47 Ronin: Der Roman zum Film (German Edition)
etwas anderes sagen.
Der Shogun sah ihn an. Dann schaute er zu Oishi, der noch immer am Boden kniete, und sagte wie ein Schauspieler, der seinen Text vergessen hatte: »Die Blutrache für Fürst Asanos Tod ist Euch strengstens verboten. Es ist meine Überzeugung, dass Fürst Kira keine Verantwortung an den Taten Eures früheren Herrn trägt. Euer gesetzmäßiges Recht auf Rache für den Tod Eures Herrn wird außer Kraft gesetzt, und jeder Anschlag auf Fürst Kiras Leben wird dazu führen, dass man Euch wie gewöhnliche Kriminelle richtet. Das Urteil ist der Tod durch den Strang.«
Der Shogun wandte sich ab und bemerkte nicht, dass Oishis Gesicht vor Wut rot angelaufen war, als er den Kopf hob. Der Regent nickte lediglich seinem Gefolge zu und wendete sein Pferd. Dann ritt er zwischen seinen Soldaten hindurch, ohne die Armee von Ako auch nur eines Blickes zu würdigen. Er ließ Mika und Ako in Fürst Kiras Hand zurück. Die Soldaten des Shoguns blieben wachsam an ihrem Platz. Sie würden bis auf Weiteres gemeinsam mit Fürst Kiras Beschützern in Ako bleiben.
Als der Lärm, der den Abzug des Shoguns begleitete, verklungen war, starrte Kira Mika mit offener Bewunderung an, als wäre sie sein wertvollster Besitz und das eindeutige Symbol seines neu erworbenen Reichtums und Status. Dann wandte er sich den knienden Samurai von Ako zu und lächelte eiskalt. Es bereitete ihm Vergnügen, dass seine Feinde auf seinen Befehl warten mussten, um überhaupt wieder aufstehen zu dürfen.
»Von diesem Moment an«, rief er aus. »Seid ihr und eure Familien auf Befehl des Shoguns aus diesem Land verbannt. Ihr seid von nun an Ronin – herrenlose Samurai. Wer es wagt zu bleiben, wird gefangen genommen und exekutiert.«
Kai ignorierte diese Worte, die nichts mit ihm zu tun hatten. Er sah nur Mika an.
Als sie spürte, dass er ihr in die Augen sehen wollte, wandte sie sich der Menge zu und suchte nach seinem Gesicht. Dann blickte sie ihn voller hoffnungsloser Sehnsucht an.
Fürst Kira bemerkte, dass sie sich von ihm abwandte. Seine Miene verdüsterte sich, als er ihrem sehnsüchtigen Blick folgte. Als wisse er genau, wo sie hinschaute, erhob er seinen Arm und zeigte auf Kai. »Wache! Ergreift das Tier und verkauft es an die Holländer!«
Mika sah entsetzt zu, wie Kiras Männer sich durch die Menschen drängelten und Kai umstellten. Er sprang auf und versuchte, zu entkommen, aber die plötzliche Panik der Menschen um ihn herum verhinderte seine Flucht. Es waren zu viele Waffen im Weg. Eine Wache ergriff seinen Arm, drehte ihn schmerzhaft auf den Rücken und zwang ihn durch die Menge über den Hof.
Mit grimmiger Befriedigung sah Kira, wie Kai Oishi hasserfüllt ansah, als man ihn an dem
karō
vorbeiführte, der noch immer vor seinen Männern kniete.
Oishi sah auf, als Kai abgeführt wurde, und verzog keine Miene, als sei er ihm völlig egal. Aber Kira erhaschte ein Funkeln in Oishis Augen und bemerkte, wie der
karō
sich zu dem angegrauten Samurai zu seiner Linken hinüberbeugte, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
Der ältere Mann nickte unmerklich. Kira runzelte die Stirn und gab dem Riesen in der schwarzen Rüstung, der am Rand gewartet hatte, ein Zeichen. Es war derselbe Krieger, der Kai bei dem Turnier vor einem Monat besiegt hatte. »Ich traue Oishi nicht«, brummte er und starrte die kniende Gestalt an. »Er genießt nicht länger den Schutz seines Rangs. Werft ihn in den Kerker und brecht seinen Willen.«
Mika sah Kai noch immer mit gequältem Blick nach. Sie machte einen Schritt auf ihn zu, als er an ihr vorbeigezerrt wurde. Kira ergriff sie am Arm und hielt sie fest wie ein Schraubstock. »Beschämt mich und ich lasse ihn bei lebendigem Leibe verbrennen.« Diese Drohung ließ sie wie angewurzelt stehenbleiben. Aber sie starrte Kai weiter nach, als gäbe es keinen anderen Menschen auf der Welt.
Als würde er Mikas Verzweiflung spüren, befreite Kai sich irgendwie aus dem Griff der Wachen und schüttelte sie gerade lange genug ab, um Mika anzusehen. Sein verzweifelter Blick gab ihr ein stummes Versprechen, bevor er mit einer Schwertscheide niedergeknüppelt wurde. Kiras Wachen legten ihm Fuß- und Handfesseln an und schleppten ihn zum Tor hinaus.
Kira sah ihnen nach und hielt Mikas Arm noch immer fest umklammert.
Die Holländer würden eine Verwendung für diesen Abschaum finden, den sie zu lieben glaubte. Eine, von der er nie zurückkehren würde. Die Holländer waren kaum besser als Barbaren, was ihre
Weitere Kostenlose Bücher