68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
'S mir alle zusammen einen Gefallen tun wollen, so nennen 'S mich nur du. Das ist mir das liebst, und ich werd trotzdem Sie sagen, außer wann ich mich mal versprech, was bei mir freilich zuweilen passieren tut. Und was nun die Wetten betrifft, so mag sie immer gelten.“
„Nein, das hieße den Scherz zu weit treiben. Du mußt doch verlieren.“
„Ich? Na, wann 'S das denken, so tret ich erst recht nicht zurück. Ich will meine zehn Markerln gewinnen und werd also den Herrn Walthern noch heut herbeischaffen.“
Er sagte das in einem so zuversichtlichen Ton, daß die anderen nicht wußten, ob er Ernst oder Spaß mache. Er lachte ihnen ins Gesicht und meinte:
„Ja, ja, da schauen 'S mich an und wissen 'S halt nicht, woran 'S mit mir sind. Oh, dera Sepp ist ein so gar Schlauer! Hat er der Frau Bürgermeisterin den Sohn bracht, so wird er ihr auch wohl noch seinen Vatern bringen können. Laßt mir nur noch ein wenig Zeiten. Nachher werd ich da meinen Zauberstab nehmen“ – er deutete nach seinem Alpenstock – „und mit demselbigen auf den Tisch schlagen. Und sobald ich das tu, wird dera Mann hier vor Ihnen stehen.“
Diese Wendung hatte zur Folge, daß seine Worte nun ohne allen Zweifel für scherzhaft galten. Es wurde nicht weiter davon gesprochen, und auch er selbst war still; doch lauschte er aufmerksam, ob sich nicht die Schritte eines Nahenden hören lassen möchten.
Später wurde die Bürgermeisterin für kurze Zeit von dem Dienstmädchen nach der Küche gerufen, und grad da klopfte es an die Tür.
Sofort griff der Sepp nach seinem Stock, schlug damit auf den Tisch und sagte:
„Jetzund kommt er. Hereini!“
Die Tür öffnete sich, und der Baron trat ein.
Aller Augen waren natürlich nach der Tür gerichtet gewesen, natürlich in der Gewißheit, daß es sich nur um einen Scherz handle. Als Milda ihren Vater erblickte, stand sie überrascht vom Stuhle auf.
„Du, Vater! Du?“
„Ja, mein Kind“, antwortete er: „Ich war mit meiner Beschäftigung zu Ende, und da mir einfiel, daß du so ganz allein gegangen warst, so glaubte ich, dir einen Gefallen zu tun, wenn ich käme, um dich abzuholen.“
„Das ist ja sehr schön!“ meinte sie erfreut. „An solche Aufmerksamkeiten ist man hier gar nicht gewöhnt. Wenn du aber erlaubst, verweilen wir noch eine Viertelstunde hier. Ich muß dir doch die Frau Bürgermeisterin vorstellen.“
„Wo ist sie?“
„In der Küche. Doch wird sie nicht lange auf sich warten lassen. Erlaube mir zunächst, dir Herrn Lehrer Walther vorzustellen, und hier ist noch einer, welcher behauptet, bei dir gewesen zu sein. Du mußt ihn also bereits kennen.“
Walther hatte sich beim Eintritt des Barons natürlich erhoben. Als sein Name genannt wurde, verbeugte er sich respektvoll.
Der Blick des Barons ruhte eigentümlich forschend auf ihm und wendete sich dann finster nach dem Sepp.
„Du hier? Ich denke, du willst nach dem Gasthof!“
„Ich wollt schon erst; aber die Frau Bürgermeisterin ist eine gute Bekannte von mir, und da hat sie mich beten, bei ihr zu bleiben.“
„So!“ erklang es gedehnt und ärgerlich. „Hm!“
Milda kannte ihren Vater. Er hatte sich noch nicht gesetzt, und so befürchtete sie, daß des Sepps Anwesenheit ihn veranlassen werde, augenblicklich wieder fortzugehen. Darum lenkte sie seine Aufmerksamkeit auf den Lehrer:
„Herr Walther ist heut auch Gast der Frau Bürgermeisterin, lieber Vater. Wir haben uns sehr gut unterhalten. Willst du nicht für einige Augenblicke Platz nehmen?“
„Wenn Herr Walther gestattet, ja.“
Er sagte das in sehr reserviertem Ton und verneigte sich dabei mit nicht ganz verborgener Ironie. Walther erwiderte seinerseits die Verbeugung, und da der eine hüben und der andre drüben am Tisch stand, so kamen dadurch ihre Köpfe einander nahe. Milda stieß einen leisen Schrei aus. Ihr Auge war auf die beiden Physiognomien gefallen.
„Was hast du?“ fragte ihr Vater.
„Welch eine –!“
‚Ähnlichkeit!‘ hatte sie sagen wollen, hielt aber das Wort zurück und richtete den Blick auf den Wurzelsepp, welcher noch seitwärts stand, den Alpenstock in den Händen. Sie war leichenblaß geworden.
„Nun?“ wiederholte ihr Vater.
„Nichts“, antwortete sie. „Ich stieß mich an dem Tisch.“
Er setzte sich nieder, winkte Walthern, dasselbe zu tun, und sagte in jenem protektionellen Ton, in welchem Hochstehende mit Untergeordneten zu sprechen pflegen:
„Meine Tochter sagt mir, daß Sie Lehrer sind. Darf ich
Weitere Kostenlose Bücher