9 SCIENCE FICTION-STORIES
jemand, der einem zuhört.«
»Zuhören? Habe ich denn gesprochen?«
»Wie ein Wasserfall.«
»Über alles, was geschehen ist?«
»Wie kann ich das wissen? Ich war nicht dabei. Du hast die Dinge erlebt.«
»Sie glauben nicht, daß es wahr ist, nicht wahr? Diese Kinder, die verschwinden können, und der tanzende Hocker und all das andere?«
Er zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht meine Aufgabe, zu glauben oder nicht zu glauben. Ist es dir als Wirklichkeit vorgekommen?«
»Ja, zum Teufel.«
»Nun, das ist das einzige, das zählt. Lebst du noch mit diesen Leuten zusammen?«
Ich biß einen Fingernagel ab, der mich schon die ganze Zeit geärgert hatte. »Nein, schon lange nicht mehr. Seit Baby drei war.« Ich sah ihn an. »Sie haben Ähnlichkeit mit Lone.«
»Weshalb?«
»Ich weiß nicht.« Doch plötzlich fügte ich hinzu: »Nein, ich habe mich getäuscht. Wie konnte ich nur auf so etwas kommen?« Mit einer schnellen Bewegung legte ich mich wieder hin.
Die Decke war grau und die Lampe gedämpft. Ich hörte, wie er an seiner Pfeife herumkaute. Ich lag lange so da.
»Nichts geschieht«, sagte ich plötzlich.
»Was soll denn geschehen?«
»Das gleiche wie vorher.«
»Es muß etwas in dir sein, das ins Freie drängt. Laß es ruhig kommen.«
Es war, als befände sich in meinem Kopf eine rotierende Spule, auf der die Orte und Dinge und Menschen fotografiert waren, die ich festzuhalten versuchte. Aber sie drehte sich sehr schnell, so schnell, daß ich ein Bild vom anderen nicht unterscheiden konnte. Ich brachte sie zum Anhalten, und sie hielt bei einer Lücke. Ich drehte sie wieder weiter und hielt sie wieder an.
»Nichts geschieht«, wiederholte ich.
»Baby ist drei«, erinnerte er mich.
»Oh«, sagte ich. »Das.« Ich schloß die Augen.
Das könnte es sein. Sein, Schein. Ein Schein in der Nacht. Baby lacht. Baby lacht in der Nacht, wenn niemand wacht …
Es gab viele Nächte, in denen ich auf jener Decke lag, und viele Nächte, in denen ich es nicht tat. Irgend etwas rührte sich immer in Lones Haus. Manchmal schlief ich unter Tags. Augenblicke, in denen alle zusammen schliefen, gab es eigentlich nur, wenn jemand von uns krank war – so wie ich damals am Tage meiner Ankunft. Im Zimmer herrschte immer eine Art Dunkel, sowohl bei Tag als auch bei Nacht. Immer brannte das Feuer, und immer baumelten die beiden gelben Birnen von ihren Drähten. Als sie zu schwach wurden, reparierte Janie die Batterie, und sie brannten wieder heller.
Janie tat alles, was getan werden mußte und was sonst niemand tun mochte. Auch die anderen hatten ihre Arbeiten. Lone war viel im Freien. Manchmal halfen ihm die Zwillinge, aber sie blieben nie lange fort. Schwupp! waren sie draußen – und schwupp! wieder im Haus. Nur Baby lag einfach in seiner Wiege.
Ich selbst hatte auch zu tun. Ich zerkleinerte Holz, baute neue Regale, und manchmal ging ich mit Janie und den Zwillingen schwimmen. Und ich unterhielt mich mit Lone. Ich tat nichts, was die anderen nicht auch hätten tun können, aber sie selbst konnten lauter Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte. Ich war die ganze Zeit wütend darüber. Aber ich hätte nicht gewußt, was ich mit mir anfangen sollte, wenn ich nicht immer über dieses oder jenes wütend gewesen wäre. Das hielt uns nicht davon ab, zu harmonieren. Ja, so sagte Janie immer. Harmonieren. Baby hatte ihr das Wort verraten. Sie sagte, es bedeutete, daß wir alle ein Ganzes darstellten, wenn auch jeder von uns etwas anderes tat. Zwei Arme, zwei Beine, ein Körper, ein Kopf – alle arbeiten zusammen, obwohl ein Kopf nicht gehen und Arme nicht denken können.
Baby sprach die ganze Zeit. Es war wie ein Sender, der ein vierundzwanzigstündiges Programm hat. Man kann das Programm mithören, wenn man einschaltet, aber es läuft auch ab, wenn man nicht einschaltet. Wenn ich
Weitere Kostenlose Bücher