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36 - Das Vermächtnis des Inka

36 - Das Vermächtnis des Inka

Titel: 36 - Das Vermächtnis des Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kiesewetter erbost. „Ich lasse mich nicht von ihnen anfallen und auffressen. Herunter mit ihnen!“
    Er wollte diesen Vorsatz ausführen, doch der Chirurg hielt ihm die Arme noch immer fest und bat in flehendem Ton: „Nein, nein, Señor! Ich ersuche Sie inständigst, mir den Gefallen zu tun. Ich lese sie Ihnen ab, und wenn alle an Ihnen hängen sollten!“
    „Alle? Das fehlt noch! Ich habe genug an diesen da, und wenn –“
    Er hielt inne und machte ein Gesicht, als ob er auf etwas lausche; dann schlug er sich mit den Händen kräftig gegen die Oberarme, die Schenkel und andere Körperteile und wetterte, im höchsten Grade ergrimmt: „Ja, ich habe sie alle, alle! Ich fühle es jetzt ganz deutlich!“
    „Ich auch, ich auch!“ rief Don Parmesan, von dem sich Fritze losgerissen hatte. Er fuhr sich mit der Hand unter das Gewand, um sich von der Anwesenheit der Blutegel, die er nun auch fühlte, zu überzeugen.
    „Ich habe sie am ganzen Leibe sitzen!“ fuhr Fritze fort.
    „Ich auch, ich auch!“
    „An den Armen, an den Beinen!“
    „Ich ebenso!“
    „Auf dem Rücken, auf dem Leibe!“
    „Ich auch, ich auch!“
    „Diese Bestien, diese Vampirs! Ich zerschlage sie, ich zerquetsche sie alle, alle!“
    Wieder schlug er wie wütend gegen alle seine Körperteile, um die an denselben sitzenden Blutegel auf diese Weise loszuwerden.
    Da fiel ihm Don Parmesan abermals in die Arme und schrie: „Halten Sie ein! Halten Sie ein! Sie ermorden die Egel ja; Sie zerquetschen sie; Sie schlagen sie tot. Halten Sie still! Ich nehme sie Ihnen so säuberlich ab, daß Sie Ihre Freude daran haben werden!“
    „Stillhalten? Fällt mir gar nicht ein“, antwortete Fritze, sich gegen den Chirurgen wehrend. „Sterben müssen sie, elendiglich umkommen!“
    „Nein, nein, und abermals nein! Haben Sie Erbarmen! Ich nehme sie alle ab. Sie wissen ja, ich säble alles herunter! Und wenn einer oder einige nicht wollen, so lassen wir sie hängen, bis sie satt sind; dann fallen sie freiwillig und ganz von selber ab.“
    „Bis sie satt sind? Solange soll ich warten? Soll ich mich verbluten, Sie Ungeheuer! Soll ich Ihrer Würmer wegen mein Leben auf das Spiel setzen? Fort mit Ihnen! Packen Sie sich! Lassen Sie los, sonst –!“
    „Señor, Euer Gnaden, vergessen Sie nicht, daß jede Wissenschaft ihre Opfer fordert. Haben Sie die Güte und –“
    „Fort, sage ich! Opfer fordert! Sie sind toll, wahnsinnig! Ihrer Egelwissenschaft zuliebe opfere ich mich noch lange nicht!“
    Es gelang ihm endlich, sich loszureißen. Don Parmesan faßte ihn aber wieder. Sie zerrten hin und her; sie stolperten über die Flaschen und fielen zu Boden. Der eine wollte sich von dem anderen befreien, und dieser wollte nicht loslassen; so kam es, daß sie sich überkugelten, sich hin und her wälzten, sich einmal halb aufrichteten und doch wieder niederzerrten. Dabei schimpfte Fritze in allen Tonarten auf den Chirurgen, und dieser bat ebenso in allen Tonarten um Mitleid für die Wissenschaft und Blutegel. Der Kampf war kein gefährlicher; er war geradezu komisch zu nennen. Die Argentinier lachten, was sie nur lachen konnten; Doktor Morgenstern hatte wohl Lust, seinem Diener beizustehen, da er aber bemerkte, daß es sich nur um ein lächerliches Zerren und Ringen handelte, sah er davon ab. Der alte Anciano und der Inka standen zwar mit ernsten Gesichtern dabei, doch sah man es ihren lachenden Augen an, daß sie nur mit Anstrengung ihre indianische Würde zu bewahren vermochten. Und was endlich den Vater Jaguar betraf, so warf er zwar diesem schlimmen El Picaro einen strafenden Blick zu, auch wußte er, daß ein einziges Wort von ihm genüge, dem Ringen ein Ende zu machen, aber er sprach dieses Wort doch nicht aus, weil es gar zu komisch war, daß der ‚Don‘, um seine Blutegel zu retten, einen Kampf herbeigeführt hatte, durch welchen dieselben gerade vernichtet werden mußten. Sie wurden ja alle zerquetscht und zerdrückt. Endlich aber, als die beiden gerade im Begriff standen, in das Wasser der Quelle zu kollern, griff Hammer doch zu, zog sie mit starken Armen von der Erde empor, riß sie auseinander und sagte in gebietendem Ton: „Jetzt mag es zu Ende sein, Señores, Sie tun sich sonst wirklich noch Schaden und laufen Gefahr, aus dem Scherz Ernst zu machen.“
    „Scherz?“ fragte Fritze. „Den habe ich ja gar nicht machen wollen! Es ist mein völliger Ernst gewesen, gleich von Anfang an!“
    „Beherrschen Sie sich! Die Sache ist doch eher spaß- als

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