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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Herztropfen, die zwischen vielen Puderdosen
herumstand. Als ich zurückkam, tastete Tessas Hand auf der Bettdecke herum,
schien Blumen zu suchen, wo keine waren. Ich goß das Glas voll Gin und zählte
fünfzehn Tropfen hinterher. Das war die eine Möglichkeit. Wenn sie sich zu sehr
aufregte, blieben nur zwei massive Schlaftabletten. Gewonnen war nichts mit der
zweiten Methode. Ihre Lider bewegten sich. Sie flatterten ein paarmal. Dann
öffneten sie sich. Tessa sah mich an. Sah zur Wand und wieder zurück. Begriff
noch nichts. »Was ist? Hab’ ich geschlafen?«
    »Du warst ein bißchen weg.«
    »Weg?«
    Jetzt war es soweit. Aufschub
half nichts. Wie ich sie kannte, würde sie es ohne neuen Zusammenbruch
durchstehen. Ich beugte mich vor, schob den Arm unter die Decke und um ihre
Schultern. »Du bist umgekippt, Tessa«, sagte ich sanft. »Passed out. Ohnmacht.
Du hast in der Küche das Paket aufgemacht.« Ich hielt sie ganz fest. »Da war
Maras Kopf drin. Maras Kopf.«
    Ich spürte, wie sie sich
zitternd spannte. Aber sie stieß mich nicht weg. Tränen fielen herunter auf
meinen Hemdsärmel. Ich ließ sie weinen und wartete.
    Das Schluchzen ließ etwas nach.
Ich hob ihren Kopf an. »Tu mir den Gefallen und trink das, Liebling. Auch wenn
es brennt.«
    »Was ist das?«
    »Gin mit Cardiazol.«
    Sie hustete, aber sie trank
aus. Ich stellte das Glas auf den Nachttisch. Ich hatte sie losgelassen. Sie
setzte sich aufrecht und sah starr an die Wand und auf die Picasso-Zeichnung.
Ich sagte behutsam: »Das war so: Ich habe das Paket abgeholt. Schere oder
Papier, du weißt. Absender Mara. Du hast es aufgerissen, in der Küche. Unter
der Holzwolle war Maras Kopf.«
    Ich wartete. Sie rührte sich
nicht. Sah nur den Picasso. »Jemand hat Mara umgebracht und ihren Kopf
hierhergeschickt.«
    »Gib mir noch einen«, sagte
sie.
    Ich war erleichtert.
    Sie trank aus. »Weiter.«
    »Gibt nicht viel weiter. Mara
ist tot. Das da draußen ist keine Attrappe.«
    Jetzt sah sie mich an. »Warum?«
    Ich hob die Schultern etwas.
    »Warum? Hat man das Motiv, hat
man den Täter, sagt die Polizei in solchen Fällen. Manche Leute konnten Mara
nicht richtig leiden. Ist dir bekannt. Bei irgend jemandem muß die Abneigung
etwas zu weit gegangen sein. So weit, daß er sich diesen Gag ausgedacht hat.
Das kann nur ein Bekannter von ihr gewesen sein. Ein Einbrecher, der sie über
den Haufen schießt, gibt nicht auch noch Geld für ein Paket aus. Von der Arbeit
abgesehen.« Ich faßte schnell nach ihrer Hand. »Entschuldige, Tessa. Du weißt,
ich quatsche immer so.«
    »Macht nichts.«
    »Ich glaube, ich brauch’ auch
noch einen.«
    Als ich getrunken hatte, sagte
Tessa: »Ganz bestimmt. Jemand, der sie gekannt hat.«
    Sie nagte an ihrer Unterlippe.
Ein Zeichen, daß sie hellwach war.
    »Im Augenblick halte ich das
allerdings für sekundäre Erwägungen, Kindchen. Wichtig ist, was wir jetzt
machen. Und da gibt es nur eine Methode. Alles lassen, wie es ist. Polizei
holen.«
    Sie hörte mir nicht zu.
    »Ist was?« fragte ich. »Wird
dir wieder flau?« Sie murmelte. Ich beugte mich vor, um zu hören.
    »Der Kopf...«
    »Der ist draußen«, sagte ich.
Mir wurde etwas angst. »Was ist denn, Tessa? Willst du noch ein paar
Tropfen...«
    Sie stieß mich so heftig zur
Seite, daß ich fast von dem Hocker rutschte. Sie war aus dem Bett, bevor ich
begriff, was sie tat. Sie lief ins Wohnzimmer, ich sah, wie sie sich bückte.
Dann kam sie zurück mit dem schmalen Buch in der Hand. »Der Kopf! Hier! Hier!«
    »Hier was?«
    »Hier drin steht es! ›Der
Rächer‹! Vorhin hab’ ich es gelesen, vorhin, als du weg warst! Da finden sie
immer Köpfe in Paketen! Kennst du es nicht?«
    Ich nahm langsam das Buch aus
ihrer Hand. Viele Gedanken kamen und gingen zugleich. ›Der Rächer‹. Ich kannte
es schon. Lange her, daß ich es gelesen hatte, aber ich wußte, worum es darin
ging. Ein alter Verrückter, der sich für einen Nachkommen vom Revolutionshenker
Sanson hielt, bewahrte in seinem Keller eine Guillotine auf. Spielte auf seine
Art Gerechtigkeit und verteilte Pakete mit den abgenommenen Köpfen in der
Gegend.
    Ich bog die Seiten mit dem
Daumen und ließ sie wegschnippen. »Doch«, sagte ich langsam, »ich kenne es. Das
stimmt. Also — schließlich hättest du genausogut was anderes lesen können.
Werther Leiden zum Beispiel — nicht böse sein, bitte! Ich rede wieder so dumm. Bloß
— das scheint mir der reine Zufall zu sein.«
    »Und wenn es keiner ist?« Sie
stand vor

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