48 - Die Fehde von Antares
mußte sie aus dem Gemach scheuchen, und zwar schnell, bei Krun!
Sie kamen heran wie eine Phalanx. Langsam, Schritt für Schritt, ein wohlgeformtes Bein nach dem anderen bewegend, schlichen sie näher.
Die beste Fluchtmöglichkeit lag wohl darin, die Schlafgemachtür hinter mir zuzuschlagen und zu verriegeln, also griff ich nach der Tür. Die Damen würden in dem Raum eingesperrt sein, mit dem sie sich am besten auskannten.
Ein ohrenbetäubender Gongschlag dröhnte durch das Gemach, ließ mich zusammenzucken und brachte die Möbel zum Erbeben. Die Mädchen zuckten nicht erschrocken zusammen.
Ihr hohes Gelächter verwandelte sich in spitze Klagerufe. Sie sahen am Boden zerstört aus. Ihre Köpfe senkten sich. Mit hängenden Schultern und unwilligen Füßen schlurften sie an mir vorbei aus der Tür, eilten durch das Zimmer und verschwanden auf dem Korridor. Die letzte verkniff es sich, die Tür hinter sich ins Schloß zu werfen, obwohl das ihrer aller Enttäuschung und Niedergeschlagenheit Luft gemacht hätte.
Und jetzt kommt der nächste Akt, sagte ich mir, rettete das gelbe Gewand vom Boden und zog es über.
Der atemberaubende Duft der Frauen hing noch immer in der Luft, löste sich nur schwer auf und war überwältigend.
Wie bei vielen Adligen Kregens üblich, wurde der Mann, der das Gemach betrat, von einem Rudel Leibwachen umgeben, die jedoch keine Söldner waren. Ein einziger Blick verriet mir, daß es sich um junge Anwärter der Kriegerschaft handelte. Allerdings wäre es falsch, sie als das kregische Äquivalent des irdischen Ritters zu sehen, obwohl viele ihrer Rituale durchaus dem Konzept der Lehnsherrschaft entsprachen.
Die jungen Männer waren prächtig ausstaffiert, trugen viele Schwerter am Gürtel und waren ihrem Lord bis in den Tod ergeben.
Was nun den fraglichen Lord anging, so hatte ich nach dem ersten Blick gewisse Schwierigkeiten, ihn in die Gruppe von Kriegern einzureihen, die ich in San W'Watchuns Privatgemach gesehen hatte, bevor der verdammte hypnotische Blick des Illusionszauberers mich in das Traumland der irdischen Royal Navy geschickt hatte. Doch er war dabei gewesen, da war ich mir ziemlich sicher; er hatte im Hintergrund der mächtigen Krieger-Clique gelauert. Er trug ein zwangloses Abendgewand aus dunkelblauem Stoff mit goldenen Verzierungen, hatte jedoch trotz der festlichen Garderobe zwei Schwerter um die Taille geschnallt, die auf der anderen Seite in ein paar Dolchen ihre Entsprechung fanden.
Sein Gesicht war nicht sonderlich markant. Eine rote Narbe zog sich vom rechten Augenwinkel bis zum Mundwinkel. Die stammte meiner Einschätzung nach von einem linkshändigen Gegner oder einem Mann, der einen Rückhandschlag gelandet hatte; auf jeden Fall war der Lord von dem Schlag überrascht worden. Seine Lippen waren schmal, der Gesichtsausdruck hochmütig – aber das war natürlich die normale Miene der aufgeplusterten Großen dieser Welt.
Der kleine Wichtigtuer an seiner Seite schien sein Sohn oder sein Neffe zu sein; er äffte den Lord nach, war unreif, wieselgesichtig und ein unangenehmer Bursche, dem man am besten Vorsicht entgegenbrachte.
Zur anderen Seite des Lords stand einer der Illusionszauberer mit einem hohen krempenlosen Zylinderhut, der eine Handbreit kürzer als der W'Watchuns war. Der Mann war ein Apim, aber seine Gesichtszüge erinnerten mich an die eines Frosches. Die Augen quollen ihm hervor, die Lippen waren ständig geschürzt. Ich fragte mich, wie es um seine Fähigkeiten bestellt war, verglichen mit denen des einfallsreichen alten W'Watchun.
Einen Augenblick lang herrschte Stille im Raum.
Der Lord hob eine mit Ringen übersäte Hand. Ein gelbes Spitzentaschentuch baumelte ihm elegant von den Fingern. »Du hast meine Gastfreundschaft abgelehnt. Vielleicht machst du dir ja nichts aus Sylvies.« Seine Hand vollführte eine elegante Geste. »Für eine Person mit Geschmack sind sie zuviel des Guten, da muß ich zustimmen.«
Ich nickte und schwieg.
Der kleine Wichtigtuer gab ein schnaubendes Geräusch von sich. »Vielleicht zieht er ja ... äh ... etwas anderes vor.« Er kicherte sabbernd.
Mit einer bedächtigen Drehung des Kopfes, die deutlich unterstrich, daß ich sowohl die beleidigende Bemerkung als auch ihren Verursacher ignorierte, wandte ich mich an den Lord. »Zwischen uns fehlt das Lahal. Wir haben kein Pappattu gemacht.«
Eine leichte Rötung überzog seine Wangen. Falls meine Schlußfolgerungen aus der Unterhaltung mit dem Cadade richtig waren,
Weitere Kostenlose Bücher