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999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition)

Titel: 999 - Der letzte Wächter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlo Adolfo Martigli
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Zweitakter des grauschwarzen DKW F7 begann zu schwächeln, aber Wilhelm Zugel war nicht bereit, ihm eine Ruhepause zu gönnen. Er war von Sankt Gallen, wo er eine Woche auf Anweisungen gewartet hatte, ohne Unterbrechung durchgefahren. Über 600 Kilometer ohne anzuhalten, außer zum Tanken und um seinen Bedürfnissen nachzukommen. Nun fehlten bis zur Wewelsburg nur noch wenige Kilometer. Dass ihn der Reichsführer-SS Heinrich Himmler persönlich in Empfang nehmen würde, wagte er nicht zu hoffen, aber dass er umgehend vorgelassen würde – das schon. Zugel schaute kurz auf die Aktentasche, die auf dem Beifahrersitz lag, und berührte sie flüchtig. Das Dokument verkörperte eines der Symbole, das der mächtige Chef der Polizei und des Sicherheitsdienstes des Deutschen Reiches suchte.
    Himmler wollte es haben, und Zugel würde es ihm übergeben. Eines der wichtigsten Ziele Himmlers war es, die Autorität der katholischen Kirche zu untergraben, da sie einen negativen Einfluss auf den germanischen Geist ausübte. Sein größter Triumph wäre, wenn er beweisen könnte, dass der jüdische Gott eine Erfindung der Menschen war und dass es ganz andere Zeichen im himmlischen Alphabet gab, wie zum Beispiel die Figur einer blonden Frau mit arischem Aussehen. Die geheimen Thesen des Grafen Mirandola würden zur Verwirklichung dieses hochpolitischen Unterfangens beitragen.
    Der Hinterantrieb des Autos kämpfte sich auf die von der Burg dominierte Anhöhe hoch. Allein schon die Tatsache, dass er die Burg besuchen durfte, erfüllte Zugel mit Stolz und Befriedigung. Er kannte die Legende, die sich um sie rankte, und wusste, dass die Burg mit ihrem dreieckigen Grundriss einzigartig und mysteriöserweise nach Norden ausgerichtet war. Er wusste außerdem (wie nur wenige Deutsche übrigens), dass Himmler sie als Wiege des Ahnenerbes, des schwarzen Ordens, auserwählt hatte – die Burg war der Ort der germanischen Zwecksuchung über das arische Ahnenerbe. In seinem Kopf stellte Zugel sich halbnackte Walküren und Helden mit glänzenden Schwertern vor und Orgien von himmlischen Kräften mit arischen Schönheiten. Er gierte danach, daran teilnehmen zu dürfen. Worum es sich bei der germanischen Zwecksuchung genau handelte, war ihm selbst nicht so ganz klar, aber er wusste, dass es sich um geheime Forschungen und okkulte Riten handelte, an denen die Mächtigen des Landes laborierten, die beweisen sollten, dass die Mission des Reiches die ganze Welt erobern würde.
    Hochmütig zeigte Zugel der Wache seine Ausweispapiere und fuhr dann lässig durch den Park, dessen Eichenbäume den Eingang des Burgtors verbargen.
    Als er endlich die weiße Fassade mit dem großen, überstehenden Dach und die beiden Festungstürme erblickte, spürte Zugel, dass nun der erhebendste Moment seines Lebens gekommen war. Er parkte seinen Wagen neben den anderen Dienstfahrzeugen und bemerkte sehr wohl, dass sie um einige Klassen besser waren als sein eigener. Ein wunderschöner offener Porsche und ein fabrikneuer BMW 328, beide schwarz. Das waren Autos – so wie die Frauen, die ihm gefielen! Zwei SS-Männer standen am Eingang Wache und ließen ihn problemlos passieren. Im großen Salon im Erdgeschoss waren die Wände mit Hakenkreuz-Standarten behängt. In jeder Ecke glänzten antike Ritterrüstungen.
    »Willkommen, Leutnant Zugel, wir haben Sie schon erwartet. Bitte nehmen Sie Platz.«
    Der Soldat, der ihn empfing, lächelte ihn freundlich und ohne Förmlichkeiten an: Er hatte den gleichen Dienstgrad wie Zugel, der die Begrüßung mit dem Hitlergruß erwiderte.
    Draußen begann es bereits dunkel zu werden, aber der Saal war durch die neuen Quarzlampen, mit deren Produktion Deutschland gerade begonnen hatte, taghell erleuchtet. Ihr gelbliches Licht passte gut zu den antik aussehenden Fackeln an den Wänden. Nach einer langen Wartezeit kam ein Mann die Treppe hinunter und näherte sich ihm. Mager, in einem grauen Doppelreiher, erinnerte er Zugel vage an den Reichspropagandaminister Joseph Goebbels. Im Gegensatz zu diesem benahm sich der Fremde vor ihm aber eigenartig, beinahe feminin.
    »Leutnant Zugel?«
    »Jawohl.«
    Zugel war respektvoll und ein wenig verunsichert aufgestanden, denn der Mann hatte eine autoritäre Art an sich. Als er ihn wortlos musterte, hatte Zugel den Eindruck, dass sein Blick kurz auf seinen Schuhen verweilte.
    »Hermann Heinz, Sekretär von Doktor Wust. Wenn Sie mir bitte folgen würden«, sagte er. Sein Ton war zuvorkommend, aber man

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