9 SCIENCE FICTION-STORIES
den ganzen Tag geholfen, einen Teil seiner Ausrüstung anzuschließen.
Er hatte das Balkongeländer niedergerissen und baute seine Maschine draußen auf dem Balkon, direkt über der Schlucht. Er konnte sie einstellen, sagte er. Ich meine damit, daß dieses Feld eine Art Linseneffekt hervorrief, und er konnte angeblich das Feld genau einstellen.
Das Komische daran war, daß der Brennpunkt jenseits des Balkons lag, als er ihn endlich eingestellt hatte. Direkt über der Schlucht. Er wollte nicht, daß jemand durch Zufall in den Brennpunkt stolperte.
Und durch die Linse konnte man Geräusche hören.
Die Schlucht war seit Monaten ausgetrocknet – seit dem Tag, an dem Mutter den Bach umgeleitet hatte. Doch jetzt hörte man durch diese Linse das endlose Rauschen von Wasser.
Im ganzen Haus konnte man es hören.
Der Lärm machte mich nervös. Er schien sogar die beiden niederzudrücken.
Das Geräusch machte mich verrückt. Ich schleppte meinen Schlafsack noch tiefer in das Wäldchen. Trotzdem hörte ich das Wasser.
Eines Nachts, eine Viertelmeile vom Haus entfernt, krabbelte ich aus dem Schlafsack und ging zurück ins Haus. Ich wollte ihn aufwecken und ihn bitten, das Ding abzustellen.
Das zumindest war meine Ausrede. Und es stimmte wirklich, daß ich nicht einschlafen konnte.
Ich hatte mir alles so schön ausgerechnet. Wie ruhig ich seine Tür öffnen, wie ich auf Zehenspitzen zu ihm schleichen würde. Wie ich mich über ihn beugen, meine Hand weich auf seine Brust legen und ihn sanft wecken würde.
Alles war vorherberechnet – bis auf eines.
Ich stand da, beugte mich über sein Bett und versuchte im Dunkeln die Umrisse seiner Gestalt auszumachen.
Ich streckte die Hand aus.
Es war nicht die Brust eines Mannes, die ich berührte.
»Was willst du?« flüsterte Mutter.
In der kurzen Spanne, in der ich mich von meinem Schrecken erholte, hatte mein Inneres entschieden, daß sie ihn auch nicht haben sollte, wenn ich ihn nicht haben konnte. Alles hat seine Grenzen. Der Augenblick der Abrechnung war gekommen.
Er hatte immer seine alte Pistole auf dem Tisch liegen, die, die er mitgebracht hatte. Geräuschlos griff ich nach ihr. Ich fand sie. Ich wußte, es war so dunkel, daß Mutter nicht sehen konnte, womit ich in diesem Augenblick auf sie zielte.
Ich war mir völlig im klaren darüber, was ich vorhatte und welche Folgen meine Tat hervorrufen würde. In Doktor Browns Schlafzimmer auf Skyridge wurde fünf Minuten vor Mitternacht am dritten Juni 1977 ein Mord vorbereitet.
»Wenn das Ding losgeht«, flüsterte Mutter, »wacht Vater vermutlich auf.«
»Vater …?« keuchte ich. Der Pistolengriff landete auf meiner Zehe. Ich merkte kaum, daß ich die Waffe fallen ließ.
Ich hatte genau gehört, was sie gesagt hatte. Aber plötzlich merkte ich, daß es keinen Sinn ergab. Sie hätten es mir schon lange gesagt, wenn es gestimmt hätte. Und er hätte mich nicht – so angesehen, Tag für Tag. Sie log.
Sie fuhr ruhig fort: »Willst du ihn wirklich haben?«
Wenn eine Frau einer anderen diese Frage stellt, dann will sie im allgemeinen ihr Besitzrecht betonen und nichts anderes. Die Tonskala reicht von einem feinen Spott bis zu offenem Triumph.
Aber Mutters Stimme war völlig ruhig und gleichgültig.
»Ja!« sagte ich rauh.
»So sehr, daß du auch ein Kind von ihm haben möchtest?«
Jetzt konnte ich nicht mehr zurück. »Ja.«
»Kannst du schwimmen?«
»Ja«, erwiderte ich mechanisch.
Nichts war in diesem Augenblick logisch und zusammenhängend. Da waren wir, zwei Hexen, die um Leben und Tod stritten, während unser Streitobjekt friedlich neben uns schlief.
Sie flüsterte: »Weißt du, von wann er kommt?«
»Du meinst woher ?«
»Nein. Er kommt aus dem Jahre 1957. In diesem Jahr fiel er in ein magnetronisches Feld. In
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