Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
Kopf. Am besten, sie vergaß ihn.
Wenig später stand sie neben dem Rezeptionstresen der Pension und drückte ihr Ohr gegen die Tür mit der Aufschrift «Privat». Es war mucksmäuschenstill. Einen Moment überlegte sie, ob sie Rosie wecken sollte, um sich zu verabschieden, doch sie entschied sich anders.
Sie hangelte über den Tresen nach Stift und Zettel und schrieb der jungen Frau eine kurze Nachricht. Zuletzt legte sie fünfzig Dollar in den gefalteten Zettel. Rosie hätte das Geld nie angenommen, wenn sie es ihr gegeben hätte. Aber sie konnte doch hier nicht umsonst wohnen und essen, auch nicht bei einer Freundin.
Sie klemmte den Zettel mit dem Geld unter einen Briefbeschwerer, als sich neben ihr unerwartet die Tür öffnete. Rosie stand im froschgrünen Frotteebademantel in der Tür und sah erst auf die Reisetasche und dann sie fragend an.
«Du willst einfach so verschwinden, ohne dich von mir zu verabschieden?»
Ihre enttäuschte Miene weckte Rebeccas schlechtes Gewissen. Zu recht, aber sie wusste, dass Rosie immer sehr früh am Morgen aufstehen musste und sie ein anstrengender Tag erwartete. Eine blöde Ausrede.
«Bitte, entschuldige, aber ich wollte dich nicht wecken.» Rebecca nahm den Zettel und zerknüllte ihn.
«Darf ich fragen, warum du fort willst und wohin?»
Bei Rosies Frage brach Rebecca erneut in Tränen aus. «Meine Eltern sind schwer verunglückt. Ich muss sofort nach Kalifornien zurück.»
Sie zitterte am ganzen Körper und mochte sich nicht vorstellen, wie es wäre, die beiden nicht mehr lebend anzutreffen. Himmel, sie hatte eine Scheißangst. Es war ihre Pflicht, jetzt an ihrer Seite zu sein.
«Oh, Rebecca, das tut mir unendlich leid. Aber was ist, wenn dir diese Kerle von der Sekte draußen auflauern?»
«Du hast doch auch deine Mutter verloren und weißt, wie schrecklich sich das anfühlt. Würdest du an meiner Stelle hier bleiben? Ich liebe meine Eltern über alles. Vielleicht kann ich ihnen helfen. Und wenn nicht, möchte ich sie auf ihrem letzten Weg begleiten. Kannst du das nicht verstehen?»
Rebecca wischte mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen.
«Komm her.» Rosie zog sie liebevoll an sich. «Ich würde mich auch für meine Eltern entscheiden.»
«Danke.» Rebecca löste sich aus der Umarmung.
«Aaron wird mir trotzdem den Kopf abreißen, wenn ich dich gehen lasse», sagte Rosie und lächelte unsicher.
«Ich glaube, wenn du Aaron das erklärst, wird er es verstehen.»
Skepsis lag in Rosies Miene. «Ich werde mit ihm reden. Ach, ich vermisse dich jetzt schon.»
«Danke für alles. Und richte das auch bitte Aaron aus.»
Rebecca umarmte Rosie noch einmal.
«Wirst du abgeholt? Oder soll ich Aaron anrufen, damit er dich fährt?», schlug Rosie vor und griff nach dem Telefonhörer.
Rebecca war schon bedrückt genug und ein Abschied von Aaron würde ihre Kräfte übersteigen. «Danke, nicht nötig. Ein Taxi tut es auch.»
«Kommt nicht in Frage. Ich werde dich fahren.»
«Danke.»
Rosie an ihrer Seite zu wissen, tröstete sie.
«Komm, lass uns zu meinem Wagen gehen.»
Sie war froh, dass Rosie während der Fahrt schwieg. In ihrem Kopf drehte sich alles nur um ihre Eltern. Der dumpfe Druck in ihrer Brust wollte nicht weichen. Wenn sie doch nur schon in San Francisco wäre. Andererseits fürchtete sie sich vor dem, was sie erwartete.
Rosie hielt den Wagen direkt vor dem Haupteingang des Flughafens JFK. Da Rebecca nur wenig Zeit bis zum Abflug blieb, verabschiedete sie sich hastig von ihr, holte ihr Gepäck aus dem Kofferraum und stürmte in die Flughafenhalle.
«Meld dich mal!», rief Rosie hinter ihr her.
15.
Rebecca! Rosie! Aarons Herzschlag setzte einen Moment lang aus, als Joel auf den rot erleuchteten Himmel deutete. Sirenengeheul näherte sich und zwei Einsatzwagen der New Yorker Feuerwehr bogen in die Seitenstraße ein, in der Rosies Pension lag. Aaron versuchte den Gedanken, es könnte den beiden etwas geschehen sein, zu verdrängen.
Joel legte ihm die Hand auf die Schulter. «Du darfst jetzt nicht an das Schlimmste denken.»
Aaron glaubte Ariels Präsenz zu spüren. Sicher hatte der Renegat sein Wissen an Luzifer verkauft. Der Gedanke machte ihn rasend. Aus dem Dachstuhl schlugen schon meterhohe Flammen und im unteren Stockwerk splitterten die
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