6. Die Rinucci Brüder: Neapel sehen und sich verlieben
doch es fiel ihm auch auf, dass Jacko ihm bereitwillig folgte und sich dicht neben ihn setzte, so als gehörte er zu ihm.
„Wie weit sind die drei?“
„Sie gehen auf das Flugzeug zu; es ist so klein, dass darin kaum drei Personen Platz haben. Jetzt bleiben sie davor stehen, die Fallschirme werden geprüft und der Pilot klettert in die Maschine. So, und nun hilft er Sandro beim Einsteigen.“
Was er dann hörte, ließ ihn vor Entsetzen erstarren: Sie seufzte leise – so als würde sie Sandro beneiden. Die schrecklichsten Bilder bestürmten ihn, Bilder von Tod und Verderben.
Im ersten Moment glaubte er, er hätte es sich nur eingebildet, doch als er sie genau ansah, wusste er, er hatte sich nicht getäuscht. Sie hatte den Kopf zurückgelegt und wandte ihr Gesicht, auf dem ein verträumtes Lächeln lag, himmelwärts.
Neid, Verzückung, Entschlossenheit spiegelten sich darin. Es war zum Verrücktwerden.
Nein, er würde sich kein zweites Mal mit dieser Frau einlassen. Nie wieder sollte sie ihm das Herz brechen mit ihrer Halsstarrigkeit, ihren krankhaften Ideen und der Begeisterung für gefährliche Abenteuer. Es war aus und vorbei.
„Ist etwas?“ Beunruhigt streckte sie die Hand nach ihm aus.
„Was soll schon sein?“, fuhr er sie an.
„Du hast doch irgendetwas, sonst wärst du nicht so gereizt. Was machen die drei jetzt?“
Er beschrieb ihr alles sehr genau, ließ kein Detail aus und verkündete schließlich: „So, gerade sind Sandro und sein Partner aus dem Flieger gesprungen.“
„Haben sich die Fallschirme schon geöffnet?“, rief sie angespannt.
„Nein, noch nicht, aber es müsste bald so weit sein …“
Wie alle Umstehenden hielt auch er die Luft an, bis sich die Fallschirme endlich öffneten. Alle applaudierten, als die beiden Männer auf die Erde zuschwebten.
„Sie sind sicher gelandet“, konnte er dann berichten.
„Fantastisch!“ Celia freute sich wie ein Kind. „Jetzt haben wir wirklich etwas Spektakuläres anzubieten.“
Aber ehe ihm die passende Antwort einfiel, war Celia schon von Journalisten umringt, die sie mit Fragen bestürmten. Ihre Antworten sprühten vor Begeisterung und Unternehmerfreude. Francesco hielt sich währenddessen mit Jacko diskret im Hintergrund. „Wir werden hier nicht mehr gebraucht“, sagte er zu dem Hund und streichelte ihm das weiche Fell. „Das Gefühl kennen wir schon, stimmt’s?“
Der Hund hob den Kopf und sah ihn mit seinen großen braunen Augen an.
„Du hast deinen früheren Besitzer sicher sehr geliebt, und zum Dank für deine Treue wurdest du weggegeben. Irgendwie kommst du natürlich damit zurecht, aber …“ Plötzlich unterbrach er sich alarmiert. „Du liebe Zeit, ich rede mit dir, als ob du mich verstehen würdest. Vielleicht verstehst du tatsächlich alles, wie Celia glaubt. Ich wette, sie unterhält sich mit dir genauso wie mit Wicksy.“ Er versuchte nur, sich von allen beunruhigenden Gedanken abzulenken, das war ihm klar. Noch immer ließen Celias Worte „Verschwinde endlich!“ ihm keine Ruhe. Sie quälten ihn jede Nacht von Neuem und schwirrten wie böse Geister durch seinen Kopf.
„Was, zum Teufel, ist eigentlich mit mir los?“, murmelte er. „Warum musste das passieren? Warum?“
Er wünschte, er wüsste die Antwort. Vielleicht würde er dann endlich einen Weg aus seiner inneren Zerrissenheit, der Qual und den Selbstzweifeln finden.
„Francesco?“ Celias Stimme holte ihn in die Wirklichkeit zurück. „Ist alles in Ordnung?“
„Natürlich. Was steht als Nächstes auf dem Programm? Geht ihr alle zusammen essen?“ „Nein, wir haben uns für nächste Woche verabredet. Lass uns nach Hause fahren.“
In dem Moment kam Sandro winkend und rufend auf sie zu.
„Was für ein Tag! Unglaublich, welche Möglichkeiten sich uns eröffnet haben. Wir können auch aus Hubschraubern und Ballons abspringen.“
„Das werden wir ausprobieren“, versprach Celia. „Nächste Woche besprechen wir die Einzelheiten.“ „Okay. Bis dann, Liebes.“ Er umarmte sie und küsste sie herzlich. Zu Francescos Entsetzen erwiderte sie den Kuss und flüsterte ihm noch etwas ins Ohr.
Erst nach einer halben Ewigkeit löste sie sich von ihm und ging dann mit Francesco und Jacko zum Auto.
„Fahren wir noch einkaufen? Ich möchte heute Abend für dich kochen“, verkündete sie.
„Ja, kein Problem.“
Während sie durch die Geschäfte schlenderten, fühlte Francesco sich zurückversetzt in glücklichere Zeiten. Auch damals waren sie
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