66095: Thriller (German Edition)
fragte Boulter erwartungsvoll.
Angelis, der in den letzten vier Stunden damit beschäftigt gewesen war, das Computersystem wieder in Gang zu bringen, schüttelte den Kopf. »Durch das Beben wurden die Relaissender beschädigt. Wenn einer von denen da unten noch am Leben ist, können wir nicht registrieren, wo er sich gerade befindet. Aber im Augenblick haben wir andere Sorgen. Der Geologische Forschungsdienst hat im Furnace Drucksensoren installiert. Das Wasser hat einen Durchfluss von 700000 Kubikmetern pro Sekunde, das sind fast 300000 Kubikmeter mehr als normalerweise. Wenn es weiter so stark regnet, könnten die höher liegenden Teile der Höhle binnen sechsunddreißig Stunden überflutet sein. Und soeben hat uns die Nachricht erreicht, dass der Hermes-Stausee beschädigt ist. Sie versuchen zwar, den Schaden zu reparieren, aber es sieht nicht gut aus.«
»Verdammte Scheiße!«, rief Boulter. Er rieb sich das stoppelige Kinn und lief hin und her, dann blieb er stehen und sah Swain und Norton an. »Und jetzt?«
»Vorsicht«, sagte Swain überrascht. »Chester ist fertig, stimmt’s?«
Chester nickte. »An Ihrer Stelle, meine Herren, würde ich einen Schritt zurücktreten und möglichst eine Sonnenbrille aufsetzen«, sagte er. »Die Netzhaut könnte durch die Laserstrahlung geschädigt werden.«
Die drei Männer traten ein paar Schritte zurück und tasteten in ihren Taschen nach ihren Sonnenbrillen. Chester tippte einen langen Zahlencode in den Computer ein und drückte die Enter-Taste. Untermalt vom Prasseln des Regens auf das Zeltdach war im nächsten Augenblick ein Ton niedriger Frequenz zu hören. Ein intensiver roter Lichtstrahl schoss aus der Box, die die Spitze des Dreiecks bildete, und traf auf das Prisma. Eine Sekunde später erklang ein Ton mittlerer Frequenz, und ein blauer Laserstrahl schoss aus der rechten Box, gefolgt von einem hohen schrillen Ton. Es war ein Missklang, wie wenn ein Kind mit der Faust wahllos auf die Klaviertasten schlägt. Die dritte Box sandte einen grellen gelben Lichtstrahl aus, der sich mit dem roten und dem blauen Lichtstrahl in dem Prisma traf.
Einen Moment lang erstrahlte der Raum in gleißender Helligkeit, so dass die vier Männer die Augen zukneifen und den Blick abwenden mussten. Aus dem Prisma der vierten Box flutete alsbald ein grünes Licht, das auf das weiße Brett am Boden auftraf und reflektiert wurde, an Volumen gewann und bald eine erkennbare Form bildete.
»Hol mich der Teufel«, murmelte Boulter. »Das kleine dicke Kerlchen ist doch wahrhaftig ein Genie.«
»So weit würde ich nicht gehen«, sagte Swain, »aber wir sind ein gutes Stück vorangekommen.«
»Ein gutes Stück?«, rief der Projektleiter und schüttelte ehrfürchtig den Kopf. »Das ist ungeheuerlich.«
Über dem weißen Brett war, in milchiges Grün getaucht, ein dreidimensionales Hologramm des Labyrinthsystems erkennbar. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein riesiger Schwarm Quallen, die mit einem traurigen Häuflein Kraken und Tintenfischen kämpften; zahllose Tentakel krümmten und schlängelten sich inmitten des Getümmels steingewordener Mollusken.
Swain ging in die Hocke, um in diesem Gewirr eine Struktur zu erkennen. Es waren neun deutlich sichtbare längliche, buckelförmige Formationen, die durch filigrane Fortsätze nach unten miteinander verbunden waren. An den Seiten von vier dieser Buckel klafften Löcher, die aussahen wie die Schnäbel von hungrigen Vögeln, die nach Futter gierten. Das waren die Haupteingänge zur Labyrinthhöhle. Am nördlichen Ende jedes der neun Buckel befanden sich ähnliche Öffnungen, aus denen eine smaragdgrüne Flüssigkeit in einen träge fließenden Strom mündete.
Chester schnippte mit den Fingern. »Warum haben wir nicht früher daran gedacht!«
»An was?«, fragte Angelis.
Chester schlug sich auf die Oberschenkel und kicherte in sich hinein.
»Was denn?«, fragte Swain.
»Siehst du nicht, Onkel Jeff? Es liegt doch hier, vor unseren Augen. Weißt du noch, was Mrs. Burke uns gesagt hat? Höhlen entstehen durch Wasser, das versickert und sich durch wasserlösliches Gestein seinen Weg ins Erdinnere bahnt, wo es Wasserläufe bildet, die sich vereinen, bevor sie ins Meer münden.«
»Und?«, sagte Boulter.
Chester deutete auf die vier Öffnungen an den Seiten des Hologramms der Höhle. »Wir haben die Sensoren nur an den Eingängen aufgestellt, die für Menschen zugänglich sind.«
Er wies auf die neun Stellen des Hologramms, wo die
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