Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abbild des Todes

Abbild des Todes

Titel: Abbild des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
Vom Netzwerk:
noch einen Test bestehen. “Mein Name ist Ray Dougherty”, sagte er und hoffte, dass Peppe seine Stimme nicht erkennen würde. “Ich versuche, einen alten Freund ausfindig zu machen, von dem ich gehört habe, dass Sie ihn sehr gut kennen.”
    Peppe setzte sich und bedeutete Ray, ebenfalls Platz zu nehmen. Ray ließ sich auf einen Stuhl sinken. “Wie heißt er?”, wollte Peppe wissen.
    “Tony Marcino.”
    Peppe starrte ihn eindringlich an. “Tony ist vor dreißig Jahren gestorben.”
    Ray tat sein Bestes, um frustriert auszusehen. “Verdammt. Was ist passiert?”
    Peppe antwortete mit einer Gegenfrage. “Woher genau kennen Sie Tony?”
    “Wir haben uns in Vietnam getroffen. 1971 waren wir zusammen in Danang stationiert. Als seine Zeit um war und er nach Hause zurückkehrte, haben wir uns versprochen, in Verbindung zu bleiben, haben es dann aber doch nicht geschafft. Sie wissen ja, wie das ist.”
    “Nein, ich pflege meine Freundschaften.”
    Rick unterdrückte ein Lächeln. Peppe hatte noch nie ein Blatt vor den Mund genommen.
    Peppe fuhr fort, ihn auszufragen. “Also, Sie haben nach dem Krieg den Kontakt zu Tony verloren, und mit einem Mal, fünfunddreißig Jahre später, haben Sie beschlossen, ihn ausfindig zu machen?”
    “Ich hatte ein paar Probleme. Jetzt, wo ich wieder mehr Zeit habe, dachte ich, ich reise ein bisschen umher und besuche alte Freunde.”
    “Nun, dann wünsche ich Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in New York.” In der Annahme, dass die Unterhaltung beendet war, stand Peppe auf.
    Aber Ray war noch nicht bereit zu gehen. “Sie haben mir nicht erzählt, wie Tony gestorben ist.”
    “Er wurde erschossen.”
    “Erschossen? Mein Gott. Wo? Wie?”
    “Das ist eine lange Geschichte, und da ich Sie nicht kenne, nehmen Sie es mir bestimmt nicht übel …” Peppes Art, Sätze nicht zu Ende zu sprechen, war legendär, machte jedoch seine Einstellung mehr als deutlich. Er würde kein weiteres Wort über seinen alten Freund verlieren.
    “Natürlich, es tut mir leid. Aber bevor ich gehe”, Ray nahm einen Zettel aus seiner Manteltasche und warf einen Blick darauf. “Tony hat mir noch drei andere Freunde genannt – Jojo, Deano und Manny. Wissen Sie, wo ich die finden kann? Ich würde sie gerne kennenlernen.”
    “Deano ist pensioniert und nach Florida gezogen, und Jojo starb letztes Jahr.” Seine Stimme wurde bitter. “Manny habe ich seit dem Begräbnis nicht mehr gesehen.”
    Ray konnte sich eine kleine Retourkutsche nicht verkneifen. “Ich dachte, Sie pflegen Ihre Freundschaften.”
    “Nur die, die der Pflege wert sind.”
    Ray verstand den Wink. Manny war – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr Teil der alten Bande.
    “Es tut mir leid, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen konnte”, sagte Peppe. “Und nun, wenn es Ihnen nichts ausmacht … ich habe ein Geschäft zu führen.”
    Sie standen sich gegenüber – die beiden Kräfte, die die “Mächtigen Vier” damals zusammengehalten hatten. Es würde gut tun, Peppes Gesicht zu sehen, wenn er ihm die Wahrheit sagte.
    Er suchte einen Weg, um ihm sein Geheimnis möglichst schonend beizubringen, als einer der Mechaniker in den Raum stürmte.
    “Peppe, wir brauchen dich draußen. Luke und Charlene sind wieder aneinandergeraten. Ich sag’s dir, die Braut bringt nichts als Ärger. Das ist schon der zweite Streit, den sie diese Woche anfängt. Die Männer haben langsam die Nase voll.”
    Peppe war bereits zur Tür hinaus. Ray folgte ihnen nach draußen und sah die Frau, mit der er vorhin gesprochen hatte, wütend vor einem Mann stehen. Beide schrien und warfen sich Obszönitäten an den Kopf.
    “Kann ich irgendwie behilflich sein?”, fragte Ray.
    Peppe hielt einen Moment inne und drehte sich um. “Ja, Sie können gehen. Das hier ist eine Privatangelegenheit.”
    Ray trat den Rückzug an. Das war offensichtlich nicht der richtige Augenblick, um vor Peppe noch eine Bombe platzen zu lassen. Er hatte im Moment genug zu tun. “Ich verstehe. Vielleicht komme ich in den nächsten Tagen noch einmal vorbei.”
    Er war sich nicht sicher, ob Peppe ihn gehört hatte.
    Ray und Lou hatten sich zum Lunch im
La Bonne Soupe
verabredet, einem einfachen Bistro auf der Fifty-Fifth Street, das Lou vor Jahren entdeckt hatte. Er war längst da und stand dick eingemummelt auf dem Bürgersteig, während neben ihm ein Mann im Weihnachtsmannkostüm eine Glocke hin und her schwang und laut “Ho, ho, ho!” rief. Gerade traf auch Ray ein, nahm eine

Weitere Kostenlose Bücher