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313

313

Titel: 313 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Tewaag
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Mann.«
    Ich hau ihm noch ’ne Kelle drauf, weil ich denke, der Typ ist jetzt drei Tage da, der kann die Sprache nicht richtig, der braucht noch ’n bisschen Zeit, um zu lernen, wie die Dinge hier ablaufen. Aber dann lässt er beim Weggehen so seinen Ellenbogen stehen, dass er unseren Arab anrempelt. Der Arab, ein hochgefährlicher Mann, muss unheimlich groß im Heroinhandel gewesen sein, redet aber nie über seine Straftaten. Bei dem weißt du einfach, dass er sehr lange sitzt, sehr verschwiegen, sehr ruhig, sehr freundlich, passt wunderbar auf unsere Station, berührt nie jemanden.
    Der Arab schaut auf, und alle schauen den Arab an, nur der Pole torkelt so weiter, als sei nichts gewesen. Der dreht sich nicht um, da kommt keine Entschuldigung, gar nichts.
    »Alter«, sagt Wlad zu ihm, »kannst du nicht machen.«
    Der Wlad mischt sich normalerweise nie in so was ein. Er kann nur eins nicht leiden, und das ist unhöfliches Verhalten.
    Doch der Pole prollt weiter: »Was geht dich das an?«
    »Ich sag dir nur Warnung«, meint Wlad.
    Leider versteht der Pole es offenbar nur, wenn es ihm einer richtig zeigt. Dafür haben sich ihm jetzt schon zwei Lehrmeister angeboten. Vielleicht ist er so was wie ein Schmerzforscher.
    Am Nachmittag besuche ich eine neue Vorstellung der Gonzo-Show. Diesmal geht es darum, wie der Gonzo sich einmal von seinem Dealer die doppelte Menge Gras hat aufschwatzen lassen, weil er meinte, dass damit das Geschäft größer wird.
    Er steht in unserer Zelle wie ein Stand-up-Comedian auf der Bühne. Seine Ohren leuchten rot im Gegenlicht. Wlad, Andi und ich haben unsere Plätze eingenommen. Es geht los.
    »Hab ich mir gesagt: Gut, machst du keine dreißig, machst du sechzig Kilo. Aber dann, du trägst die Scheiße, das wiegt. Ich stehe in der U-Bahn, hab mir extra Ticket gekauft. Ich denk: Heide, Heide, was ist das für ’ne Scheiße, das ist ja Arbeit. Aber kannst du nicht stehen lassen, Freund anrufen, nichts. Ich mit den Taschen durch die U-Bahn, Schweißausbruch, hab ausgesehen wie Junkie. Alle Leute gucken mich an, reißt von der einen Tasche der Henkel ab. Die Platten sind gut verpackt, aber die Naht ist gerissen, und dann hat’s gestunken auf einmal. Ich denk: Scheiße, Alter, wer das nicht riecht. Überall ist der Geruch, und ich denk: Warum warst du nicht zufrieden mit dreißig Kilo?«
    So redet der Gonzo, immer weiter, während ich vor Lachen auf dem Tisch liege, der Andi liegt auch auf dem Tisch, wir können nicht mehr, nur der Wlad sitzt da und hat ein Gesicht aus Beton.
    Ich hau ihn an: »Mensch, Wlad, jetzt lach doch mal!«
    Aber er: »Was soll ich da lachen? Das ist traurig.«
    Und ich: »Aber Wlad, ist doch saulustig, wie er das erzählt.«
    Aber er: »Nein, ist nicht lustig, was er erzählt, ist große Katastrophe. Der Kerl ist ein Idiot.«
    Und jetzt schaltet sich der Andi ein: »Kannst du dem Gonzo nicht ’nen Job geben, Wlad, wenn er wieder raus ist?«
    Aber er: »Kann ich gleich gehen zu Herrn Karl und sagen: Darf ich noch bleiben zehn Jahre mit Sicherheitsverwahrung?«
    Die Stimmung ist also wieder sensationell, als der Andi und ich noch mal in die Gemeinschaftsküche losziehen, um ein paar Hähnchenflügel in die Röhre zu schieben. Es ist so gegen fünf, in der Küche sind nur ein paar Piccos und der Arab. Der Arab ist dafür bekannt, dass er sehr, sehr gut kocht und zwar nur für sich allein. Er hat auch schon seine ganzen Lebensmittel neben dem Waschbecken aufgebaut, Wurst, Käse, Oliven, Salat, alles nur vom Feinsten, als der Pole in die Küche kommt. Er geht zur Spüle, schiebt dem Arab die Sachen zusammen und dreht den Wasserhahn auf, um sein Besteck abzuspülen, und natürlich spritzt er dem Arab das Essen mit Wasser voll.
    Darauf sagt der Arab: »Entschuldige, warum machst du das?«
    Er spricht ganz leise, und es ist, soweit ich mich erinnere, das erste Mal, dass ich ihn überhaupt hab reden hören.
    Der Pole guckt den Arab nur an und murmelt was.
    Da wird der Arab noch leiser: »Tust du mir einen Gefallen bitte? Komm nicht in die Küche, wenn ich koche, ja?«
    Jetzt kriegt der Pole die Zähne auseinander und rülpst so los: »Fick dich, halt die Fresse, ich mach hier meine Sachen sauber.«
    Im nächsten Moment kracht es.
    Der Arab gibt dem Polen drei Dinger mit Vollgas ins Gesicht. Die Piccos rennen aus der Küche. Der Andi und ich stehen daneben, mit Haut so heiß wie unter der Sonnenbank. Da nimmt der Arab den Mülleimer, der ist aus Metall, und schlägt ihn dem

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