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35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

35 - Sendador 02 - In den Kordilleren

Titel: 35 - Sendador 02 - In den Kordilleren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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saß; den hatte der Sendador jedenfalls für sich genommen. Nach welcher Richtung es ging, das konnte ich nicht sehen, doch beobachtete ich alle, auch die kleinsten Anzeichen und schloß aus ihnen, daß wir erst durch einen Wald, dann über eine Ebene mit tiefem Sand ritten und nachher auf grasigen Boden kamen. Später begann die Sonne zu brennen; sie traf meine linke Seite mehr als die rechte; also ritten wir westwärts. Dann wurde in einem Wald gehalten. Man bot mir Fleisch und Wasser an, und ich nahm beides, obgleich das letztere brackig schmeckte und ich es aus einem nach Schweiß stinkendem Hut trinken mußte. Nach kurzer Zeit ging es weiter.
    Wir kamen wieder über freies Land; aber die Sonne war nicht mehr zu fühlen, obgleich es nicht viel über Mittag sein konnte. Es wurde empfindlich kalt, und die Luft traf schneidend meine Hände und den entblößten Teil meines Gesichtes. Wie viele Männer bei mir waren, das wußte ich nicht. Aus dem Pferdegetrappel konnte ich auf so viele schließen, als wir Pferde bei uns gehabt hatten; aber ich bemerkte, daß auch Fußgänger bei uns waren. Wir kamen weiter und immer weiter, erreichten wieder Wald und hielten in demselben an. Die Füße wurden mir losgebunden; ich mußte absteigen und wurde durch ein Gebüsch geführt. Dort fesselte man mir die Füße wieder, setzte mich nieder, band mir die Hände auf, zog sie nach hinten um einen dünnen Baumstamm, an welchen man mich lehnte, und band sie mir dort wieder zusammen. Die Männer unterhielten sich miteinander in der fremden Sprache; ich hörte ein Feuer knistern; dann wurde mir der Hut losgebunden und aus den Augen gerückt; ich durfte wieder sehen.
    Mitten zwischen den Bäumen und Büschen lag ein kleiner, freier Platz, welcher gerade Raum genug für das Feuer und die zwanzig Indianer bot, welche mit dem Sendador an demselben saßen. Sie hatten die bekannten nichtssagenden Gesichter der südlichen Indianer und waren kaum halb bekleidet. Ihre Waffen bestanden in Messern, Bogen, Blasrohren und Pfeilen.
    Der Sendador hatte sich ganz in meine Nähe gesetzt. Neben ihm lagen meine beiden Gewehre, meine Revolver und auch mein Messer. Er sah, daß mein Blick darauf fiel, und sagte:
    „Diese schönen Dinge gehören nun mir. Ärgert Sie das nicht?“
    „Sie werden Ihnen nicht viel nützen. Lernen Sie erst mit solchen Gewehren umzugehen!“
    „Oho! Nur nicht grob werden, sonst spreche ich auch in einem anderen Ton! Zur Strafe werden Sie heute abend kein Essen bekommen und während der Nacht nicht liegen dürfen. Sie bleiben gefesselt wie jetzt. Daß ich es gut gemeint habe, wird Ihnen dadurch bewiesen, daß Sie nicht vollständig ausgeraubt worden sind, wie die Roten es wollten. Ob ich ihnen nicht doch noch die Erlaubnis dazu gebe, das kommt darauf an, ob Sie höflich und gehorsam sind!“
    „Rechnen Sie ja nicht darauf, daß ich es sein werde!“
    „Schön! Sie sind natürlich bei schlechter Laune. Morgen mache ich Ihnen meine Vorschläge, und dann werden Sie wohl andere Ansichten bekommen.“ Er wandte sich ab und richtete das Wort nicht wieder an mich. Die Roten brieten Fleisch, und als sie es gegessen hatten, legten sie sich nieder, außer zweien, welche jedenfalls wachen sollten.
    Der Sendador untersuchte meine Fesseln, und als er sie in Ordnung gefunden hatte, richtete er einige Worte an die Wächter, sie wohl zur Vorsicht mahnend, und streckte sich dann auch zum Schlaf aus. Die Waffen lagen noch zwischen mir und ihm. Hätte ich doch eine Hand frei gehabt!
    Das Feuer wurde nun nicht mehr so fleißig genährt wie vorher; es sank nieder und bildete eine nur kleine Flamme, welche tausenderlei gespenstische Schatten warf.
    Stunde um Stunde verging. Die Wächter hatten erst leise miteinander geplaudert; nun saßen sie still und mit gesenkten Augenlidern da; vielleicht schliefen sie. Da hörte ich ein leises, leises Rascheln hinter mir. Ich glaubte, es rühre von irgend einem kleinen Tierchen her; aber nach wenigen Augenblicken hörte ich die ganz leise in deutscher Sprache geflüsterte Frage:
    „Schlafen Sie?“
    Es durchzuckte mich ein Wonneschauer. Ich schüttelte den Kopf. Hinter mir flüsterte es weiter:
    „Ich bin es – Pena. Ich zerschneide jetzt Ihre Handfessel. Dann nehmen Sie Ihr Messer und zerschneiden die Riemen, mit denen Ihre Füße gebunden sind. Nachher raffen Sie Ihre Gewehre auf, während ich die Revolver ergreife, und folgen mir.“
    Ich drehte den Kopf möglichst weit zur Seite und fragte

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