600 Stunden aus Edwards Leben
es endlich schlucke, fühle ich mich ein bisschen daneben – nicht schwindelig, aber mir ist deutlich bewusst, dass etwas nicht ganz in Ordnungist. Während ich dasitze und spanischen Reis in meinen Mund schaufle, merke ich, wie das Medikament wirkt, und mein Unwohlsein lässt nach.
Mein Vater hat es wieder mal auf die Titelseite des
Billings Herald-Gleaner
geschafft, unter der Überschrift »Stanton verunglimpft Vorstand von Big Sky«.
Von MATT HAGENGRUBER aus der Redaktion des Herald-Gleaner
Ted Stanton, Landrat von Yellowstone County, der mit seinen Landratskollegen und weiteren Mitgliedern des Beratungsausschusses der Wirtschaftsentwicklungsagentur
Big Sky
im Konflikt steht, nachdem sein Kandidat für den Posten des Direktors scheiterte, kritisierte den Ausschuss und warnte, dass dem Bezirk eine Schlacht »um die Seele« seiner wirtschaftlichen Zukunft bevorstehe.
»Ich denke, die Wähler und Geschäftsleute dieser Region werden sich diese Agentur genau ansehen müssen«, sagte Stanton gestern in einem Interview. »Ich denke, wenn es den Leute wirklich mal ans Eingemachte geht, werden sie merken, dass sie hier benachteiligt sind. Yellowstone County hat etwas Besseres verdient.«
Beim »Eingemachten« handelt es sich laut Stanton um eine Reihe von Entscheidungen, die das wirtschaftliche Wachstum im Landkreis »beeinträchtigt« habe. Dazu gehöre das fehlgeschlagene Promenaden-Projekt, das für Westend geplant gewesen war und etwa neunzig Geschäfte auf einer städtischen Flaniermeile gebracht hätte. Befürworter dieses Projekts zogen sich letzten Monat mit dem Argument schwindender Wirtschaftskraft zurück, doch Stanton vertritt weiterhin die Ansicht, die Bezirksverwaltung und
Big Sky
hätten das versprochene Paket der Steueranreize nicht durchgesetzt.
Stanton gibt an, seine Kritik am Ausschuss habe nichts mit der Kandidatur seines Freundes Dave Akers für das Amt des Agenturdirektors zu tun. Akers, der als Hauptfavorit für diesen Posten galt, wurde aus dem Kreis der Bewerber ausgeschlossen, nachdem er vor zwei Wochen wegen Verdachts auf Trunkenheit am Steuer festgenommen worden war.
»Die Art, wie mit Dave umgegangen wurde, ist typisch für die Arbeit dieses Ausschusses«, sagte Stanton. »Aber es ist unerheblich dem gegenüber, was die mangelnde Entwicklung des Bezirks betrifft.«
Landratskollege Rolf Eklund äußerte sich Stantons Vorwürfen gegenüber skeptisch.
»Jeder weiß doch, was Teds Problem ist«, sagte Eklund, der sich in Landratssitzungen häufig Gefechte mit Stanton liefert. »Er hat sich nie besonders bemüht, seine Pläne zu verheimlichen.«
Sicherlich ist Stanton schon lange eine kontroverse – wenn auch angesehene – Figur der politischen Szene des Yellowstone County …
Mein ständig Streit suchender Vater scheint wieder mal einen solchen gefunden zu haben. Vielleicht setzt das ja dem Streit mit mir ein Ende, zumindest vorübergehend. Ich kann es nur hoffen. Ich bevorzuge Tatsachen.
Nach dem Essen gehe ich ins Schlafzimmer und begutachte die gestern gekauften Kleidungsstücke.
Wie ich bereits erwähnt habe, muss ich zunächst alle noch einmal anprobieren, um sicherzustellen, dass sie in Ordnung sind.
Das dauert eine Weile, da ich meine Arbeitsklamotten ausziehen, die neuen Sachen anziehen, mich im großen Spiegel am Kleiderschrank betrachten und dann das Outfit wechseln muss.
Alles passt, und an einem Körper, der zugegebenermaßen etwas auseinandergegangen ist, vor allem, seit ich über dreißig bin, sitzen die Sachen prima. Einmal trete ich ganz dicht vor den Spiegel und betrachte mein Gesicht von Nahem. Ein Gesicht verändert sich von Tag zu Tag unmerklich, aber bei genauem Hinsehen erkenne ich, was über die Jahre passiert ist. Die Falten oberhalb meiner breiten flachen Nase werden tiefer. Um meine Augen zeigen sich kleine Fältchen. Mein Haar, das schon seit Jahren von den Schläfen zurückweicht, ist an den Seiten grau geworden.
Ich fange an, so alt auszusehen, wie ich bin.
Um 15:02 Uhr höre ich das
Klopf-klopf-klopf
von Fingerknöcheln an der Haustür. Ich bin gerade im Computerzimmer und lese etwas über Bobby Troup aus dem Schauspieler-Ensemble von Jack Webb. (Wussten Sie, dass er die Titelmelodie für die Serie
Route 66
geschrieben hat? Ich nicht.)
Ich gehe die fünf Schritte bis zur Tür und schwinge sie auf. Vor mir stehen, dick eingemummelt, Kyle und seine Mutter und bitten mich rauszukommen. Hinter ihnen, auf dem Gehweg zu meinem Haus, steht der
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