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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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machen wollte, musste Klaue zeigen, dass er zuverlässig war, und wenn er bei dem Deutschen einen Fehler beginge, wäre es mit seiner Karriere vorbei. Er knipste den Lichtschalter an. Die nackte Glühbirne erleuchte den Raum nur schwach.
    »He du! Steh auf!«
    Giovanni Volpe war an einer Eisenstange angekettet, die an der Wand befestigt war. Die schweren Eisenketten erlaubten ihm gerade so, sich auf eine alte, von Ratten zerfressene Matratze zu legen. Er machte keine Anstalten, sich zu bewegen.
    »He du! Ich habe gesagt, du sollst aufstehen!«
    Die Stimme, die ihm antwortete, war vollkommen gleichgültig.
    »Und wenn ich es nicht tue? Was machst du dann? Mich umbringen?«
    Klaue blieb in gebührender Entfernung stehen.
    »Das habe ich nicht zu entscheiden. Ich muss nur kontrollieren, ob du noch am Leben bist.«
    »Richtig. Du führst nur aus. Der Lakai des Kameraden. Wie begrüßt du ihn, sag? Zu Diensten, ehrenwerter Herr Zugel?«
    Giovanni streckte den rechten Arm zum Hitlergruß aus und ließ dabei die Ketten rasseln. In Klaue stieg die Wut hoch, und unwillkürlich umklammerte er die Pistole fester. In diesem Moment geschah etwas vollkommen Unvorhergesehenes: Giovanni sprang mit einem Satz auf und stürzte sich auf ihn – wohl wissend, dass er ihn nicht erreichen konnte. Klaue erschreckte sich und schoss ihm dabei genau in die Brust. Giovanni schrie, aber nicht vor Schmerz. Er hatte seine letzte Schlacht gewonnen und stieß einen Triumphschrei aus. Dann fiel sein Kopf nach hinten, und sein Körper zuckte im Todeskampf. Klaue schoss erneut, und diesmal traf er ihn am Kopf. Ein roter Blutfleck trat zwischen den schwarzen Haaren hervor. Die kleine Kaliber 22 hatte ihm den Schädelknochen durchschlagen, ohne ihn zu zertrümmern. Klaue wich zurück, wendete sich ab und rannte die Treppe hinauf. Er atmete schwer und zitterte.
    Pranke erblickte ihn, sagte aber nichts und malte weiter.
    »Pranke, hör mir zu.« Klaue hatte Schwierigkeiten, die Wörter auszusprechen. »Ich habe Mist gebaut. Ich habe Volpe umgebracht, aber nicht mit Absicht.«
    »Das war nicht schön. Du hättest auf den Befehl von Zugel warten müssen. Dann hätten wir es gemeinsam getan.«
    Pranke antwortete ihm, ohne den Blick von seiner Zeichnung zu wenden, so als würde ihn das alles nichts angehen.
    »Verdammt, Pranke! Das weiß ich selber. Jetzt müssen wir den Kadaver loswerden. Und zwar so, dass ihn niemand mehr finden kann.«
    »Und was erzählen wir Zugel?«
    »Das weiß ich nicht! Ich weiß nur, dass dieser Volpe nie gefunden werden darf.«
    »Bist du dir wirklich sicher, dass er tot ist?«
    Klaue sah den Blutfleck auf dem Kopf vor sich und schrie: »Verdammt nochmal, natürlich bin ich mir sicher! Wo können wir ihn hinbringen?«
    »Warum wegbringen? Wir können ihn auch hier im Keller verscharren.«
    Pranke hatte die ganze Zeit weitergemalt. Aber sein Pferdehirn hatte genau das Richtige gedacht.
    »Pranke, du bist ein Genie«, rief Klaue dankbar.
    »Ich will dir nur helfen. Außerdem habe ich gerade mein Bild fertig gemalt. Schau mal, ich habe sogar den Keller mit dem da drinnen gemalt. Gefällt es dir?«
    Klaue sah fassungslos, mit welcher Genauigkeit sein Kumpan den angeketteten Volpe gezeichnet hatte. Sogar die Haarfarbe hatte er exakt wiedergegeben. Er riss ihm die Zeichnung aus den Händen und zerfetzte sie in viele kleine Teilchen.
    »Mein Bild …«
    Pranke betrachtete die Papierfetzen auf dem Tisch. Sein Gesichtsausdruck änderte sich schlagartig – von tiefster Traurigkeit zu blinder Wut.
    »Das hättest du nicht tun dürfen«, sagte er mit tonloser Stimme.
    »Du dummes Tier!«, fuhr Klaue ihn an. »Stell dir vor, irgendjemand würde deine Zeichnung finden! Hilf’ mir lieber.«
    »Das hättest du nicht tun dürfen«, wiederholte Pranke. Er erhob sich und näherte sich drohend seinem Komplizen.
    »Was machst du denn, du dumme Bestie ohne Hirn! Nimm deine Hände weg, und zwar sofort!«
    Aber es war zu spät: Wie zwei Schraubstöcke begannen Prankes Hände ihm den Hals zuzudrücken. Klaue versuchte zu schreien, aber er konnte keinen Ton mehr herausbringen. Er sah den Wahnsinn in Prankes Augen und realisierte, dass er keine andere Wahl hatte. Er presste den Lauf der Beretta auf dessen Bauch und drückte ab. Als Pranke das Bewusstsein verlor, lockerte sich sein Griff.
    Als Pranke mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck nach hinten kippte, kam Klaue wieder zu sich und lief hustend und wankend aus dem Haus. Ängstlich schaute er sich um,

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