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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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aufgewendet
hatte. Er hätte seinen sauren Wein angeboten, wäre zu spät gekommen, hätte sich
mit einer Lüge entschuldig und Vera mit einem Lächeln besänftigt. Er brauchte
sie nur anzusehen, nur mit ihr zu tanzen. Aus war’s.
    Ich setzte mich, goß mir den
Rest aus der Sektflasche ins Glas und zündete mir eine Zigarette an. Langsam wurde
ich ruhiger.
    So sehr hatte ich mich auf
diesen Tag gefreut.
    Vera trifft keine Schuld,
dachte ich. Sie ist verliebt und blind. Sie kann ihn nicht kennen, wie ich ihn
kenne. Er hat sie eingewickelt. Oder sie glaubt, ihre Liebe würde ihn heilen.
Alle Frauen glauben das, wenn sie einen Schurken lieben.
    Nein, sie konnte nicht wissen,
was ich wußte. Meine Worte mußten sie beleidigt haben. Eine Frage schoß
plötzlich durch mein Gehirn: Hatten sie schon etwas miteinander?
    Er ist meine große Liebe, hatte
Vera gesagt. Sagt das eine Frau, die einen Mann nicht völlig kennt?
    Vielleicht war noch nichts
passiert. Vielleicht wollte Vera ihn zur Ehe zwingen, indem sie sich ihm
versagte.
    Ich klammerte mich an diesen
Gedanken.
    Und wenn doch?
    Würde ich Vera noch nehmen,
wenn sie zu mir zurückkäme? Ich schloß die Augen, aber ich sah es vor mir, und
es ging nicht weg. Sie bei ihm unter seinen gierigen Händen.
    Ich räumte ab und legte mich
hin. Der Schlaf kam nicht. Ich lag wach und hörte jeden Schlag der Uhr.
    Als es dämmerte, fiel ich in
einen halben Schlaf. Jedesmal, wenn ich aus kurzen Träumen aufschreckte, War
der Schmerz wieder da und der bleierne Druck auf meinen Herzen.
    Plötzlich war ich ganz wach.
    Ein Gedanke ergriff von mir
Besitz, so einfach, so selbstverständlich, so unabänderlich, daß er mich nicht
einmal erschreckte.
    Peters mußte weg.
    Ich richtete mich auf und zog
die Knie an. Um mich herum war taubes, düsteres Grau.
    Peters mußte weg. ,
    Er war schuld an meinem
Unglück. Er hatte mich genug gepeinigt. Er hatte meinen Haß genährt, bis er
groß genug war, mein Gewissen zu betäuben.
    Nun war das Maß voll.
    Peters mußte sterben.
    Ich sah auf die Uhr. Es war
halb sieben. Donnerstag,, der zehnte März.
    Ich zog mich an und ging zum
Dienst.

VII
     
     
    Peters erschien eine Stunde
nach mir.
    »Morgen! Alles in Ordnung?«
    Er lächelte mich an. Ich sah
sein Gesicht, erwiderte sein Lächeln, und mein Entschluß verankerte sich noch
fester in meinem Herzen.
    »Guten Morgen. Alles in
Ordnung.«
    »Nun, fein.«
    Er setzte sich und gab mir
einen Haufen Aufträge. Er war wie immer. Von meinem Geburtstag hatte er nichts
gewußt. Das war gut so. Es war wichtig, ihn nichts merken zu lassen. Er mußte
glauben, es interessiere mich nicht, was er mit Vera vorhatte. Während er
redete und ich nickte, fragte ich mich, ob er schon mit Vera gesprochen hatte.
    Unwahrscheinlich.
    Ich mußte mit ihr reden. So
schnell wie möglich. Heute noch.
    »Na? Etwas abwesend?«
    »Nein, nein«, sagte ich, ohne
meine Miene zu verändern. »Ich habe das letzte nicht verstanden. Warum sollen
jedesmal zwölf Prozent dazugerechnet werden?«
    Er fing noch einmal an. Er
hörte sich gern reden. Ich bemühte mich, mit meinen Gedanken bei der Sache zu
bleiben.
    Nach einer Stunde ging er
endlich.
    Die Vormittagsarbeit drängte
sich. Ich arbeitete wie ein Automat, mit leerem Lächeln und ohne Gehirn. Erst
während des Essens kam ich zum Überlegen.
    Ich mußte mit Vera sprechen.
    Ich mußte erreichen, daß sie
Peters meinen Haß verschwieg.
    Die Zeit verging so langsam wie
noch nie. Tausend Nebensächlichkeiten hielten mich auf. Erst nach sieben wurde
ich fertig. Als ich im Mantel zur Tür hinaus wollte, stieß ich mit Peters
zusammen.
    Er staunte.
    »Ach — ist es schon so spät?«
    »Ja«, erwiderte ich.
    Er konnte bekümmert aussehen,
wie ein hungriger Dackel.
    »Ja — das ist ja nun sehr
schade. Wirklich sehr schade. Ich wollte Sie gerade bitten, mir noch bei ein
paar Ratten zu helfen. Sind Sie sehr in Eile?«
    Noch bei ein paar Ratten
helfen. Ich kannte das. Mindestens eine Stunde würde darüber vergehen. Die Wut
stieg in mir hoch.
    Dann dachte ich an meinen
Vorsatz. Ich mußte freundlich tun. Ich mußte mich verstellen. Ich bekam eine
Ahnung davon, wie schwer es werden würde.
    »Sehr nicht«, sagte ich ruhig.
»Wenn es nicht zu lange dauert.«
    Ich zog meinen Mantel aus und
den Kittel wieder an.’
    Wir gingen nach hinten.
    Peters plauderte fröhlich. Er
holte einen Glaskäfig mit drei Ratten aus dem Tierstall.
    Sie hockten am Boden wie weiße
Kugeln, dicht beieinander, mit runden,

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