss aufpassen, dass ich nicht sofort losheule. Ihr kullert eine Träne über die Wange, ich schieb sie so mit dem Finger weg. Jetzt lacht und weint sie gleichzeitig.
»Dann werd ich dir mal die Anstalt zeigen«, sage ich. Muss aber an der Linie stehen bleiben und mache den Verkehrspolizisten. Zeige ihr mit dem Finger – hier die Kaninchen, da die Metzgerei, dort mein Haus – und führe sie dann direkt zum Speisesaal. Noch so eine Regel. Wir dürfen den Besuch nicht küssen, keine sexuellen Handlungen an ihm vornehmen und ihn auf dem Hof auch nicht anfassen. Ich nehme meine Süße trotzdem an der Hand und hab ein ziemliches Grinsen drauf, als ich sie an Stacheldraht und Suchscheinwerfern vorbeiführe. Mir fällt gerade ein riesiger Stein vom Herzen, dass es sie überhaupt noch gibt, einfach so, es gibt die Person noch.
»Du bist ja eigentlich genauso wie draußen«, sagt sie.
Und ich: »Ja, ich werd hier nicht gequält. Alles gut.«
Ich habe meinen Job in der Metzgerei, ich lese Bücher, die ich in der Bibliothek ausleihe, ich habe mich in einer Sportgruppe angemeldet und spiele jeden Nachmittag Tischtennis. Ich kenne meine Leute auf dem Gang, Dragan, Miro, die alte Schildkröte, und das Paket mit dem Wecker und der Nachttischlampe ist inzwischen auch angekommen, tabakmäßig bin ich also gut versorgt. Wir gehen in den Speisesaal und schnappen uns einen Tisch für uns alleine. Die ersten zehn Minuten reden wir gar nicht groß, sondern verbringen sie nur Arm in Arm. Die Kollegen machen das ganz ähnlich. Ich denke, so was gibt es draußen gar nicht, solche Räume, in denen die Leute alle so still miteinander sitzen wie wir gerade hier.
Als wir uns ein bisschen aneinander gewöhnt haben, komme ich ihr mit guten Nachrichten. Klar, ich hab noch nichts Schriftliches, aber so wie ich, mein Anwalt und auch Dragan das abschätzen, werd ich in zwei, spätestens drei Wochen das erste Mal für ein paar Stunden rausdürfen. In vier Wochen müsste ich Freigänger werden. Das heißt, noch einen Monat überleben, dann gehe ich jeden Tag raus arbeiten, und wir können uns sehen, wenn sie mich besuchen kommt. Mein Anwalt sagt, wenn der Richter von den anderen Bewährungen keine mehr widerruft, bin ich nach vier weiteren Monaten ein freier Mann.
Meine Süße lacht, weil das auf einmal nach Zeiträumen klingt, die überschaubar sind, und wo wir beide grad so bester Dinge sind, lande ich gleich noch die nächste Nummer.
»Dann lass uns jetzt mal was Verbotenes machen.«
Sie weiß zuerst gar nicht, was ich meine.
Ein paar Tage zuvor hatte ich den Bibliothekar der Bücherei kennengelernt. Er sitzt schon seit drei Jahren und hat den Job für sich alleine, er darf sogar zwischen den Regalen schlafen und muss eigentlich nur hier und da mal ein Buch einsortieren. Ich unterhalte mich also mit ihm, und irgendwie kommen wir drauf, dass meine Freundin mich am Sonntag zum ersten Mal besucht.
Und er so: »Kennst du die beiden Toiletten im Speisesaal?«
Und ich: »Ja, und?«
»Naja, kannst du dir doch denken.«
Ich weiß zuerst nicht, was er meint. Da erzählt der Typ, dass während der Besuchszeit keine Beamten dabeistehen, dass es im Speisesaal keine Kameras gibt und die Scheiben nach außen hin leicht verspiegelt sind. Die beiden letzten Sachen wusste ich selber. Aber ich komme, wie meine Süße, immer noch nicht drauf.
Da sagt er: »Hallo? Zentrale? Hast du keinen Bock, mit deiner Freundin rumzumachen?«
»Und was, wenn dich da jemand erwischt?«,
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