Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
dürfen sich nicht verbinden, es ist wider die Natur und die Gebote, und trotzdem ist es geschehen. Dein Vater will von dir erlöst werden. Er wird diese Welt mit seiner flammenden Spur kennzeichnen und vielen den Tod bringen.»
Rebecca erinnerte sich daran, als Kind Zeugin der Grausamkeit ihres Vaters geworden zu sein. Die Schreie der Sterbenden in den brennenden Häusern klangen noch heute in ihren Ohren. Ihre Albträume waren ein Sammelsurium von Erinnerungsbruchstücken. Ruth hatte es nicht vollständig geschafft, ihr Gedächtnis zu leeren.
«Und wenn ich mich weigere, mich ihm widersetze?»
Rebecca reckte das Kinn in die Höhe.
«Stirbt einer der Zwillinge, geht die Kraft des anderen auf den Überlebenden über. Joshua weiß das. Wenn er klug ist, wird er dich zwingen, euren Vater zu befreien, und dich dann töten.»
Ausgerechnet Joshua. Der Gedanke daran, einen Bruder zu besitzen, der ihr nach dem Leben trachtete, erschütterte sie.
«Wo ist er jetzt?»
«Das weiß ich nicht. Als Anführer dieser Apokalyptiker-Sekte zeigt er sich nur selten. Aber er wird nach dir suchen, um dich zu töten.»
Der seltsame Unterton Ruths beunruhigte Rebecca. «Bist du ihm denn nie begegnet? Hast du nie nach ihm gesucht?», fragte sie Ruth, die den Kopf schüttelte.
«Ich hätte mich verraten. Außerdem habe ich erst spät erfahren, dass er mein Sohn ist. Viel zu spät.»
«Aber die müssen doch irgendeinen Unterschlupf haben.»
Es wollte nicht in Rebeccas Kopf, dass jemand wie ihr Bruder nicht zu fassen war.
«Ariel hat sich seiner angenommen. Joshua hat sich auf Luzifers Seite geschlagen und würde nicht zögern, auch mich zu töten, wenn er es für notwendig hielte. Doch um die Seelen befreien zu können, bedarf es auch eines Buches.»
«Ich glaube, ich weiß, welches du meinst. Ich hatte einen Anruf von einer Frau. Ihren Namen hat sie nicht genannt. Sie behauptete im Besitz des Buches zu sein und wollte sich mit meinem Adoptivvater treffen.»
«Dann geh du hin. Du musst das Buch an dich nehmen und es zerstören. Sobald du auch nur eine Zeile daraus liest, werden die Seelenketten gesprengt. Seraphiel und die anderen Verbannten wären frei und schlügen sich auf Luzifers Seite. Das bedeutet Rebellion. Doch dieses Mal wird sie auf Erden ausgetragen.»
«Aber was soll das Theater? Die wissen doch, dass mein Vater tot ist!»
«Welche Zeilen tatsächlich wichtig sind, weißt nur du. Joshua will dir das Buch zuspielen. Anscheinend glaubt er, dass du die Hintergründe nicht kennst, und wiegt sich in Sicherheit. Versprich mir, dass du das Buch vernichten wirst!»
«Ich verspreche es.»
«Danach musst du San Francisco auf der Stelle verlassen. Hier», Ruth zog aus ihrer Tasche eine Visitenkarte, «diese Frau kann dir helfen. Versprich mir, zu ihr zu fahren.»
Rebecca fühlte die Angst und Sorge ihrer Mutter und drehte die Karte in der Hand. Tina Milton, Medium und Engelseherin, Cherokee Street, Denver Colorado, stand darauf. Colorado lag Hunderte Meilen entfernt und ihr würden ihre Verfolger, allen voran Aaron, im Nacken sitzen. Welche Chance hätte sie schon? Und doch war es womöglich die einzige, wenn sie überleben und nicht in die Fänge ihres Vaters gelangen wollte.
Ruth fasste erneut nach ihrer Hand und sah sie eindringlich an. «Du darfst uns nicht im Stich lassen. Seraphiel wird nicht eher ruhen, bis er dich in seiner Gewalt hat. Feuerengel gehören zu den mächtigsten unter den Engeln. Ich spüre, wie stark die Kraft der Feuerengel auch in dir ist.»
Da erzählte Rebecca ihr von ihrer Begegnung mit Ariel am Flughafen.
«Besinne dich auf deine Engelsnatur, um deine Feinde zu besiegen.»
Nach dieser Enthüllung verabschiedete sich Rebecca hastig von ihrer Mutter und fuhr mit Henry nach San Francisco zurück. Der Besuch hatte sie nicht nur ihrer Vergangenheit, sondern auch Ruth näher gebracht. Rebecca verstand ihre Beweggründe und fühlte eine gewisse Zuneigung für ihre Mutter. Sicher würde es nie das Verhältnis sein wie zu Victoria Clancy, aber Freundschaft vielleicht.
Sie blickte auf die Karte dieser Tina Milton, die sie vor sich aufs Armaturenbrett gelegt hatte. Ob auch in ihr Engelsblut floss? Sie war gespannt darauf, sie kennenzulernen.
27.
Erschöpft fuhr Rebecca den Toyota in die Garage. Sie war Henry für sein Schweigen dankbar gewesen. Das Gespräch mit Ruth hatte sie nicht nur aufgewühlt, sondern es ließ sie verzweifeln. Jetzt, wo sie die Wahrheit kannte, durfte sie Aaron auf keinen
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