34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata
gestrecktem Galopp die Richtung nach der Hauptstadt verfolgte.
„Da sehen Sie, daß er doch nach Montevideo will!“ sagte Monteso.
„Er hält diese Richtung nur so lange ein, als wir ihn sehen können. Passen Sie auf!“
Ich nahm mein Fernrohr vom Riemen und richtete es. Der Reiter wurde für das bloße Auge kleiner und immer kleiner, bis er endlich verschwand. Durch das Fernrohr sah ich ihn aber dann auf dem Kamm einer Bodenwelle erscheinen und bemerkte zu meiner Genugtuung, daß er nach links eingelenkt hatte. Ich gab Monteso das Fernrohr und zeigte ihm den Mann.
„Wahrhaftig, er reitet jetzt nach Nord!“ gab er zu. „Sie haben recht, Señor.“
„Er kehrt zurück und wird in einiger Entfernung von hier wieder über das Flüßchen gehen, um uns zu folgen. Sind Sie nun überzeugt?“
„Vollständig.“
„Ich hege nicht den geringsten Zweifel, daß er der Dieb Mateo ist. Läßt er sich vor mir wieder sehen, so werde ich sehr kurzen Prozeß mit ihm machen. Kommen Sie!“
Wir kehrten zum Wagen zurück. Noch ehe wir denselben erreichten, begegneten uns zwei der Peons, welche klugerweise nach der Station wollten, um dort Hilfe zu holen, die Diligence transportabel zu machen. Der Mayoral war mit dem dritten Peon zurückgeblieben. Die Passagiere hatten sich in das Gras gesetzt, um das weitere zu erwarten. Nur der eine von ihnen, welcher das Pferd gekauft hatte, brauchte nicht zu bleiben. Er bat um die Erlaubnis, sich uns anschließen zu dürfen, und sie wurde ihm selbstverständlich gewährt.
Jetzt hob Monteso die Dame auf mein Pferd. Ich merkte gleich, daß sie nicht zum erstenmal in ihrem Leben einen solchen Sitz einnahm. Sie legte beide Arme um mich, und dann konnte der unterbrochene Ritt wieder beginnen.
Während der ersten Viertelstunde saß ich wie auf glühenden Kohlen. Hinter sich eine Señora, in deren Umarmung man sich befindet, und vorn am Sattel einen neuen, aber zusammengedrückten Frühjahrshut, welchen vollständig herzustellen man versprochen hat, das ist eine Situation, an welche man sich nur langsam gewöhnt.
Meine Gefährtin saß natürlich als Dame zu Pferde, beide Füße nach derselben Seite. Das ist ein wahrer Kunstreitersitz, aber ich habe dann später sehr oft Frauen in derselben Weise über die Pampa fliegen sehen, ohne daß sie auf ihrem Sitz nur einen Zoll gerückt wären. Ich sah Frauen, welche sich nicht einmal am Reiter festhielten und doch so sicher saßen, als ob sie sich selbst im Sattel befunden hätten. Wir unterhielten uns ausgezeichnet miteinander, und als wir das Ziel erreichten, war ich ebensogut über ihren Lebenslauf unterrichtet wie sie über den meinigen. Wer vermag es, gegen eine Dame einsilbig und verschwiegen zu bleiben, wenn sie Bildung hat, Teilnahme für einen empfindet und dabei das richtige ‚Plapperment‘ besitzt!
San José hat einen kleinen Marktplatz, an welchem die turmlose Kirche liegt. Gegenüber derselben wohnt der Kaufmann Rixio, der Gemahl meiner Mitreiterin, welche ich bis zu ihrer Tür brachte. Dort stieg sie ab, während ich nach dem nahen Postgebäude ritt, wo die Yerbateros bleiben wollten. Doch mußte ich der Dame versprechen, mich so bald wie möglich bei ihr einzufinden.
Kaum hatte ich mich von dem anhaftenden Staub gereinigt, so kam ein junger Herr, welcher sich mir als Rittmeister Rixio vorstellte und den Auftrag hatte, mich zu seinen Eltern zu bringen. Ich mußte ihm sofort folgen.
Das Haus war groß und geräumig, aber nach europäischen Begriffen nur dürftig ausgestattet. Im Empfangszimmer wurde ich von den Eltern des Rittmeisters erwartet, welche mich mit ausgezeichneter Freundlichkeit willkommen hießen. Die Frau konnte ihrem Gemahl nicht genug rühmen, wie gut ihr der Ritt mit dem deutschen Poeta – sie hielt mich in der Tat für einen Dichter – gefallen habe. Ich wurde in die Fremdenzimmer geführt, von denen ich mir eins auswählen durfte. Dann holte man meine Sachen und sogar mein Pferd. Ich sollte eben im weitesten Sinne des Worts Gast des Hauses sein.
Der Sohn des Hauses lud mich zu einem Spaziergang in den Garten ein, doch fand ich jetzt keine Zeit dazu, denn seine Mutter brachte mir den verunglückten Hut, den ich reparieren sollte. Sie war höchst gespannt darauf, ob mir dies gelingen würde, und jubelte vor Glück, als ich ihn nach einer halben Stunde so hergestellt hatte, daß sie behauptete, er sei sogar noch schöner als vorher. Dann führte mich der Offizier in den Garten. Es gab da einige Pappeln und
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