80 Days - Die Farbe des Verlangens: Band 4 Roman (German Edition)
verschmolzen, einander zerstörten oder vielleicht beides zugleich.
Genau so hatte ich es auch erlebt.
Die Glut zwischen Chey und mir war nie abgekühlt – vielleicht, weil wir nicht oft genug zusammen gewesen waren, um einander überdrüssig zu werden.
In diesen ersten Tagen und Nächten in seinem Apartment in der Gansevoort Street und in dem Resort in der Dominikanischen Republik hatten wir rekordverdächtig oft miteinander gevögelt und das Schlafzimmer nur verlassen, wenn wir unbedingt etwas essen oder ins Bad mussten und sich diese körperlichen Bedürfnisse nicht länger aufschieben ließen.
Selbst dann saß ich ohne Slip am Tisch, oder ich trug das Spielzeug, das Chey für mich gekauft hatte – einen exquisiten Analstöpsel aus Kristall oder einen Dildo mit Fernbedienung, die er in der Tasche hatte und auf die er nur zu drücken brauchte, damit es in mir zu vibrieren begann.
Ich war mir sicher gewesen, dass man uns aus der Bar in La Caleta rauswerfen würde, nachdem er darauf bestanden hatte, in der Nische neben mir zu sitzen. Als wir unsere mit pinkfarbenen Schirmchen verzierten Cocktails tranken, sah es zwar so aus, als hätte er mir den Arm auf die Schulter gelegt, in Wirklichkeit aber hatte er ihn über meinen Rücken bis zu meinem Hintern geschoben und die Finger tief in meine Rosette gesteckt. Die anderen Touristen um uns herum schienen jedoch nichts zu bemerken.
Aus dem Augenwinkel sah ich eine Bewegung. Es war Madame Denoux, noch immer in ihrem langen blutroten Kleid und mit Maske. Der Samtstoff passte so gut zur Dekoration des Place, dass man meinen konnte, sie erschiene wie ein Geist aus dem Nichts und wäre nicht die Besitzerin des Etablissements, sondern Teil seiner Mauern. Selbst in ihrem Zuhause umgaben sie eine geheimnisvolle Aura und der Hauch von etwas Makabrem. Ich machte mir schon Sorgen, ob ich auch so werden würde, wenn ich länger in diesem Geschäft bliebe und mein eines Ich nicht mehr von dem anderen unterscheiden könnte.
Madame wirkte außerordentlich zufrieden mit sich. Mittlerweile konnte ich trotz der Maske ihre Stimmungen einschätzen und sogar an ihrer Haltung ablesen, welche Gedanken ihr durch ihren außergewöhnlichen Kopf huschten.
Durch das Tanzen war ich nicht nur für meine eigenen Empfindungen sensibler geworden, sondern auch für die anderer Menschen. Der Grund für Madames gute Laune war zweifellos das Pärchen, und ich konnte mir vorstellen, dass sie ihnen für zukünftige Dienste eine enorme Summe aus der Tasche gezogen hatte. Allerdings hatte sie mich bis jetzt nicht gefragt, ob ich mit einem Privatauftritt einverstanden sei, und schien es auch nicht vorzuhaben.
Nein. Sie hütete ein weiteres Geheimnis, eines, das ich unbedingt lüften wollte.
Madame Denoux war zwar diskret, aber sie hatte eine Achillesferse: ihren Stolz. Sie prahlte zu gern mit ihren Erfolgen.
»Eine umwerfende junge Frau«, sagte ich zu ihr, um ihr Ego zu kitzeln. »Einfach faszinierend.«
»Versuch es nicht hintenrum, Luba, das passt nicht zu dir.«
»Ich bin doch nur neugierig. Eine ganz normale Reaktion, oder?«
»Nun, wenn du dich ein bisschen geduldest, wirst du es schon sehen«, erwiderte sie süffisant. Zwar hatte sie mir angeboten, am Silvesterabend früher aufzutreten, damit ich anschließend draußen ins neue Jahr feiern konnte, aber ich hatte abgelehnt. Ich war nicht abergläubisch, dieser Augenblick, in dem das eine Jahr in das andere überging, bedeutete mir nichts.
Da ich wusste, dass Madame Denoux ein längeres Schweigen nicht ertrug, wartete ich einfach nur wortlos ab.
Und tatsächlich sagte sie schließlich: »Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass er ein paar Stunden deiner Zeit kaufen wollte. Aber er will nur sein Mädchen auf der Bühne tanzen sehen, sonst nichts. Seltsam. Da denkt man, man kenne die Männer in- und auswendig, und schon überraschen sie einen.«
Ich war ein bisschen gekränkt, dass er nicht meine Gesellschaft gebucht hatte. Aber er war der Rothaarigen eindeutig mit Haut und Haaren verfallen. Und ich fand es faszinierend, dass er nicht mich, sondern sie tanzen sehen wollte. Vor Publikum. Nackt. Ich dachte an Cheys Reaktion, als er entdeckt hatte, womit ich mein Geld verdiente. An seine Bestürzung, seine Wut.
Was war das für ein Mann, der sich in Unkosten stürzte, damit seine Frau sich vor anderen auszog?
Ein Mann, den ich gerne kennenlernen würde.
»Die beiden kommen also morgen wieder? Und sie tanzt?«
»Ja. Nach Mitternacht, am
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