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Abbild des Todes

Abbild des Todes

Titel: Abbild des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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Sauerkraut und Chili ließ er sich immer wieder neue exotische Kreationen einfallen, die er für die Kunden reservierte, von denen er der Meinung war, dass sie das “Unerwartete zu schätzen wussten”.
    Es ging das Gerücht um, dass Clarence Millionär sei und nur aus Spaß an der Freude arbeitete. Wenn das wahr war, hatte der Mann sein Vermögen hart und ehrlich verdient: Jeden Morgen um zehn Uhr öffnete er seinen Stand und arbeitete durch bis acht Uhr am Abend, sieben Tage die Woche – egal, ob es regnete oder die Sonne schien. Und immer servierte er seinen Kunden nicht nur köstliche Hotdogs, sondern schenkte ihnen auch ein freundliches Lächeln. Rick konnte sich nicht erinnern, ihn jemals mit schlechter Laune erlebt zu haben.
    Ein paar Schritte vom Stand entfernt beobachtete Rick, wie ein junger Mann mit Rucksack und Pferdeschwanz einen Hotdog bestellte.
    “Bitte sehr, junger Mann”, sagte Clarence mit seiner dröhnenden Stimme. “Lassen Sie es sich schmecken. Und während Sie dieses Meisterwerk der feinen Küche genießen, gedenken Sie ebenso der nicht so Glücklichen. Geben Sie in der Weihnachtszeit großzügig, mein Freund, und Sie bekommen es tausendfach zurück.”
    Aber der Student war bereits außer Hörweite. Clarence schüttelte den Kopf und murmelte vor sich hin: “Da kann man genauso gut gegen eine Wand sprechen.”
    “Oder mit mir.”
    Clarence’ dunkelhäutiges Gesicht verzog sich zu einem breiten Lächeln. “Rick, mein Mann! Was treibt dich in diesen Teil der Stadt?”
    Die beiden Männer schüttelten sich die Hände. “Diese pulsierende Lebensfreude, Clarence, was sonst? Ich vermisse sie.”
    “Das geschieht dir recht dafür, dass du uns verlassen hast. Wann kommst du endlich wieder zur Besinnung und ziehst zu uns zurück?”
    “Irgendwann, Clarence, irgendwann.”
    Clarence öffnete seinen dampfenden Topf. “Wonach steht dir der Sinn, Bruder? Die Zahme? Oder die Wilde?”
    Das war mal eine Herausforderung. Rick lachte. “Überrasche mich.”
    “So will ich dich hören.” Clarence machte sich an die Arbeit, und einen Moment später reichte er Rick ein Hotdog, das unter Bergen von schwarzen Bohnen, Romanasalat und Chilischoten fast verschwand.
    Der erste Bissen ließ Ricks Mund beinahe explodieren. Er blinzelte einmal, kaute tapfer weiter, während er die Tränen zurückhielt, und schluckte die feurige Mischung schließlich hinunter. “Das wird ein Verkaufsschlager”, sagte er und versuchte, dabei nicht zu husten.
    “Danke schön. Ich überlege, es unter dem Namen
Friendly Fire
als Angebot des Tages zu offerieren.” Clarence öffnete zwei Fanta-Dosen und reichte eine davon Rick, der sofort einen großen Schluck nahm.
    “Ab und zu sehe ich deine Lady, aber sie sieht mich nicht. Sie ist immer in Eile, hetzt von hier nach da.”
    “Sie ist nicht mehr meine Lady.” Rick rüstete sich für eine weitere Attacke auf seine Geschmacksnerven, als er einen zweiten Bissen von dem Hotdog nahm, aber sein Mund schien nach dem ersten Happen taub geworden zu sein.
    “Das ist eine verdammte Schande”, kommentierte Clarence. “Man muss schon ein ziemlicher Dummkopf sein, um eine so feine Frau gehen zu lassen.” Das Wort fein erhielt von ihm eine Extrabetonung.
    “Dem widerspreche ich nicht, Clarence.” Mit seiner rechten Hand zog Rick Zoes Zeichnung aus seiner Tasche, faltete sie auseinander und reichte sie dem Verkäufer. “Kommt dir dieser Mann irgendwie bekannt vor?”
    Clarence grinste. “Darauf kannst du wetten. Das ist natürlich Archie.”
    Zoes Archie. Das war ein gutes Zeichen. “Kennst du ihn?”
    “Ich fülle ihm den Magen, wenn er in der Gegend ist, aber das ist auch schon alles. Ich habe ein- oder zweimal versucht, mit ihm zu plaudern, doch der arme Kerl hat Angst vor seinem eigenen Schatten. Alles, was ich von ihm erfahren habe, war sein Vorname.”
    “Wovor hat er Angst?”
    Clarence zuckte die Achseln. “Weiß ich nicht. Ich glaube, er ist paranoid.”
    Was bedeutete, dass man sich auf seine Aussagen nicht unbedingt verlassen konnte.
    “Was hat er angestellt?”, wollte Clarence wissen.
    “Nichts Schlimmes. Er hat vielleicht Informationen, die ich brauche. Selbstverständlich wäre ich auch bereit, dafür zu zahlen.”
    “Erst einmal musst du ihn finden. Archie bleibt nie lange an einem Ort.”
    “Kommt er nicht jeden Tag vorbei, wo er doch weiß, dass er hier immer eine kostenlose Mahlzeit bekommen kann?”
    “Die bekommt er auch im Obdachlosenheim, und dazu

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