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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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im Garten?« Die Frau hatte eine dunkle, brüchige Stimme.
    Alastair saß so da, daß er die
Frau genau sehen konnte. Sie war von frappierender Schönheit, das Haar war
brandrot, und ein gewagtes, giftgrünes Abendkleid umschloß ihre junonische
Gestalt. Sieht aus wie eine Bardame, dachte Alastair. Er ahnte nicht, wie sehr
er mit seiner Vermutung der Wahrheit nahe kam.
    »Ich habe nur Butler noch
einmal herausgelassen, Mylady«, hatte Rosie indessen die an sie gestellte Frage
beantwortet. Die rothaarige Donna schien zufrieden zu sein.
    »‘s ist gut, Rosie — schließen
Sie dann noch die Türen ab.«
    Mylady trat vom Fenster zurück.
Alastair konnte jede ihrer Bewegungen genau verfolgen. Wiegend und geschmeidig
wie ein junger Panther ging sie zu einem Tischchen und versorgte sich mit einer
Zigarette. Alastair bemerkte nun, daß die Dame Besuch hatte. Hinter einer
Sessellehne hervor kam eine Hand mit einem brennenden Feuerzeug. Die Dame
zündete die Zigarette an und blieb neben den Sessel stehen, Alastair den Rücken
zugewandt.
    »Du wolltest mir noch erklären,
was es mit diesem Kerl auf sich hat, Joan«, vernahm der unfreiwillige Lauscher
jetzt die Stimme eines Mannes, sie klang ärgerlich und gereizt.
    Die Frau lachte spöttisch auf.
»Was du nur hast, Larry. ‘ Bist du etwa eifersüchtig? Diesen Zustand kenne ich
gar nicht an dir! Du kannst dir doch denken, daß ich diesen Jungen nicht ohne
Grund bevorzuge! Wenn er es im Moment auch nicht im Überfluß hat, so ist da
doch eine alte, reiche Tante, die er bald beerben wird! Daß du der einzige
bist, den ich liebe, weißt du ja! Und da wir sowieso von hier verschwinden
wollen, können wir den Jungen vorher ruhig noch richtig ausnehmen!«
    Eine Weile herrschte Schweigen.
Dann wurde wieder die Stimme des Mannes laut:
    »Diese Geschichte mit der
alten, reichen Tante, die er beerben wird, kommt mir sehr unsicher vor. Hast du
daran gedacht, daß die Alte noch zehn Jahre leben könnte?«
    Die Rothaarige ließ ein
unschönes Lachen hören.
    »Larry, daß ich kein dummes,
einfältiges Schäfchen bin, weißt du ja! Was seine alte Tante anbetrifft, so
wird sie es bestimmt nicht mehr lange machen! Erstens hat sie ein sehr
schwaches Herz, und zweitens — du weißt ja, er hatte heute ganz schön getrunken
— hat er mir da ein paar Andeutungen gemacht, an denen war alles dran! Ich
möchte mit dir wetten — in ein paar Wochen ist alles klar. Frag mich aber bitte
nicht, wieso!«
    Alastair sah jetzt, daß Rosie
eintrat. Sie trug ein Tablett mit einem Kännchen und zwei Mokkatäßchen. Nachdem
sie alles abgestellt hatte, kam sie zum Fenster, verschloß es und zog die
Vorhänge zu.
    Noch eine Weile dachte Alastair
über das soeben Vernommene nach. Mußten ja feine Leute sein, die zwei.
    Immer öfter spürte er nun den
Drang, zu gähnen, auch die Augenlider fielen ihm immer wieder zu. Er setzte
sich etwas bequemer zurecht — und dann schlief er ein.

III
     
     
    Es mochte in der Frühe gegen
fünf Uhr sein, als Alastair Maycock wieder erwachte. Es war dunkel und
empfindlich kalt, und er fror und spürte alle Knochen im Leib. Irgendwie mußte
er unglücklich gelegen haben.
    Nach Möglichkeit jedes Geräusch
vermeidend, kletterte er aus dem Wagen, schlich sich ans Gartentor und stieg darüber
hinweg — auch auf die Gefahr hin, wieder einem unfreundlichen Polizisten in die
Arme zu laufen. Doch dieses Mal hatte er Glück.
    Als er nach einem Fußmarsch von
einer guten Dreiviertelstunde seine Behausung betrat, fror er noch immer wie
ein junger Hund. Er zog sich sogleich aus und kroch ins Bett. Bald fiel er in
einen tiefen Schlaf. Am Nachmittag klopfte es dann an seiner Zimmertür.
    Es war die Witwe O’Leary. Sie
kam nicht, wie es eigentlich zu erwarten stand, des fälligen Mietzinses wegen, sondern
sie fragte, ob sie Mr. Maycock einen Rest von Bratkartoffeln anbieten dürfe.
    Alastair sagte nicht nein und
gelangte zu dem Schluß, daß es auf der Welt doch noch Menschen gab, die ihre
Nächsten lieben.
    Nachdem ihm so Gelegenheit
geboten wurde, seinem Körper neue Nahrung zuzuführen, und sein
Stimmungsbarometer demgemäß erheblich stieg, rasierte er sich und kleidete sich
an. In Ermangelung eines anderen Vorhabens beschloß er, ein wenig in den
Straßen umherzuschlendern.
    Vielleicht traf er wieder auf
einen hilflosen Automobilisten mit einem Plattfuß oder — wer konnte es wissen?
— er stieß sogar auf jenen Mann, der ihn am gestrigen Abend um seine
Brieftasche erleichtert

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