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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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hatte!
    Obwohl es aus naheliegenden
Gründen nicht seine Absicht war, dem Little Paris erneut einen Besuch
abzustatten, stand er doch plötzlich wieder vor diesem Lokal, bei dessen
Anblick eine bittersüße Erinnerung in ihm wach wurde.
    Es war, als habe Alastair
Maycock vorausgeahnt, daß hier die schicksalhafte Wendung seines Daseins
erfolgen sollte.
    Mr. John Jack Henry trat
nämlich in sein Leben.
    Mr. Henry zeichnete sich durch
dreierlei Dinge aus: Herzensgüte, enorme Musikalität und eine ungeheure Nase.
Die Nase riß sein Gesicht und seine hagere Figur ununterbrochen vorwärts. Sie
prägte seine ganze Persönlichkeit. Sie konnte messerscharf zustoßen und
trübselig herabhängen.
    Die Musikalität war Herrn Henry
wie die Nase angeboren. Beide waren gleich groß. Als Mr. Henry noch ein
blasses, schüchternes Knäblein gewesen und mit einem artigen Matrosenanzug
angetan war, hatte man in seinem Elternhaus seine Fortschritte auf dem Klavier
mit der größten Aufmerksamkeit verfolgt und bewundert. Man sah Mozart den
Zweiten in ihm. Später, auf dem Konservatorium, hatte Mr. Henry mit eisernem
Fleiß auf das Ziel hingearbeitet, einmal einer der größten Pianisten dieses
Planeten zu werden.
    Es ging so lange gut, bis er
Jill kennenlernte. Sie war Mannequin in einem der teuersten Modehäuser Londons.
Sie liebte Mr. Henry trotz seiner damals schon beachtlich entwickelten Nase und
obwohl sie eigentlich gar nicht nötig hatte, einen Mann seiner Einkommensstufe
zu lieben. Mr. Henry seinerseits beschloß nun, das Einkommen den Ansprüchen
seiner Freundin anzupassen und begann, in einem Nachtlokal Klavier zu spielen,
zunächst zur Aushilfe.
    Zum ungeheuren Entsetzen der
Familie zeigte sich, daß Mr. Henrys Begabung und Neigung mehr auf dem Gebiet
des überseeischen Volksliedes als auf der klassischen, unsterblichen Musik lag.
Vorstellungen, Flüche, Auftritte und Enterbung blieben erfolglos. Man sperrte
ihm die Zuschüsse und erreichte damit, daß er nun hauptamtlich betreiben mußte,
was er bisher nur nebenbei betrieben hatte. Für das Konservatorium blieb immer
weniger Zeit. Schließlich vergaß Mr. Henry den Weg dorthin vollständig.
    Als seine Fahnenflucht
unwiderruflich Tatsache geworden war und er nicht mehr zurückkonnte, wollte es
die Ironie des Schicksals, daß sich Jill von ihm trennte. Sie ging mit einem
Geiger aus der Philharmonie davon. Mr. Henry schloß hieraus, daß es dem
weiblichen Geschlecht an Unterscheidungsfähigkeit zwischen ernster und heiterer
Musik weitgehend fehle. Später erfuhr er zu seiner größten Befriedigung, daß
der Geiger das Philharmonische Orchester verlassen hatte und in einem
zweitklassigen Variete als Musical-Clown untergekommen war.
    Die dritte Eigenschaft Mr.
Henrys, die Herzensgüte, schien augenblicklich von heftigem Ärger überschattet.
Er sah Alastair scharf an und wandte sich zwei Herren zu, die soeben auf
tauchten. Alastair bemerkte, daß alle drei gleiche Krawatten trugen. .
    »Möchte bloß wissen, was wir
jetzt machen sollen. Wird ein schönes Kaffeehauskonzert geben heute.« Mr.
Henrys Stimme klang mürrisch.
    »Was ist los?« wurde die Frage
laut.
    »Was los ist? Scheibenhonig
ist. Dick, dieses Riesenbaby, hat sich vor einer halben Stunde den Fuß
gebrochen. Ausgerechnet heute, am Sonnabend. Hundertmal habe ich ihm gesagt, er
soll die Motorradraserei lassen. Jetzt hat er es. Kann von Glück sagen, daß der
Bus nur seinen Fuß erwischt hat. Sonst wäre er flach wie ein Pfannkuchen, und
sie könnten ihn statt im Sarg zwischen zwei alten Plättbrettern begraben.«
    Mr. Henry schien wirklich
aufgebracht. Alastair wollte weitergehen, aber eine ungewisse Ahnung ließ ihn
warten.
    »Jetzt stehen wir da wie Pik
sieben«, fuhr Mr. Henry fort. »Keine Gitarre! Eine Feuerwehrkapelle! Wo soll
ich jetzt noch einen Gitarristen herkriegen?«
    Niemand antwortete.
    Alastair war erstarrt. Gitarre?
Wie ein Zauberwort aus uralten Zeiten klang ihm das. Gitarre? Hatte er nicht
zweieinhalb Jahre Unterricht gehabt, für drei Pfund im Monat? Hatte er nicht
x-mal auf Hausbällen, Hochzeiten und in kleinen Kneipen gespielt? Daß er nicht
früher darauf gekommen war! Schön, er hatte lange nicht geübt, seine Finger
waren weich, die Gitarre war weg — was tat das alles? Dieser Mann mit der
gewaltigen Nase brauchte einen Gitarristen — eine Todsünde, die Chance nicht
wahrzunehmen!
    Mr. Henry wollte gerade durch
die Schwingtür, als er Alastairs Hand an seinem Ärmel

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