7 Werwolfstories
gelangweilten Blick zu.
»Sie hat mir das beigebracht. Hat mir ‘ne Menge beigebracht, und ich – ich kann immer noch, wasse mir beigebracht hat. Es war nicht wie ein Professor, der sich in eine Studentin verliebt. Nein, es war anners. Es war wundervoll. Wie ein ganz neues Leben.«
Der Barkeeper rutschte unauffällig ans Ende der Theke. »He, Sie!« flüsterte er.
Der kleine Mann mit dem komischen Bart blickte von seinem Glas auf. »Ja, Kollege?«
»Wenn ich dem besoffenen Professor noch fünf Minuten zuhören muß, schlag’ ich die Einrichtung zusammen. Wie wär’s, wenn Sie mal für ein Weilchen meinen Platz einnähmen?«
Der kleine Mann musterte Wolf und interessierte sich besonders für die Hand, die das Cocktailglas umspannte. »Gern, Kollege«, nickte er.
Der Barkeeper stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und verschwand.
»Sie war die Jugend selbst«, sagte Wolf eindringlich zu seinem neuen Gegenüber. »Aber es war nicht nur das. Sie war Leben und Aufregung, und Freude und Ekstase und so. Vaschtehn …« Er brach ab und starrte auf seinen neuen Zuhörer. »Komisch«, stellte er fest. »Und das direkt vor meinen Augen. Komisch.«
»Wie sagten Sie soeben, Kollege?« fragte der mollige kleine Mann, der jetzt vor ihm stand.
»Hab’ ich Ihnen erzählt, wie ich mal in ihre Wohnung ging, um ihre Semesterabschlußarbeit durchzusehen?«
»Nein. Aber zweifellos werden Sie das gleich nachholen.«
»Woher wissen Sie das? Also, an jenem Abend …«
Der kleine Mann trank langsam, und doch war sein Glas leer, als Wolf endlich mit seinem Bericht über die ebenso sinnlose wie zaghafte Flirterei, die an dem Abend stattfand, fertig war. Neue Gäste kamen herein, und der Raum hatte sich zu einem Drittel gefüllt.
»… und seit damals …« Wolf unterbrach sich scharf. »Das sind Sie ja gar nicht«, beschwerte er sich.
»O doch, Kollege.«
»Aber Sie sind ein Barkeeper, und Sie sind doch keiner.«
»Nein. Ich bin ein Zauberer.«
»Oh. Das erklärt alles. Also, wie ich Ihnen sagte – he! Ihre Glatze ist Bart.«
»Wie bitte?«
»Ihre Glatze ist Bart. Genau wie Ihr Kopf. Bloß so Fransen drum ‘rum.«
»Mir gefällt es so.«
»Und Ihr Glas ist leer.«
»Ist schon recht.«
»O nein, das ist es nicht. Schließlich treffen Sie ja nicht jeden Abend einen Mann, der Gloria Garton einen Heiratsantrag machte und abgewiesen wurde. Das ist ein Grund zum Feiern.«
Wolf hieb mit der Faust auf die Theke und hielt zwei Finger hoch.
Der kleine Mann betrachtete die beiden gleichlangen Finger. »Nein«, sagte er sanft. »Lieber nicht. Ich weiß, wieviel ich vertrage. Wenn ich noch etwas trinke, könnte es sein, daß etwas passiert.«
»Lassen Sie’s paschieren.«
»Nein. Bitte, Kollege. Ich möchte lieber …«
Der Barkeeper brachte die Drinks. »Bitte«, flüsterte er, »sehen Sie zu, daß er ruhig bleibt.«
Zögernd nippte der kleine Mann an seinem neuen Gin Tonic.
Der Professor nahm einen handfesten Schluck von seinem x-ten Zombie. »Ich heiße Wauwau«, proklamierte er. »Viele Leute nennen mich Wolfe Wolf. Die denken, das ist komisch. Aber in Wirklichkeit heiße ich Wauwau. Und Sie?«
»Ich heiße Ozymandias der Große.«
»Ulkiger Name – das.«
»Ich sagte Ihnen, daß ich ein Zauberer bin. Aber ich trete schon lange nicht mehr auf. Theaterdirektoren sind in dieser Beziehung komisch. Niemand will einen echten Zauberer. Man will nicht mal eine Probe meiner feinsten Künste sehen. Ich erinnere mich an eine Nacht in Darjeeling …«
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Mister – Mister …«
»Nennen Sie mich Ozzy. Die meisten Leute reden mich so an.«
»Nett, Sie getroffen zu haben, Ozzy. Also, dieses Mädchen. Diese Gloria. Sie vaschtehn …?«
»Klar, Kollege.«
»Sie ist der Ansicht, ein Professor für Germanistik sei ein Nichts. Sie will was
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