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9 SCIENCE FICTION-STORIES

9 SCIENCE FICTION-STORIES

Titel: 9 SCIENCE FICTION-STORIES Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Ernsting
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un­ver­sucht ge­las­sen hat­ten. Er ver­wan­del­te sich in ei­ne form­lo­se ein­zel­li­ge Mas­se – mit­ten auf dem Fuß­bo­den sei­nes Ap­par­te­ments.
    Sei­ne ein­zi­ge Ein­nah­me­quel­le be­stand aus ei­ner küm­mer­li­chen Pen­si­on. Er konn­te kei­ne Ar­beit an­neh­men, weil die da­mit ver­bun­de­ne Auf­re­gung es un­wei­ger­lich mit sich brach­te, daß er vor al­ler Au­gen zu ei­nem Blo­bel wur­de.
    Das Ver­hält­nis zu sei­nen Kol­le­gen wur­de da­durch nicht un­be­dingt bes­ser.
    Auch jetzt wie­der, um acht Uhr abends, spür­te er deut­lich die kom­men­de Ver­wand­lung. Er trank has­tig die Tas­se aus, setz­te sie auf den Tisch – und spür­te, daß er zu ei­nem form­lo­sen Klum­pen zu­sam­mensank. Das Te­le­phon klin­gel­te.
    »Ich ha­be kei­ne Zeit«, rief er. Das Mi­kro­phon nahm den un­deut­lich ge­mur­mel­ten Satz auf und gab ihn an den An­ru­fer wei­ter. Un­ter­des­sen war Muns­ter zu ei­ner durch­sich­ti­gen, gal­lert­ar­ti­gen Mas­se ge­wor­den, die in der Mit­te des Tep­pichs ruh­te. Er wälz­te sich auf das Te­le­phon zu, das noch im­mer klin­gel­te, und streck­te mit großer Mü­he ein Pseu­do­po­di­um aus, um den Hö­rer ab­zu­he­ben. Dann form­te er sei­ne plas­ti­sche Kör­per­mas­se zu ei­ner Art Stim­m­or­gan, das dumpf und ge­preßt klang. »Ich bin be­schäf­tigt«, mur­mel­te er in die Sprech­mu­schel. »Ru­fen Sie spä­ter an.« Am bes­ten erst mor­gen früh, wenn ich wie­der ein rich­ti­ger Mensch bin, hät­te er bei­na­he hin­zu­ge­fügt.
    Dann herrsch­te wie­der Ru­he.
    Muns­ter schlän­gel­te sich durch den Raum zu ei­nem Fens­ter hin­über, von dem aus man weit über die Dä­cher von San Fran­zis­ko sah. Ei­ne licht­emp­find­li­che Stel­le an sei­ner Kör­pero­ber­flä­che er­setz­te die Au­gen zwar nur un­zu­läng­lich, aber trotz­dem er­kann­te er zu­min­dest in großen Um­ris­sen die Bucht, die Gol­den Ga­te Bridge und Al­ca­traz Is­land.
    Der Teu­fel soll al­les ho­len, dach­te er re­si­gniert. Warum kann ich nicht ein nor­ma­les Le­ben füh­ren, wie es Mil­lio­nen Ame­ri­ka­ner tun?
     
    Als er den Auf­trag an­ge­nom­men hat­te, war er völ­lig ah­nungs­los ge­we­sen, daß die­ser Dau­er­ef­fekt zu­rück­blei­ben wür­de. Man hat­te ihm ge­sagt, daß er nur »ei­ne ge­wis­se Zeit lang« als Blo­bel le­ben müs­se. Ei­ne ge­wis­se Zeit lang! dach­te Muns­ter wü­tend. Jetzt ist es schon elf Jah­re her. Und die psy­cho­lo­gi­schen Pro­ble­me hat­ten sich als im­mer schwie­ri­ger er­wie­sen. Des­halb hat­te er heu­te Dr. Jo­nes auf­ge­sucht, sich Hil­fe er­hof­fend.
    Das Te­le­phon klin­gel­te wie­der.
    »Okay«, sag­te Muns­ter laut und kroch müh­sam dar­auf zu. »Wenn Sie un­be­dingt mit mir spre­chen wol­len, dann sol­len Sie mich so­gar se­hen kön­nen.« Er drück­te auf den Knopf, der die Auf­nah­me­ka­me­ra in Be­trieb setz­te. »Ma­chen Sie die Au­gen gut auf«, emp­fahl er und prä­sen­tier­te sich in sei­ner gan­zen amor­phen Schön­heit.
    Dr. Jo­nes war am Ap­pa­rat. »Tut mir leid, daß ich Sie zu Hau­se stö­ren muß, Mr. Muns­ter, be­son­ders da Sie sich au­gen­blick­lich in die­ser – äh – miß­li­chen Ver­fas­sung be­fin­den.« Der ho­möo­sta­ti­sche The­ra­peut mach­te ei­ne kur­ze Pau­se. »Aber ich ha­be mich aus­führ­lich mit Ih­rem Pro­blem be­schäf­tigt und glau­be, daß ich zu­min­dest ei­ne Teil­lö­sung ge­fun­den ha­be.«
    »Was?« mein­te Muns­ter über­rascht. »Wol­len Sie da­mit sa­gen, daß die me­di­zi­ni­sche Wis­sen­schaft jetzt einen Weg ge­fun­den hat …«
    »Nein, nein«, un­ter­brach Dr. Jo­nes ihn has­tig. »Die rein phy­si­ka­li­schen Aspek­te fal­len nicht in mein Ge­biet; dar­an müs­sen Sie im­mer den­ken, Mr. Muns­ter. Es han­delt sich eher um die psy­cho­lo­gi­sche An­pas­sung, die in Ih­rem Fall …«
    »Am bes­ten kom­me ich gleich zu Ih­nen, Dok­tor«, schlug Muns­ter auf­ge­regt vor. Aber dann fiel ihm ein, daß das un­mög­lich war, denn in sei­ner jet­zi­gen Form hät­te er Ta­ge ge­braucht, um sich bis zu der Pra­xis des Arz­tes durch die Stadt zu schlän­geln. »Dr. Jo­nes«, sag­te er ver­zwei­felt, »Sie se­hen

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