Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
seine Haut von einer wächsernen Blässe, die verriet, dass er sich die meiste Zeit noch immer hinter seinem Computer verkroch. Sein Vollbart konnte vielleicht manchen täuschen, aber nicht Aaron.
«Hallo, Seth», begrüßte er ihn lässig.
«Sie müssen mich mit jemandem verwechseln. Könnten Sie bitte die Tür schließen.»
Er sah noch immer starr nach vorn.
«Nephilim wie dich spüre ich auf, selbst wenn sie sich im hintersten Winkel verstecken.» Aaron entging das nervöse Zucken um Seths Mundwinkel nicht.
«Ich sagte doch schon, Sie müssen mich verwechseln. Diesen Se… wie hieß er noch gleich … kenne ich nicht.»
Er lehnte sich vor, um die Beifahrertür zuzuziehen. Doch Aaron hielt sie fest.
«Schluss mit dem Schmierentheater. Ich weiß, dass du das bist.»
Seth stieß die Luft aus, seine Hände zitterten.
«Hier in Frisco hast du dich also verkrochen. Wann immer es die finsteren Mächte an einen Ort zieht, trifft man dort auf dich. Du hast dich nicht geändert.»
Seth wirkte unsicher, als er sich zu Aaron umwandte. «Ich … ich dachte, du wärst noch in Rom.»
Er war wie immer gut informiert. Wahrscheinlich war sein Hirn bereits mit dem Computernetz verschmolzen.
«Heute noch nicht dein elektronisches Hirn angezapft? Seraphiel ist entkommen und ich bin hier auf der Jagd nach ihm und seinen Verbündeten. Steckst du vielleicht mit denen unter einer Decke?»
Aaron deutete mit dem Kinn zur Brandstelle.
Der Nephilim zog die Hände vom Lenkrad und hielt sie hoch. «Nein, nein, ich hab mit all dem nichts zu tun. Ehrlich. Nach der Sache von damals will ich nur in Ruhe meinen Geschäften nachgehen. Ich habe jetzt auch eine neue Identität.»
Wer’s glaubt, wird selig , dachte Aaron. Seth war in der Vergangenheit schon einmal untergetaucht, bis er wie Phönix aus der Asche ins Engelsghetto zurückgekehrt war.
«Klar, reine Neugier.»
Aaron funkelte den Nephilim warnend an.
«Ist es vielleicht verboten, sich einen Tatort anzusehen?»
In seinen wasserblauen Augen lag Angst. Der Nephilim roch nach altem Schweiß und Zigarettenqualm.
Sich nur den Brandort ansehen! Das konnte er einem anderen erzählen, aber nicht ihm. Seth war immer zur Stelle, wenn er einen Deal witterte, sonst verließ er den Stuhl vor seinem PC nie. Entweder war er direkt beteiligt oder darin verstrickt, wie zuletzt in den Seelenhandel mit Greenberg und Leviathan. Und jetzt vielleicht mit dem Verkünder oder Ariel.
Aaron hatte dem Nephilim noch nie getraut. Hinter dem knochigen Gesicht verbarg sich ein Hackergenie. Es war durchaus vorstellbar, dass er virtuellen Kontakt zu Seraphiel oder dessen Brut hatte. «Ein verschlagenes Hirn wie du ist nicht wegen eines Brandes hier.»
Aaron zeigte mit dem Arm auf das schwarze Areal des Todes. Der Nephilim war damals aus New York geflohen, weil er geheime Daten der Sekte und ihrer Partner an Nathanael weitergereicht hatte, um die Machenschaften des Pharmaunternehmers Greenberg aufzudecken. Luzifers Seite vergaß nie und verzieh nie. Ein Wort und Seth wäre ihnen ausgeliefert. Wer weiß, welche seiner dubiosen Geschäftspartner noch darauf warteten, ihn zu finden.
Das war Aarons Trumpf, den er jetzt auszuspielen gedachte. «Ich könnte mir vorstellen, dass es einige gibt, die sich dafür interessieren, wo du abgeblieben bist. Nur ein Anruf …»
Seth zuckte zusammen, als hätte er ihn geschlagen. «Bist du verrückt? Dann bin ich dran. Wenn die mitkriegen, dass ich Nathanael damals die CD mit den Daten der Sekte gegeben habe, bringen die mich um. Das kannst du nicht machen.»
«Ach, wirklich nicht? Nenn mir einen Grund, weshalb ich Mitleid zeigen sollte.»
Seth presste die Lippen zusammen und umfasste das Steuer. Anstelle einer Antwort heulte der Motor auf. Ehe er das Gaspedal ganz durchtreten konnte, war Aaron auf den Beifahrersitz gesprungen. Erschrocken stieg Seth mit voller Wucht auf die Bremse. Mit quietschenden Reifen rutschte der Wagen wenige Meter weiter, bis er schließlich stoppte.
Seth rang nach Atem.
«Du wolltest doch nicht so unhöflich sein und mich hier stehen lassen?» Aaron schnalzte mit der Zunge.
Seth wandte sich langsam zu ihm um. «Was willst du wirklich, Blutengel?»
«Informationen.»
«Ich habe nichts, was dich interessieren könnte.»
Schweißperlen glitzerten auf seiner Stirn.
«Aber sicher weißt du, wo sie zu beschaffen sind. Also?»
Aaron lehnte sich im Sitz zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Auch wenn er ihn für einen Moment
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