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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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Schickte immer mal
Pakete von einem Stadtteil zum anderen.
    Also war auch diese Sendung
nicht verwunderlich, wenn auch größer als gewöhnlich. Meistens kamen nur
Schokolade und Nylons und schwärzliche Bananen. Ich rauchte und dachte weiter
an Mara und ihr impertinentes Mundwerk. Warum, zum Teufel, mußten die Leute
auch Geschwister haben. Ich trank aus, zahlte und verließ die Bierhalle.
    Die Hitze sprang mich an, aber
mir war besser als vorher. Ebenso gemütlich, wie ich gekommen war, fuhr ich
zurück.
    Tessa hatte sich vom Balkon
zurückgezogen und lag auf ihrem Bett. Sie hatte eine Art Bikini an, topless
allerdings, und las in einem Kriminalroman. ›Der Rächer‹ vom alten Edgar
Wallace. Eine Pralinenschachtel lag auf dem Nachttisch, halb leergefressen.
Marke Bordighera, mit Rosen auf dem Deckel. Ich setzte mich auf den Schemel vor
das Bett.
    »Wie du so die englische
Literatur studierst«, sagte ich. »Unglaublich. Weißt du überhaupt noch, wo sich
der Eingang zur Universität befindet?«
    »Wo ist das Paket?«
    Ich hatte es in der Küche auf
den Tisch gestellt und mir die letzte Bierbüchse aus dem Kühlschrank geliehen.
    »Noch beim Zusteller«, sagte
ich genüßlich. »Der fährt ein bißchen damit in der Sonne herum, damit die
Schokolade zwischen die Nylons sickert und die Äpfel explodieren.«
    »Du lügst, Paul Holland!«
    »Ich bin wieder mal umsonst in
dem Schwitzkasten gewesen, du fleischgewordener Sündenfall. Und ich schwöre dir
bei dieser Bierbüchse, es war das letzte Mal. Und wenn sämtliche Scheren und
Papierblätter der Welt sich gegen mich erheben. Wahrscheinlich ist es schon
zurückgegangen.«
    Tessa schloß den Mund
schmollend und weinerlich um eine Praline.
    »Aber du warst doch in der
Küche...«, knautschte sie heraus.
    »Nur wegen des Bieres.« Ich
grinste diabolisch. »Na, nun mach es schon auf, bevor es stinkt und die Fenster
beschlagen.«
    »Ha! Scheusal! Warte nur!« Sie
schoß aus dem Bett wie ein Fußball aus elf Metern aufs Tor. Der ›Rächer‹
segelte hinaus ins Wohnzimmer. Ein Pantoffel wurde gefunden, einer blieb
zurück. Auch die Pralinenschachtel Marke Bordighera fiel herab, und Krokant und
Krem verteilten sich auf dem Bettvorleger.
    Ich ließ den Verschluß
schnalzen und trank in kleinen Schlucken aus der Büchse. Kühl, würzig.
Kohlensäure auf der Schleimhaut.
    »Aus der Küche ertönte Seufzen
und ungeduldiges Geschimpfe. »Verflixt... Ach — geh schon auf, dämliches
Ding...«
    Ich rief: »Take it easy,
Postkundin! Einen Knoten nach dem anderen! Aufheben den Bindfaden und das
Papier! Kostet alles Geld!«
    »Halt die Klappe!«
    Ich öffnete den Mund wieder, aber
nur zum Trinken. So ein bißchen Bier war fast nichts.
    Draußen ging das Ringen weiter.
Man konnte hören, wie sie das Küchenmesser ansetzte und am Bindfaden sägte. Die
Schublade wurde zugeknallt, mit dem Knie wahrscheinlich.
    Schnapp! Jetzt war er durch.
Schnapp! Noch mal.
    Triumphierendes Gestammel. »Na
also! Blöde Strippe! Oh...«
    Es klirrte hell auf den
Fußbodenplatten. Das Messer war heruntergefallen. »Scheißding, elendes!«
    »Soll ich das Hansaplast
klarmachen?« rief ich hinaus.
    Keine Antwort. Nur
unregelmäßiges Keuchen. Dann Papierreißen und Knistern. Die äußere Hülle
offenbar.
    »O Gott, ich werd’ wahnsinnig!«
    »Was heißt werden? Was ist?«
    »Noch ‘ne Strippe!«
    Ich legte die Beine auf den
Tisch und liebäugelte mit dem Etikett der Brauerei. »Was für ordentliche
Absender. Frisch wieder zum Messer gegriffen, Mädchen. Bück dich. Das stärkt
die Lenden.«
    »Warte nur, wenn ich dir deine
Lenden...«
    Sie führte nicht weiter aus,
was sie damit sagen wollte. Möglicherweise herausschneiden und gut abhängen
lassen. Wieder wurde der Bindfaden zerstückelt. Ich sah vor mir, wie mit jedem
Schnitt das Messer abrutschte und hochsauste, haarscharf an ihrer Nase vorbei,
selbstverständlich mit der Schneide nach oben, weil es auf diese Weise viel
schneller ging, als von oben nach unten zu sägen.
    Das Messer klirrte auf den
Tisch. Aha. Jetzt schien Pappe zu kommen. Das Keuchen und Ächzen verstärkte
sich. Verwünschungen wurden gemurmelt.
    Ratsch. Ratsch. Ratsch.
    »Holzwolle!« stöhnte Tessa.
    Ich hob die Büchse zum Mund und
trank sie aus. Es war mein letztes ruhiges Bier für längere Zeit.
    Tessa schrie in der Küche.
    So gräßlich und laut und fremd,
daß ich niemals geglaubt hätte, es sei ihre Stimme. Es war Todesangst und alle
Verzweiflung der Welt und noch mehr. Kein

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