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600 Stunden aus Edwards Leben

600 Stunden aus Edwards Leben

Titel: 600 Stunden aus Edwards Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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Polizisten, die ihn verhaftet haben, über die Straße und geht zu meinem Haus. Ich treffe ihn an der Tür. Ich habe diesen Polizisten schon mal gesehen.
    »Geht es ihr gut?«, frage ich.
    »Es hat sie sehr mitgenommen. Sie wird ein paar blaue Flecken bekommen. Aber sonst geht es ihr gut.«
    »Sie hatte eine einstweilige Verfügung gegen diesen Mann erwirkt, oder?«
    »Ja.«
    »Warum war er dann hier?«
    »Tja, das ist eine gerichtliche Anordnung, keine Gefängniszelle. Aber dort wird er nun landen.«
    »Das ist schrecklich.«
    »Ja. Und es hätte noch schlimmer kommen können, Mr Stanton. Danke, dass Sie uns verständigt haben.«
    »Sie werden nicht meinen Vater anrufen, oder?«
    Der Beamte schmunzelt. »Nein, Sie haben das Richtige getan.«

    Mike,
    Sie sind Abschaum. Sie sind untermenschlich. Sie sind ein grauenvoller, grauenvoller Mann.
    Sie haben kein Recht, dort hinzugehen, wo Sie nicht erwünscht sind, und einer einstweiligen Verfügung gegen Sie zuwiderzuhandeln. Sie haben kein Recht, vor Donna Middletons Haus zu sein. Sie haben kein Recht, sie anzuschreien, zu schlagen oder zu würgen.
    Ich kann nur hoffen, dass Sie aufgrund der Gesetzesmacht irgendwohin gebracht werden, wo Sie sie nicht wieder verletzen können.
    Edward Stanton
    Ich stecke den Brief in einen neuen grünen Aktenordner mit der Aufschrift »Mike« und ordne ihn ein. Ich möchte mich übergeben.

    Nach Zeitplan gehe ich um Punkt Mitternacht ins Bett. Ich kann nicht einschlafen und denke, dass ich mich auf eine ungewöhnliche Aufwachzeit am Morgen einstellen muss, falls ich überhaupt schlafen werde. Meine Daten werden vollständig sein, aber sehr unregelmäßig.
    Um 1:47 Uhr – das weiß ich, weil ich nicht schlafe und auf den Wecker sehe – höre ich ein Klopfen an der Haustür. Ich krabble aus dem Bett und gehe zur Tür, wo ich durch den Spion sehe.
    Hinter der Fischaugenlinse steht Donna Middleton. Sie hat eine lilafarbene Schwellung unter dem rechten Auge. Ihr Gesicht ist verheult und das Make-up verschmiert. Sie hat geweint.
    Ich öffne die Tür.
    »Hallo, Mr Stanton.«
    »Hallo, Ms Middleton. Geht es Ihnen gut?«
    »Meine Verletzungen werden in ein paar Tagen verheilt sein, wie sie sagen. Aber es geht mir nicht gut.«
    »Das verstehe ich.«
    Sie blickt zu Boden. »Ich möchte Ihnen danken, dass Sie die Polizei gerufen haben.«
    »Ja.«
    »Und ich wollte mich für meine Reaktion heute Morgen entschuldigen – o Gott, heute Morgen! Das scheint eine Ewigkeit her zu sein.« Sie schluchzt.
    »Ja.«
    »Ich werde aus Ihnen nicht schlau, Mr Stanton.«
    »Edward.«
    »Edward«, wiederholt sie.
    »Ich weiß.« Ich weiß nicht genau, was ich sagen soll.
    »Sind Sie unser Freund, Edward?«
    »Ja.«
    »Also gut. Dann nochmals vielen Dank. Ich war …« Sie schluchzt wieder. »Ich war sicher, ich würde sterben.«
    »Das wäre bestimmt nicht passiert.«
    Sie versucht zu lächeln, weint aber noch mehr. Sie reibt sich über das Gesicht und schnieft. »Also gut. Es ist spät. Wahrscheinlich habe ich Sie geweckt. Gute Nacht, Edward.«
    »Gute Nacht.«
    Ich beobachte, wie sie sich umdreht und schräg über die Straße geht, von meinem Vorgarten zu ihrem. Sie steigt die Stufen ihrer Veranda hinauf, öffnet ihre Tür und verschwindet im Haus.
    Es ist 2:00 Uhr. Ich gehe immer um Punkt Mitternacht ins Bett, aber heute war ein außergewöhnlicher Tag, und hier stehe ich und bin noch wach. Um diese Uhrzeit habe ich meine Nachbarschaft noch nie gesehen. Sie ist ruhig und schön. Ich höre nichts außer dem Klopfen meines Herzens.

SONNTAG, 19. OKTOBER
    Ich bin nicht überrascht, den Mann vor mir zu sehen. Es ist Mike. Obwohl er fast zwanzig Zentimeter kleiner ist, nicht größer als eins fünfundsiebzig, wiegt er mindestens genauso viel wie ich, und im Gegensatz zu mir hat Mike Muskeln. Sein kantiges Gesicht ist gerötet. Er hält einen Baseballschläger und schwenkt ihn drohend hin und her. Dieser Schläger, da bin ich sicher, ist für mich gedacht.
    Ich bin überrascht, dass Mike nicht im Gefängnis ist. Die Polizisten in dieser Stadt sind fürchterlich.
    Ich bin nicht überrascht, dass er auf mich zukommt.
    Ich bin überrascht, dass ich nicht weglaufe – tatsächlich stehe ich ganz still.
    Ich bin nicht überrascht, dass Mike zum Schlag ausholt und direkt auf meinen Kopf zielt …

    Ich bin überrascht, dass ich wach bin. Noch mehr überrascht bin ich, dass es 4:12 Uhr ist.
    Wie es scheint, gibt es nicht mehr viel, auf das ich mich verlassen

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