6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben
blind. Irgendwie scheint sie nicht zu begreifen, dass sie anders ist, und ich kann es ihr nicht klarmachen.“
„Vielleicht solltest du es gar nicht versuchen. Warum willst du sie zwingen, etwas zu begreifen, was offenbar nicht wichtig für sie ist?“
„Aber sie kann doch nicht für immer in ihrer Traumwelt leben. Sie sollte ein bisschen realistischer denken, mehr habe ich gar nicht von ihr verlangt.“
„Realistischer denken?“, wiederholte Hope entsetzt. „Du kannst doch nicht ernsthaft der Ansicht sein, diese junge Frau hätte keinen Wirklichkeitssinn. Kein Wunder, dass sie dich hinausgeworfen hat. Am liebsten würde ich das auch tun.“
„Das traue ich dir zu.“ Er verzog das Gesicht.
In dem Moment ertönte ein leises Geräusch aus Celias Richtung.
„Das ist meine Armbanduhr“, erklärte sie. „Ich habe den Wecker auf sechs Uhr gestellt, weil ich eine Verabredung mit einem Kunden habe.“
„Aber Sie müssen mit uns essen“, wandte Hope enttäuscht ein.
„Das geht heute leider nicht. Ich bin neu in der Stadt und muss mir erst noch einen Namen machen. Ich kann es mir nicht leisten, potenzielle Kunden warten zu lassen.“
„Dann müssen Sie mir versprechen, an einem anderen Abend zu kommen“, bat Hope sie.
„Das verspreche ich gern. Können Sie mir bitte ein Taxi rufen?“
„Ich fahre dich“, erklärte Francesco. „Bis später, Mutter.“
„Danke. Jacko, lass uns gehen“, forderte Celia ihren Hund auf.
Hope beobachtete, wie Francesco sich zu Celia hinüberbeugte, als wollte er sie am Arm nehmen, doch plötzlich die Hand zurückzog. Aus irgendeinem Grund war Hope sich sicher, dass Celia die angedeutete Geste mitbekommen hatte, obwohl sie sich nichts anmerken ließ.
„Bis zum nächsten Mal, Signora“, verabschiedete sie sich, ehe sie mit Jacko zur Tür hinausging.
4. KAPITEL
„Wohin soll ich dich fahren?“, fragte Francesco, als er den Motor anließ.
„Ins Café Three Bells .“
„Gut, das kenne ich.“
Danach versanken sie in Schweigen. Sie waren zum ersten Mal wieder allein seit der Trennung und wussten nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Francesco war völlig verwirrt, er hatte sich von seiner Überraschung noch nicht erholt.
Nach seiner Rückkehr nach Neapel war er sich sicher gewesen, Celia würde ihn anrufen. Doch als er nichts von ihr hörte, wurde ihm schmerzlich bewusst, dass sie es wirklich ernst meinte. Sie hatte sich endgültig von ihm getrennt.
Trennung war eigentlich nicht das richtige Wort. Sie hatte ihn brutal aus ihrem Apartment hinausgeschmissen und dafür gesorgt, dass sie nichts mehr an ihn erinnerte. Trotz allem hatte er die Hoffnung nicht aufgegeben, sie würde es sich anders überlegen. Ihre Liebe war so überwältigend, intensiv und alles umfassend gewesen, dass er nicht glauben konnte, alles sei aus und vorbei. Es hatte genug flüchtige Affären in seinem Leben gegeben, viele Frauen hatten von Liebe geredet, und er hatte die Worte gedankenlos nachgeplappert. Erst seit er Celia kannte, wusste er, was Liebe wirklich bedeutete.
Die Liebe zu dieser unbequemen, aufregenden, herausfordernden, beunruhigenden und schwierigen jungen Frau, die schrecklich unvernünftig und eigensinnig sein konnte und deren Lachen so ansteckend war, hatte wie ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel getroffen.
Vielleicht war es sogar ihr fröhliches, unbekümmertes Lachen gewesen, womit sie ihn für sich gewonnen hatte, denn er war kein Mann, der oft lachte, höchstens einmal über einen guten Witz. Heiterkeit und Fröhlichkeit waren seine Sache nicht.
Celia war genau das Gegenteil, sie konnte über die geringste Kleinigkeit in Entzücken geraten. Oft hatte sie auch über ihn gelacht, was er nur selten hatte nachvollziehen können. Zuerst hatte er sich darüber geärgert, später hatte er mitgelacht. Er war glücklich, wenn sie ihren Spaß hatte, und er hätte alles für sie getan. In ihren Armen war er ein anderer Mann geworden, er hatte seine harte Schale abgelegt, weil er sie bei ihr nicht gebraucht hatte, und dafür war er ihr dankbar.
Er war davon ausgegangen, dass sie ihn genauso sehr liebte wie er sie. Er wollte einfach glauben, es käme alles wieder in Ordnung. Sie würde sich beruhigen und einsehen, dass ihre Liebe es wert war, dafür zu kämpfen. Und er hatte sich gewünscht, sie könnte ihm verzeihen, obwohl er immer noch nicht genau wusste, was er ihr eigentlich getan hatte.
Doch nichts dergleichen war geschehen. Als er seine persönlichen
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