Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata

Titel: 34 - Sendador 01 - Am Rio de la Plata Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zwei mir fremde Bäume. Von einem im Sommer schattigen oder gar ‚lauschigen‘ Aufenthalt war keine Rede. Diese letztere Bezeichnung ließ sich höchstens auf die Wildweinlaube anwenden, in welcher wir uns niederließen. Der Offizier bat mich um Verzeihung, daß ich einstweilen nur auf seine Gesellschaft angewiesen sei; die Eltern seien zu sehr mit der Vorbereitung zur abendlichen Tertulia beschäftigt. Wir unterhielten uns trefflich. Der junge Mann gefiel mir. Er hatte so etwas Bedächtiges, Gründliches an sich. Ich konnte nicht umhin, ihm zu sagen:
    „Sie scheinen viel nachgedacht zu haben. Das bringt Überzeugung und Ruhe.“
    „O, wenn das ein Vorteil ist, so habe ich es nicht mir selbst zu verdanken. Ich habe einen Lehrer und Freund, dessen aufmerksamer Schüler ich bin. Sie hörten auch von ihm. Ich meine Latorre.“
    „Ah, dieser! Woher wissen Sie, daß ich von ihm hörte?“
    Ein schlaues, überlegenes Lächeln glitt über sein hübsches Gesicht. Er blickte mich schalkhaft an und antwortete: „Ich bemerkte, als ich mich Ihnen im Posthaus vorstellte, in ihren Zügen eine gewisse Spannung. Auch haben Sie zu meiner Mutter von einer Überraschung gesprochen. Ihre Spannung wurde nicht befriedigt, und die Überraschung ist ausgeblieben. Ist es nicht so, Señor?“
    „Genau so!“
    „Sie hatten auf Ihre Ähnlichkeit mit Latorre gerechnet?“
    „Ja. Aber wie können Sie wissen, daß –“
    „Pst! Es gibt überall Agenten und scharf geöffnete Augen. Man sah Sie in Montevideo ans Land steigen. Ihre Ähnlichkeit fiel auf. Sie wurden beobachtet. Ein gewisser Andaro war bei Ihnen. Vielleicht kann man erfahren, was er bei Ihnen gewollt hat. So viel ist gewiß, daß Sie von ihm mit Latorre verwechselt worden sind.“
    „Señor, ich erstaune über das, was ich von Ihnen höre!“
    „Es ist gar nicht erstaunlich. In einem Land, in welchem ein jeder schnell steigen und ebenso schnell fallen kann, ist Vorsicht die größte der Tugenden. Sie wären ganz gewiß von einem der Unserigen besucht worden. Dies unterblieb aber, als man erfuhr, daß Sie nach Mercedes wollen, also über San José kommen mußten. Hier erwartete ich Sie und hätte im Posthaus mit Ihnen gesprochen, wenn nicht das Abenteuer meiner Mutter Sie uns näher gebracht hätte.“
    „Aber, sagen Sie, wie konnte man wissen, daß ich nach Mercedes will? Das wurde erst spät am gestrigen Abend entschieden.“
    „Allerdings, und zwar in einem Spiellokal, in welchem außer Ihnen noch andere saßen, als Sie eintraten, die Ihnen dann aufmerksam zuhörten. Man hatte Sie mit dem Yerbatero gesehen. Man wußte, wo dieser zu verkehren pflegt, und man ahnte, daß er Sie dorthin bringen werde. Doch, da kommt Vater. Lassen Sie uns dieses Gespräch gelegentlich fortsetzen! Sollte es aber Vater für angezeigt halten, jetzt von demselben Gegenstand zu beginnen, so ersuche ich Sie ebenso herzlich wie dringend, ihm keine verneinende Antwort zu erteilen. In Ihrem eigenen Interesse liegt es, daß Sie sich unsere Partei zum Dank verpflichten. Wir können Ihnen bedeutende Vorteile bieten.“
    Das klang bittend und beinahe feierlich. Mich aber befremdete es. Was hatte ich mit seiner Partei zu tun? Sowohl die Blancos oder Weißen, wie auch die Colorados oder Roten waren mir sehr gleichgültig. Wer sich in Gefahr begibt, muß sich darauf gefaßt machen, in derselben umzukommen. Am allerwenigsten fiel es mir ein, die gebratenen Kastanien für andere aus dem Feuer zu holen und mich zum Dank dafür mit jenem wackeren, sprichwörtlich gewordenen Huftier vergleichen zu lassen, von welchem man sagt, daß es auf das Eis tanzen gehe, wenn es ihm zu wohl geworden ist.
    Señor Rixio kam in würdevoller Haltung auf uns zu, verbeugte sich mit spanischer Grandezza vor mir und bat mich um die Erlaubnis, bei uns Platz nehmen zu können. Die einfache, herzliche Freundlichkeit, mit welcher er mich in seinem Haus empfangen hatte, war von ihm gewichen. Sein Gesicht lag in ernsten, feierlichen Zügen.
    Es geschah, was der Rittmeister angenommen hatte: Sein Vater hielt es für geraten, das betreffende Thema sofort aufzunehmen, denn er fragte den Sohn:
    „Hast du dem Señor bereits eine Mitteilung gemacht?“
    „Über Allgemeines sprachen wir. Näheres zu sagen, habe ich vermieden“, antwortete der Gefragte. „Der Señor weiß aber bereits, daß wir ihn zu uns dirigiert hätten, selbst wenn Mutter nicht so glücklich gewesen wäre, ihn unterwegs kennenzulernen.“
    „So ist die Einleitung

Weitere Kostenlose Bücher