33 - Die Werwölfe von Kregen
einen schnellen Tod will ich euch gönnen. Aber laßt euch eins sagen: Kov Seg Segutorio ist nicht die Ursache dieser Werwolfplage. Er ist kein Zauberer. Wäre er das, wärt ihr wegen eurer Dummheit vielleicht längst in kleine grüne Kröten verwandelt worden.«
Die beiden standen vor mir und sahen sehr mitgenommen aus. Sie kamen gar nicht auf den Gedanken, die Flucht ergreifen zu wollen, noch weniger wäre es für sie in Frage gekommen, mich anzugreifen – sie wußten, was das auf meinem Rücken hängende Krozair-Langschwert anrichten konnte.
Daß ich die hervorragende Waffe benutzt hätte, stand für mich fest. Hier ging es um die Gerüchte, die meiner eigenen Glaubwürdigkeit sowie der meiner Freunde so großen Schaden zufügten.
Ich entließ Nath und Mondo mit einer Aufforderung zur Zurückhaltung. Dann forderte ich sie auf, den Kopf nicht hängen zu lassen, denn bestimmt würden wir über die Gancharks siegen. Sie schlichen davon und sahen aus, als wären sie aus großer Höhe von einer Klippe gestürzt.
Ich hatte die beiden nicht angefaßt, aber das altbekannte Gesicht, das mich verändern kann, das Gesicht, das als Prescotsches Teufelsgesicht berüchtigt ist, mußte seine ganze böse Macht entfaltet haben.
Die Entscheidung, Seg von dem Gespräch nichts zu erzählen, fiel mir leicht; mich daran zu halten, war allerdings schon problematischer.
Auf dem Rückflug nach Falanriel sagte Seg auf seine täuschend beiläufige Art: »In dieser Sache gibt es mehr Gerüchte als Fliegen über einer Leiche.«
»Sieht so aus.«
Der Wind blies uns ins Gesicht, die Sonnen schienen, in der Luft lag jene besondere Süße, die sich nur auf Kregen findet – trotzdem durchlief mich ein Schauder des Unbehagens.
»Ja, mein alter Dom«, sagte er, »es sieht so aus, als gäben die Leute dir die Schuld daran. Ich habe das natürlich klargestellt.«
Das konnte ich mir vorstellen.
Und mußte Seg nun natürlich berichten, was Nath und Mondo gesagt hatten.
»O ja, klar doch. Ich habe das auch schon gehört. Aber man legt die Schuld vor allem dir zu Last, Dray, weil die Werwölfe überall dort erscheinen, wo du auftauchst.«
»Das ist doch nur ein Zufall.«
Seg schaute zum Horizont. »Vielleicht, vielleicht aber auch nicht.«
Ich blieb stumm. Offenbar war Seg eine Idee gekommen.
Er fuhr fort: »Wir können natürlich nicht wissen, ob das stimmt oder nicht. Aber gehen wir zunächst mal davon aus, daß es zutrifft. Den Grund dafür werden wir vielleicht nie erfahren. Aber wenn es so wäre, läge darin für uns doch eine klare Spur, eine Chance, ein Hebel, den wir gegen die Werwölfe einsetzen könnten, ja?«
»Wenn es so ist, wenn das Schlimme, das du da andeutest, wirklich stimmt – wie machen wir uns das zunutze?«
»Ich werde mich darüber ein bißchen mit Khe-Hi abstimmen.«
Ich drehte mich zu ihm um. »Ja, Seg, ja. Tu das! Ich gebe zu, die Sache geht mir an die Nieren.«
Zu einem weiteren betrüblichen Zwischenfall kam es kurz nach unserer Landung.
Eines der Mädchen, die zum Opfer eines Werwolfs geworden waren – natürlich wußten wir nicht, ob die von uns erwischten Werwölfe mit jenen identisch waren, die die Untaten begangen hatten –, war ein junges sorgloses Mädchen gewesen, das mit seinem Wesen auch den verhärtetsten Griesgram erweichen konnte. Pansi das Lied, so hatte sie geheißen. Sie hatte in einer gut beleumundeten Taverne in Falanriel gearbeitet und war zerfleischt in einer Gasse aufgefunden worden.
Ihr Vater, Nolro der Jähe, ein kleiner Mann mit einem dichten Büschel vallianisch-braunen Haars und einem wohlgerundeten festen Bauch, reagierte sehr zornig auf den Tod seiner Tochter. Offenbar kannte er einiges von den Geschichten und Gerüchten, die im Umlauf waren. Und er schien seine Wut eine Zeitlang genährt zu haben. Seine Frau war vor langer Zeit gestorben. Nachdem Sasfri ihm genommen worden war, hatten sich seine Hoffnung und Zuneigung allein auf Pansi das Lied konzentriert.
Und nun war sie tot, auf schreckliche Weise einem Werwolf zum Opfer gefallen, den der Herrscher nach Falanriel gebracht hatte.
Wir entfernten uns vom Voller, als Nolro der Jähe, außer sich vor Kummer und Verzweiflung, durch die Reihen der Wächter brach und sich mit einer Eisenstange auf mich stürzte.
Zair sei Dank, daß ich nicht selbst in Aktion treten mußte, sondern nur brüllen konnte: »Tut ihm nichts!«
Meine Burschen rückten zusammen und nahmen dem Mann die Eisenstange weg.
Nolro kreischte hysterisches
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