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46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra

Titel: 46 - Waldröschen 05 - Rebellen der Sierra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Eile ging es über die Straße hinüber und in das Gastzimmer der Venta. Dort saß der Wirt ganz allein bei der trüben Flamme eines Talglichtes.
    „Nun?“ fragte er. „Bleibt Ihr da?“
    „Nein.“
    „Ihr geht fort?“
    „Ja, und zwar augenblicklich.“
    „Habt Ihr noch etwas Neues erfahren?“
    „Nur wenig. Wurde mein Pferd gefüttert?“
    „Freilich.“
    „Und gehörig getränkt?“
    Er sprach diese Fragen in fliegender Hast aus.
    „Natürlich“, antwortete der Wirt. „Aber was habt Ihr? Ihr seid ja ganz aufgeregt, ganz und gar außer Atem.“
    „Ich muß fort, schnell, schnell. Mein Pferd!“
    Er riß dem Wirt das Licht aus der Hand und eilte mit demselben nach dem Hof.
    „Wo ist das Pferd?“ fragte er.
    „Im Stall“, antwortete der nacheilende Mexikaner.
    André sprang nach dem Stall.
    „Um der heiligen Jungfrau willen, Ihr werdet mir den Stall anzünden!“ rief der Wirt.
    „Schadet nichts! Er mag wegbrennen. Wenn ich nur mein Pferd habe.“
    Er setzte das Licht nieder. Im Nu war der Gaul gesattelt und gezäumt und vor die Tür in den Hof gezogen.
    „Was für ein Teufel ist denn in Euch gefahren, Señor?“ fragte der Wirt.
    „Der Reitteufel. Weshalb, das werdet Ihr später erfahren. Hier ist die Zeche.“
    Er griff in die Tasche und zog den Beutel.
    „Unsinn“, meinte der Mexikaner. „Ich werde von Euch nichts nehmen.“
    „Ah! Da!“
    Bei diesen Worten drückte André ihm etwas in die Hand und gab dem Pferd die Sporen, daß es hoch aufbäumte und dann über den Hof, durch die Flur und zum Tor hinaus auf die Straße schoß. Als der nachspringende Wirt an das Tor kam, verklangen die Hufschläge des Pferdes bereits in der nächsten Straße.
    „Was war das?“ murmelte er. „Hatte dieser Mann Eile. Er kann sich und dem Pferd in dieser Dunkelheit den Schädel einrennen. Da muß etwas ganz Neues und Besonderes passiert sein.“
    Jetzt hielt er die Hand an das Licht.
    „Oh, Santa Madonna, ein Nugget, so groß wie eine Haselnuß. Das ist unter Brüdern zwanzig Duros wert. Der Mann hat Gold. Gott behüte ihn heute nacht, daß er nicht den Hals bricht und die Beine dazu.“
    Dieser fromme Wunsch war nicht ganz ohne Berechtigung. Der kleine Mann flog, sobald er die Stadt hinter sich hatte, wie der wilde Jäger entlang des Chihuahuaflusses dahin. Ein Glück war es, daß er während der Streifereien der letzten Tage die Gegend genau kennengelernt hatte.
    Das Rendezvous, zwei Wegstunden von der Stadt gelegen, erreichte er in kaum einer halben Stunde. Hier hielt er an und ließ einige Male den lauten Ruf der Baumeule erschallen. Es ertönte keine Antwort.
    „Sie sind noch nicht da. Vorwärts! Ihnen entgegen.“
    Er ritt noch in ganz derselben Eile weiter, immer am Fluß hin. Gegen zwei Uhr begann es wenigstens so klar zu werden, daß er weiter als vorher blicken konnte. Eine Stunde später erreichte er die Stelle, an welcher der Fluß sich in den Rio Conchas ergießt. Hier hielt er an.
    „Hier ist der verabredete Übergang. Ich muß nachsehen“, sagte er.
    Er untersuchte, so gut es das Dunkel gestattete, die Umgebung.
    „Noch nicht dagewesen“, lautete das Ergebnis.
    Er stieg wieder auf, ritt durch den Rio Conchas hindurch nach dem anderen Ufer und schlug dann eine Richtung ein, welche zwischen diesem Fluß und dem Ort Chiricote nach Nordnordosten führt. Dann brach der Tag an.
    Jetzt konnte er die Ebene, durch welche er kam, genau beobachten. Er bemerkte nicht die geringste Spur der Gesuchten. So ritt er fort, bis in die späteren Stunden des Vormittags, still und einsam. Nur zuweilen flüsterte er:
    „Drei Küsse! Ah, ich muß sie erhalten.“
    Sein Pferd war dem Zusammenbrechen nahe. Es fand kaum noch Atem. Er merkte, daß es dem Tode nahe sei, daß es umstürzen werde, sobald er im Ritt einhalten werde, darum spornte er es immer von neuem an.
    Jetzt näherte er sich den Vorbergen, hinter denen der Rio grande del Norte fließt. Da sah er eine lange, dunkle Linie, welche aus einem Tal zwischen zwei Bergen sich hervorschlängelte. Er erhob sich aus den Bügeln, um besser sehen zu können.
    „Sie sind es, sie sind es!“ rief er jauchzend. Zu gleicher Zeit drückte er dem armen Pferd die Sporen tief, tief in die Weichen, es galoppierte nicht mehr, sondern es schoß vielmehr dahin.
    Die Linie wurde deutlicher, kam immer näher. Jetzt waren die einzelnen Gestalten genau zu erkennen.
    Voran ritten die Häuptlinge ‚Büffelstirn‘, ‚Bärenauge‘ und ‚Bärenherz‘ als Eclaireurs, eine

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